Stephanie und Karl-Theodor zu Guttenberg wollten keine PR-Reise machen. Die Paar-Tour ins Kriegsgebiet ruft jedoch Kritik hervor.
Masar-i-Scharif. Ein roter Teppich, sie im Abendkleid, er im dunklen Anzug oder Smoking: So kannte man die Guttenbergs bisher von ihren gemeinsamen öffentlichen Auftritten auf Bällen, Benefizgalas oder bei Festspielen. Sie können aber auch anders. Über die Verladerampe eines Bundeswehr-Transportflugzeugs betritt das „Glamourpaar der deutschen Politik“ Montag früh das Rollfeld von Masar-i-Scharif, dem Hauptstandort der deutschen Truppen in Nordafghanistan. Beide tragen Splitterschutzwesten. Ohne die transportiert die Bundeswehr in Afghanistan auch Minister und ihre Frauen nicht auf dem Luftweg. Von Masar-i-Scharif geht es sofort weiter nach Kundus, der gefährlichsten Provinz in Nordafghanistan. Die Guttenbergs steigen in unterschiedliche Hubschrauber – aus Sicherheitsgründen, um die Wahrscheinlichkeit relativ gering zu halten, dass bei einem Angriff beide gleichzeitig zu Schaden kommen. Es ist schon häufiger vorgekommen, dass Hubschrauber der Bundeswehr mit Handfeuerwaffen beschossen wurden.
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, reagierte verärgert auf die unübliche Mitreise der Ministergattin ins Kriegsgebiet. „Guttenberg nutzt die Bundeswehr als Kulisse und Dekoration für seine Inszenierungen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. Langsam gehe dem Minister jegliches Gespür dafür ab, wo die Grenzen seien. „Das ist kein spaßiger Ausflug“, sagt Stephanie zu Guttenberg nach ihrer Ankunft in Kundus. Mulmig wurde ihr beim einstündigen Flug trotzdem nicht. „Von Angst darf man sich hier nicht überwältigen lassen, sonst ist man eindeutig am falschen Platz.“ Der Verteidigungsminister ist nicht der erste deutsche Politiker, der seine Frau mit ins Einsatzgebiet nimmt. Im Frühjahr war Bundespräsident Horst Köhler mit seiner Frau Eva Luise dort. Der Besuch war aber in vielerlei Hinsicht anders. Bundespräsidenten werden auf Auslandsreisen meistens von ihren Frauen begleitet, bei einem Verteidigungsminister ist das die absolute Ausnahme.
Die Köhlers machten einen dreistündigen Abstecher ins Hauptquartier in Masar-i-Scharif. Die Guttenbergs blieben den ganzen Tag und besuchten die Soldaten auch an dem Standort, an dem sie regelmäßig im Gefecht stehen. Stephanie zu Guttenberg hatte die Reisen ihres Mannes ins Einsatzgebiet zuvor nur aus der Ferne verfolgt – und das nicht ganz ohne Skepsis. Einmal gab es richtig Ärger: Als sich „KT“ – wie Guttenberg von Freunden genannt wird – im Juli spontan entschloss, auf einer Afghanistan-Reise die sicheren Mauern der Feldlager zu verlassen und einen Abstecher ins Kampfgebiet zu machen, erfuhr seine Frau aus dem Radio davon. Der Besuch an der Front wurde wegen eines schweren Gefechts in letzter Minute abgesagt.
Zu Hause wurde der Minister trotzdem mit einer Standpauke empfangen. Als er den gefährlichen Ausflug bei seiner nächsten Afghanistan-Reise nachholte, war Stephanie darüber im Bilde und wurde per SMS auf dem Laufenden gehalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Stephanie zu Guttenberg längst vorgenommen, ihren Mann irgendwann einmal nach Afghanistan zu begleiten. Zu Weihnachten sah das Paar den richtigen Zeitpunkt gekommen. „Meine Motivation ist, dass ich immer einmal als Frau, Ehefrau und Mutter hier runterkommen wollte und mir ein Bild von der Lage machen wollte“, sagt die 34-Jährige zu ihren Beweggründen. Sie wollte endlich sehen, worüber sie mit ihrem Mann so oft rede.
