Nato-Kommandeur: Soldaten des Diktators schießen in Misrata gezielt auf Zivilisten. Humanitäre Hilfe der Uno für Libyen läuft langsam an.
Rom/Tripolis. Diese Zahlen schockieren: Bei den Kämpfen in Libyen hat es nach Angaben der Aufständischen bereits 10.000 Tote und etwa 55.000 Verletzte gegeben. Das sagte Italiens Außenminister Franco Frattini und berief sich auf Angaben des Vorsitzenden des Nationalen Übergangsrats der Rebellen, Mustafa Abdel Dschalil. Zuvor hatte sich Frattini mit Dschalil in Rom getroffen. Der Oberbefehlshaber über den Nato-Militäreinsatz in Libyen, Generalleutnant Charles Bouchard, hat die Truppen des Machthabers Muammar al-Gaddafi beschuldigt, in Misrata auf Zivilisten zu schießen. Die Streitkräfte stünden auf den Dächern von Moscheen und feuerten von dort auf Menschen, sagte Bouchard dem kanadischen Fernsehen. Sie versteckten sich in der Nähe von Krankenhäusern und hätten gepanzerte Wagen in Schulden abgestellt.
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Manchmal zögen die Gaddafi-Verbündeten auch ihre Uniformen aus, damit niemand sie in der eingekesselten Rebellenbastion erkennen könne. Der Kanadier Bouchard kritisierte dieses Vorgehen als „unmoralisch„ und „hinterhältig“. Zugleich betonte er, dass er sich um die humanitäre Situation in der belagerten Stadt Misrata sorge. Die Einwohner litten, aber sie würden mehr leiden, wenn die Nato nicht eingegriffen hätte.
Die Vereinten Nationen dürfen endlich Hilfslieferungen nach Misrata schaffen. Eine entsprechende Einigung hätten Uno-Vertreter mit der Gaddafi-Regierung getroffen, sagte eine Sprecherin des Uno-Nothilfebüros OCHA in New York. Zunächst will die Uno ein Erkundungsteam entsenden, um festzustellen, welche Hilfe gebraucht und wie sie zu den Notleidenden geschafft werden kann. So schnell wie möglich sollten dann Lebensmittel, Wasser und Medikamente geliefert werden.
OCHA-Chefin Valerie Amos und der Uno-Sonderbeauftragte Abdul Ilah Chatib hatten am Wochenende mit libyschen Vertretern verhandelt. Nach Amos' Worten haben Tausende Menschen in der Stadt nichts zu essen und kein Wasser. Zudem seien Tausende Ausländer in der Stadt, die wegen der Kämpfe nicht weg könnten. Ihre Lage sei verzweifelt.
Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon hatte zuvor in Budapest gesagt, dass die Vereinten Nationen mit Gaddafi eine Vereinbarung über eine „humanitäre Präsenz“ in der Hauptstadt Tripolis getroffen hätten. Eine ähnliche Einrichtung gibt es bereits in Bengasi. Beide Vereinbarungen sehen aber keine Feuerpause vor. Ban und andere Uno-Vertreter hatten immer wieder die sofortige Einstellung der Kämpfe gefordert. (abendblatt.deAFP/rtr)