Der Widerstand gegen eine mögliche Anhebung von Hartz-IV wächst. Ministerium warnt vor zu hohen Erwartungen an höhere Zahlungen.
Berlin. In der schwarz-gelben Koalition formiert sich Widerstand gegen eine Anhebung der Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger . „Hartz IV darf nicht attraktiver werden als Arbeit“, sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) der „Bild“. Die Konsolidierung des Staatshaushalts dürfe dadurch nicht gefährdet werden.
FDP-Fraktionsvize Heinrich Kolb warnte angesichts der geplanten Neuberechnung ebenfalls vor höheren Lasten für den Bundeshaushalt. „Sollte die Neugestaltung der Hartz-IV-Sätze zu Mehrausgaben führen, muss das Ministerium Vorschläge für Einsparungen an anderer Stelle machen“, sagte er dem Blatt.
Der CSU-Sozialpolitiker Max Straubinger sagte der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „Die Welt“, es sei „wenig wahrscheinlich“, dass die Regelsätze durch die Neuberechnung steigen würden. Ihre derzeitige Höhe sei „sehr realistisch“. „Man muss das Lohnabstandsgebot beachten, gerade jetzt, wo der Arbeitsmarkt beginnt, Arbeitslose aufzunehmen“, sagte Straubinger. Die FDP-Politikerin Miriam Gruß sagte, es müsse ein Abstand zwischen Hartz-IV-Beziehern und denen gewahrt werden, die arbeiten.
Hingegen sagte der CDU-Sozialpolitiker Johann Wadephul der „Welt“, die Neuberechnung der Regelsätze könne dazu führen, dass diese höher ausfallen. „Ich würde das nicht ablehnen“, sagte Wadephul. Es sei im Übrigen richtig, dass sich die Sätze künftig am Lohnniveau und der Inflation orientieren sollen. „Der finanzielle Spielraum von Arbeitslosen bemisst sich zu einem großen Teil an der Inflation.“
Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband hat eine kräftige Anhebung der Hartz IV-Sätze gefordert. „Wir sind ganz sicher, dass die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Neubestimmung der Hartz IV-Sätze sowohl für Kinder als auch vor allem für Erwachsene zu einer deutlichen Erhöhung der Leistungen führen wird“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider der „Berliner Zeitung“. Nach Berechnungen seines Verbandes müsse der Regelsatz für Alleinstehende von 359 Euro auf 420 Euro steigen, um das Existenzminimum abzudecken.
Auch bei Kindern seien die Bedürfnisse größer als bisher unterstellt. Allerdings ziele die Regierung in die richtige Richtung, wenn sie dabei auch auf Sachleistungen wie Nachhilfe oder den kostenlosen Besuch von Musikschulen abstelle, wird Schneider zitiert. Der Verband begrüßt demnach die Pläne von Bundessozialministerin, Leistungen für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern künftig zum Teil über Gutscheine zu gewähren.
Die Interessenorganisation Erwerbslosenforum Deutschland spricht sich allerdings gegen ein Gutscheinsystem für Kinder aus Hartz-IV-Haushalten aus. Das diskriminiere die Betroffenen, erklärte Sprecher Martin Behrsing am Montag in Bonn. Durch die „entwürdigenden Gutscheine“ lernten die Kinder schon sehr früh, dass sie sich jederzeit für die Armut ihrer Eltern schämen müssten und den Eltern keine Verantwortung zugetraut werde. Auch die Grünen riefen die Regierung dazu auf, mehr Mittel für die Empfänger des Arbeitslosengelds II bereitzustellen. „Karlsruhe hat eindeutig festgestellt, dass die Zahlungen für Hartz IV-Empfänger nicht für ein menschenwürdiges Leben ausreichen“, sagte der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth, derselben Zeitung.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) plant weitreichende Korrekturen bei den Hartz-IV-Leistungen für Erwachsene und Kinder. Ihr Ministerium wies am Wochenende allerdings einen Bericht des Magazins „Spiegel“ als Spekulation zurück, demzufolge die Regelsätze für Hartz IV auf bis zu 400 Euro steigen könnten.
Ein Sprecher hat erneut vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Da die Auswertung der statistischen Daten noch nicht abgeschlossen sei, sei auch die Tendenz noch nicht erkennbar. Es sei deshalb derzeit offen, „wohin die Reise gehen könnte – bei den Kindern genauso wie bei den Erwachsenen“, sagte ein Sprecher in Berlin.
Er könne daher im Moment auch nicht bestätigen, „dass die Regelsätze für Erwachsene an 400 Euro heranreichen oder 400 Euro erreichen werden“. Der Sprecher trat damit abermals Berichten vom Wochenende entgegen. Darin war von einer Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes von derzeit 359 auf bis zu 400 Euro im Monat die Rede. Diese Informationen entbehrten der Grundlage und seien nicht dem Bundesarbeitsministerium oder der Bundesregierung zuzuschreiben.