Modellrechnungen zeigen: Es gibt zu wenige Pfleger, um die Patienten in Zukunft zu versorgen. Verband wirft Minister Rösler Scheinheiligkeit vor.
Wiesbaden. Die Alterung der Gesellschaft führt nach Modellrechnungen des Statistischen Bundesamtes zu einem dramatischen Mangel an Pflegekräften. Im Jahr 2025 würden rund 152.000 Beschäftigte in Pflegeberufen fehlen, u m die dann zu erwartende Zahl an Krankenhauspatienten und Pflegebedürftigen versorgen zu können, teilte die Behörde mit. Umgerechnet auf die volle tarifliche Arbeitszeit entspreche dies etwa 112.000 Vollzeitkräften in der Pflege. Insgesamt würden den Modellrechnungen zufolge dann 940.000 Pflegevollkräfte benötigt.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will am Dienstag mit Verbandsvertretern in Berlin bei einem Pflegegipfel über Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel sprechen. Er hatte angekündigt, die Suche nach Lösungen dieses Problems an den Anfang der Beratungen über eine Reform der Pflegeversicherung zu stellen. Den Umbau dieses Sozialversicherungszweigs hat Rösler zu seinem Kernprojekt für das kommende Jahr erhoben. Dabei soll auch die Finanzierung der Pflege neu geordnet werden. Rösler fordert in Anlehnung an den Koalitionsvertrag, dass es eine Art Pflege-Riester gibt, eine private Zusatzversicherung, die allerdings verpflichtend ist.
Wegen der dramatischen Zahlen fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband umgehende Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegesituation. „Die Fachkräftelücke klafft jetzt bereits auf. Wir brauchen attraktivere Arbeitsbedingungen. Das heißt vor allem mehr Zeit für den Pflegebedürftigen. Und das heißt, wir brauchen mehr Geld“, fordert Verbandsvorsitzender Dr. Eberhard Jüttner.
Nach Modellrechnungen des Verbandes für das Saarland stehe weniger als eine Stunde Pflegezeit für jeden Heimbewohner pro Tag zur Verfügung. Allein für die Hilfe beim Essen brauche man mindestens eine Stunde. Sollten die Pflegekräfte eine halbe Stunde mehr Zeit für jeden Betroffenen bekommen, müssten allein an der Saar 480 zusätzliche Vollzeitstellen geschaffen werden. Dies wären Mehrkosten von rund 17 Millionen Euro. Jüttner sagte: „Es ist scheinheilig, wenn die Politik auf der einen Seite eine bessere Bezahlung von Pflegekräften fordert, aber nichts dafür tut, dass die öffentlichen Kassen diese auch finanzieren.“