Seoul schickt Panzer und Raketen auf die Insel Yonpyong und kündigt bei neuen Provokationen ernste Konsequenzen an. China versucht zu vermitteln.
Seoul. Südkorea hat den Ton im Konflikt mit Nordkorea verschärft. Knapp eine Woche nach dem Angriff auf eine bewohnte südkoreanische Insel warf Präsident Lee Myung Bak dem Regime in Pjöngjang am Montag unmenschliches Verhalten vor und warnte es vor weiteren Aggressionen. „Für jede weitere Provokation wird Nordkorea den Preis zahlen“, sagte Lee in einer Fernsehansprache. Welche Konsequenzen das sein könnten, führte er nicht weiter aus.
Südkoreas Militär verlegte unterdessen nach Medienberichten weitere Panzerhaubitzen und Mehrfachraketenwerfer auf die beschossene Insel Yonpyong vor der Westküste. Die Insel sei außerdem praktisch zum Sperrgebiet erklärt worden, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap. Das Militär kontrolliere den Zugang von Zivilpersonen. Am Vortag hatten südkoreanische Medien unter Berufung auf Regierungsbeamte in Seoul berichtet, dass Nordkorea weitere Raketen nahe der Seegrenze an der Westküste startbereit gemacht habe.
Ungeachtet der kriegerischen Drohgebärden des Nordens setzten die US-Streitkräfte ihr gemeinsames Großmanöver mit südkoreanischen Einheiten im Gelben Meer fort. Nordkorea drohte wegen des Manövers über seine staatlichen Medien erneut mit einem „gnadenlosen Gegenschlag“, sollte es sich provoziert fühlen.
„Militärische Schläge gegen Zivilisten sind ein unmenschliches Verbrechen, das selbst in Kriegszeiten geächtet ist“, sagte Südkoreas Staatschef. Er fühle sich dafür verantwortlich, den Verlust von Leben und Besitz durch den nordkoreanischen Angriff nicht verhindert zu haben.
Bei dem Beschuss von Yonpyong waren am Dienstag vergangener Woche zwei Soldaten und zwei Zivilisten getötet worden. Südkorea hatte das Artilleriefeuer erwidert. Den Vorwurf Nordkoreas, das südkoreanische Militär habe während eines Manövers nahe der umstrittenen Seegrenze zuerst auf nordkoreanisches Seegebiet geschossen, weist Seoul zurück.
Lee ging in seiner Rede nicht auf eine chinesische Vermittlungsinitiative vom Vortag ein. Er sagte aber, es sei schwierig zu erwarten, „dass Nordkorea von sich aus seine Atomwaffen und militärisches Abenteurertum aufgibt“. Er appellierte an die Südkoreaner, der eigenen Regierung und dem Militär zu vertrauen. Beiden war nach dem Angriff vorgeworfen worden, zu spät und zu lasch reagiert zu haben.
Um die Lage auf der koreanischen Halbinsel zu entschärfen, hatte die Führung in Peking am Sonntag multilaterale Krisengespräche unter Beteiligung der beiden koreanischen Staaten, der USA, Russlands, Japans und Chinas Anfang Dezember vorgeschlagen. Südkorea hatte jedoch zunächst zurückhaltend reagiert. Japan lehnte den Vorschlag am Montag ab. Tokio arbeite derzeit eng mit Washington und Seoul zusammen, um mit den zunehmenden Spannungen auf der koreanischen Halbinsel umzugehen, sagte Regierungssprecher Yoshito Sengoku nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo.
Nordkorea, das Truppenmanöver der USA mit Südkorea stets als Provokation kritisiert, hatte am Sonnabend wegen der neuen Übung vor unkalkulierbaren Folgen gewarnt. In einem Kommentar der offiziellen Zeitung „Rodong Sinmun“ hieß es am Montag: „Wir wollen keinen Krieg, doch haben wir niemals Angst vor einem Krieg.“