Der Bundestag hat das Hartz-Paket von Ursula von der Leyen (CDU) gebilligt. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) bringt eine neue Vermittlung auf den Weg.
Berlin. Neuer Anlauf zur Einigung über die Hartz-IV-Reform: Nach dem spektakulären Scheitern der Verhandlungen von Regierung und Opposition in dieser Woche beantragte der Bundesrat am Freitag ein weiteres Vermittlungsverfahren. Nun hoffen die Beteiligten, in den nächsten zwei Wochen doch noch einen Kompromiss zu finden. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass die 4,8 Millionen Langzeitarbeitslosen und ihre Kinder bessere Leistungen bekommen. Die Ministerpräsidenten von Bayern und Rheinland-Pfalz, Horst Seehofer (CSU) und Kurt Beck (SPD), plädierten in der Länderkammer einmütig für den neuen Vermittlungsversuch. Ein „Verharren auf der Nicht-Lösungsfähigkeitsposition“ würde allen Parteien schaden, sagte Beck. Seehofer sagte: „Wir sind gezwungen, zusammenzufinden.“ Eine vernünftige Lösung solle Rechtsfrieden schaffen. Der CSU-Chef warb für „Grundvertrauen“, sonst werde man auch im nächsten Anlauf nicht zusammenkommen.
In einer ersten siebenwöchigen Verhandlungsrunde der Vermittler von Bundestag und Bundesrat hatten sich die Vertreter der schwarz-gelben Koalition und der Opposition nicht auf eine Neuregelung verständigen können. Union und FDP hatten die Zwischenergebnisse aber trotz des Widerstands von SPD, Grünen und Linken im Bundestag und Bundesrat zur Abstimmung stellen wollen. Der Bundestag stimmte dem nachgebesserten Paket auch mit schwarz-gelber Mehrheit zu. Die Länderkammer startete dagegen das neue Vermittlungsverfahren. Dort fehlt Union und FDP eine Stimme.
Im Bundesrat war das Gesetzespaket im Dezember am Widerstand von SPD, Grünen und Linke gescheitert. Es sieht eine Anhebung des Regelsatzes für Erwachsene um 5 auf 364 Euro im Monat und ein Bildungspaket für arme Kinder vor. Beim Bildungspaket hat die Regierung inzwischen nachgebessert. So sollen davon auch Kinder von Wohngeldempfängern profitieren. Um die Umsetzung des Pakets sollen sich die Kommunen kümmern. Um den Gemeinden finanzielle Spielräume zu schaffen, will der Bund im Gegenzug die Grundsicherung im Alter ab 2012 nach und nach ganz übernehmen. Das bedeutet nach Regierungsangaben bis 2015 eine Entlastung um gut zwölf Milliarden Euro für die Kommunen.
Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) verteidigte das Angebot erneut und appellierte an die SPD, ihren Widerstand aufzugeben. SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig plädierte indes für weitere Verhandlungen. In der kommenden Woche soll es nach Darstellung der Beteiligten ein informelles Treffen von Parteispitzen und Ländervertretern geben. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Unklar ist auch, wer genau mit am Tisch sitzen soll. Der kleine Kreis soll abstecken, was im weiteren Vermittlungsverfahren noch verhandelt wird. Basis für die Gespräche ist der nachgebesserte Koalitionsentwurf zur Hartz-Reform.
Um den Grundsatzstreit über den Hartz-Regelsatz zu lösen, wollen die Verhandlungspartner in der neuen Runde aber auch über „Sonderbedarfe“ für Hartz-IV-Empfänger reden – etwa Geld für Fahrkarten und Anschaffungen wie Waschmaschinen, das auf Antrag ausgezahlt würde. Schwesig warnte davor, den Verhandlungskatalog zu eng zu fassen. Entscheidend sei nun, „Türen zu öffnen und nicht zu schließen“.
Vor genau einem Jahr hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Berechnung der geltenden Hartz-Regelsätze gegen das Grundgesetz verstößt. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, neu zu rechnen. Im Herbst legte die Bundesregierung eine Reform vor, die eine Anhebung des Regelsatzes und das Bildungspaket vorsah. Der Opposition war beides jedoch zu wenig. Sie wollten eine andere Berechnung des Regelsatzes sowie Mindestlöhne, bessere Bedingungen für Zeitarbeiter und mehr Sozialarbeit an Schulen durchsetzen.