Psychisch krank, Schlaganfall, Herzinfarkt: Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic soll für einen Prozess zu krank sein.
Belgrad/Den Haag. Der mutmaßliche serbische Kriegsverbrecher Ratko Mladic würde nach Angaben seines Anwalts eine Überstellung an das Uno-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag nicht überleben. Der Verteidiger Milos Saljic erklärte, Mladic sei schwer krank und werde einen Prozessbeginn nicht mehr erleben. Er bat um mehrere Ärzte, die seinen 69 Jahre alten Mandanten untersuchen sollen. Mladic war in der vergangenen Woche nach fast 16 Jahren auf der Flucht festgenommen worden . Er soll in dieser Zeit zwei Schlaganfälle erlitten haben. Die serbische Staatsanwaltschaft wirft ihm eine Verzögerungstaktik vor und hat erklärt, Mladic werde auf jeden Fall nach Den Haag ausliefert. Die Einspruchsfrist gegen diesen Beschluss läuft an diesem Montagabend ab. Mladic wird unter anderem wegen des Massakers in der bosnischen Stadt Srebrenica 1995 angeklagt. Für viele seiner Landsleute ist er bis heute ein Held.
„Der Patient Mladic ist fähig, das Gerichtsverfahren zu verfolgen“, heißt in der Diagnose eines fünfköpfigen Ärzteteams, die am Montag von den Zeitungen in Belgrad veröffentlicht wurde. „Der aktuelle Krankheitszustand erfordert keine Behandlung im Krankenhaus, zusätzliche Diagnosen können ambulant gemacht werden“.
Mladic leidet nach Darstellung der Ärzte dauerhaft unter den Folgen eines früheren Schlaganfalls und eines Herzinfarktes. Nach dem Schlaganfall sei der rechte Arm nur eingeschränkt einsatzfähig, das rechte Bein mache Schwierigkeiten beim Gehen. Schließlich leide der 69-Jährige an Bluthochdruck, der jedoch gut mit Medikamenten eingestellt sei. Diagnostiziert wurden „chronische Erkrankungen ohne akute Verschlechterungen“.
Bei Protesten Tausender serbischer Nationalisten in Belgrad gegen die Festnahme von Ex-General Mladic ist es am Sonntagabend zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Dabei seien fünf Demonstranten und zwei Polizisten schwer verletzt worden, teilte das Notfallkrankenhaus in Belgrad mit. Die Polizei sprach von zwölf Verletzten. 70 Menschen seien verhaftet worden. Den Angaben zufolge haben Demonstranten mit Steinen nach der Polizei geworfen. Schaufenster gingen zu Bruch. „Wir sind hier, um diesen Verrätern zu zeigen, wie echte Serben einen serbischen Helden verteidigen“, sagte ein Teilnehmer. Auf Plakaten war zu lesen: „Heuchler und Verräter haben unseren Helden festgenommen.“
Der frühere Berliner Justiz-Staatssekretär Christoph Flügge soll das Völkermord-Verfahren gegen Mladic leiten. Der 63 Jahre alte Jurist wird am Uno-Tribunal in Den Haag (ICTY) als Vorsitzender Richter von einem niederländischen und einem südafrikanischen Kollegen unterstützt. Flügge war 2008 von Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon in das Amt eines Richters beim ICTY berufen worden. Er gilt als Experte für das Strafrecht, den Strafvollzug und inzwischen auch als guter Kenner des Völkerstrafrechts. Flügge leitete von 1989 bis 2001 die Abteilung Strafvollzug in der Berliner Senatsverwaltung für Justiz. Danach war Flügge bis 2007 Staatssekretär für Justiz. (dapd/dpa/rtr)