Bei ihren acht und zehn Jahre alten Töchtern musste das Paar aber zunächst Überzeugungsarbeit leisten. Schon sechsmal mussten sie ihren Vater innerhalb eines Jahres alleine in den Einsatz verabschieden, nun zum ersten Mal beide Eltern. „Begeistert waren sie nicht“, sagt Stephanie zu Guttenberg. Vor allem ein Argument habe die Kinder aber schließlich überzeugt: Dass die Soldaten fern der Heimat auch einen Weihnachtsgruß verdient hätten.
Die Guttenbergs haben ein turbulentes Jahr hinter sich. Karl-Theodor ist seit Monaten in den Umfragen der beliebteste Politiker und wurde bereits als Kanzlerkandidat und künftiger CSU-Chef gehandelt. Sie katapultierte sich mit ihrem Buch zum Thema Kindesmissbrauch und kernigen Zitaten zu Lady Gaga und Co. in die Schlagzeilen. Allerdings bekam sie auch die Schattenseite der öffentlichen Aufmerksamkeit zu spüren. Für ihre Moderation der RTL2-Sendung „Tatort Internet – Schützt endlich unsere Kinder“ musste sie heftige Kritik einstecken.
Trotzdem werden die Guttenbergs seit Monaten von den Medien gefeiert – als die „Superguttenbergs“ („Bild am Sonntag“) die „fränkischen Kennedys“ („Die Welt“), das „konservative Traumpaar“ („Berliner Zeitung“) oder das „Duracell-Paar der deutschen Politik“ („Spiegel Online“). „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo setzte den Lobeshymnen buchstäblich die Krone auf, als er in einer Talkshow sagte, die Guttenbergs befriedigten „die Sehnsucht der Deutschen nach einer Königsfamilie“.
Karl-Theodor zu Guttenberg saß damals neben ihm und wirkte etwas konsterniert. Die Jubelarien sind dem Minister suspekt. Vehement hat er in den vergangenen Monaten versucht, der Überhöhung seiner Person entgegenzuwirken. Er weiß nur zu gut, dass ein solcher Hype zum falschen Zeitpunkt in der Politik nach hinten losgehen kann. Die Risikofreude haben sich die Guttenbergs aber nicht nehmen lassen. Auch der Afghanistan-Besuch ist nicht ohne Gefahren. Das gilt sowohl für die immer noch angespannte Sicherheitslage vor Ort als auch für die öffentliche Wahrnehmung in Deutschland. Wie ein solcher Trip zu Hause ankommt, lässt sich vorher nur vermuten. Oppositionspolitiker kündigten bereits kritische Stimmen zum Auftritt des Paares in Afghanistan an.
Die Guttenbergs gaben sich in Afghanistan jedenfalls Mühe, jeden Eindruck der Eigenwerbung zu vermeiden. Beide gingen im Einsatzgebiet weitgehend ihre eigenen Wege. Nur vereinzelt posierten sie auch mal zusammen für ein Erinnerungsfoto von Soldaten. Wer auf einen händchenhaltenden, strahlenden, glanzvollen Auftritt der beiden vor jubelnden Soldaten gesetzt hatte, wurde enttäuscht. Stephanie zu Guttenberg ließ sich in Kundus von einer der 132 in Afghanistan stationierten deutschen Soldatinnen alleine durch das Lager führen und wollte in Masar-i-Scharif ebenfalls auf eigene Faust das Feldlazarett besuchen. Auf die Frage einer Journalistin, wie sie denn ihren Mann als Verteidigungsminister im Einsatzgebiet finde, antwortet sie: „Ich habe ihn noch gar nicht so richtig viel gesehen.“