Die Verhaftung von Mladic garantiert keine EU-Mitgliedschaft
Das Ende ist meistens erbärmlich. Wie beim irakischen Tyrannen Saddam Hussein, der verdreckt aus einem Erdloch gezogen wurde und am Strick starb. Wie bei Al-Qaida-Führer Osama Bin Laden, der als einsamer Zausel im Strickmützchen von einer Kugel niedergestreckt wurde. Oder eben wie bei Ratko Mladic, dem "Schlächter von Srebrenica", den man als zittrigen Greis aus dem Bett zerrte. Drei skrupellose Massenmörder, die jedoch noch immer viele Anhänger haben.
Ideologien, die Herrschaftsfantasien nähren und eiskalte Herrenmenschen an die Macht bringen, sind weltweit noch immer virulent. Das Rezept von starken Führern, schlichten Ideen und Aggressionen gegen Andersdenkende und Minderheiten wirkt gerade in Zeiten der Krise. Und Europa ist keineswegs immun. "Die Dämonen schlafen nur", hat Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker gewarnt.
Die Balkan-Gräuel der 90er-Jahre mit dem Massaker von Srebrenica waren hoffentlich ein Weckruf für Europa, das dort erbärmlich versagte. Eine freiheitliche, tolerante Zivilisation muss offensiv gegen Tyrannen verteidigt werden.
Serbien schließe heute ein Kapitel seiner jüngeren Geschichte, hat dessen Präsident Boris Tadic anlässlich der Verhaftung von Mladic gesagt. Hier irrt Tadic gründlich. Die glühende Unterstützung für den mörderischen General in Teilen des Volkes, des Militärs und wohl auch des Geheimdienstes Serbiens, die Mladic eine fast 16 Jahre dauernde Flucht ermöglichten, zeigen, dass der pathologische großserbische Nationalismus noch in vielen Köpfen lebt und Serbien erst am Anfang eines langen Weges ist. Es war gewiss kein Zufall, dass Mladic gerade jetzt gefasst wurde. In wenigen Wochen wollte der Chefankläger des Haager Gerichtshofes, Serge Brammertz, einen vernichtenden Bericht über Serbiens Hinhaltetaktik bei der Fahndung nach Mladic veröffentlichen. Dieser Report hätte die Ambitionen Belgrads auf eine EU-Mitgliedschaft auf Jahre hinaus zerstört.
Dass Mladic nun der Prozess gemacht werden kann, ist ein konstruktives Signal an die serbische Gesellschaft und an die EU. Doch keinesfalls darf es passieren, dass Serbien nun aufgrund dieser juristischen Morgengabe kurzerhand in die EU durchgewinkt wird. Serbien gehört zu Europa und wird sicher eines Tages seinen Platz in der EU finden - doch in den zentralen Punkten Rechtstaatlichkeit, gute Regierungsführung, Korruption und organisierte Kriminalität hat das Balkanland zunächst noch sehr viel aufzuarbeiten.