Nach den positiven Äußerungen von Gerhard Schröder zum wiedergewählten russischen Präsidenten Wladimir Putin gibt es Kritik von der CDU.

Berlin. Ärger um Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Nach dem umstrittenen Sieg von Wladimir Putin bei der Präsidentenwahl in Russland stoßen Äußerungen Schröders bei Union und Regierung auf Widerstand. Während der SPD-Politiker ausdrücklich einen Reformwillen Putins würdigte, wurde er von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe dafür scharf kritisiert. Regierungssprecher Steffen Seibert wies Verdächtigungen Schröders zurück, wonach die deutschen Wahlbeobachter von Vorurteilen geleitet sein könnten. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, mahnte derweil eine enge Zusammenarbeit mit Russland an. „Anti-Russland-Stimmung bringt uns nicht voran“, sagte er. Man brauche Russland für die Lösung wichtiger Probleme wie dem Konflikt mit dem Iran.

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Auf die Frage, ob er Putin immer noch als „lupenreinen Demokraten“ sehe, sagte Schröder im Deutschlandfunk: „Ich habe nichts daran abzustreichen. Ich glaube, dass er ernsthaft sein Land auf eine wirkliche Demokratie hin orientiert.“ Putin wisse sehr genau, dass die kommenden sechs Jahre entscheidend seien, wie Russland im Konzert der großen Mächte mitspielen werde. „Ich denke, er weiß sehr genau, dass das, was an Modernisierung Russlands notwendig ist, dass das seine Amtszeit beherrschen muss“, sagte der frühere Kanzler.

Sowohl Mißfelder als auch Gröhe wiesen die positive Einschätzung zurück. „Gerhard Schröder ist Putins bestbezahlter Minnesänger“, sagte Gröhe zu Spiegel Online. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte nach der Wahl erklärt, es habe „ernsthafte Probleme“ im Ablauf gegeben. Tausende Russen gingen aus Protest auf die Straße. Gröhe sagte, „angesichts der Manipulationen bei den Parlamentswahlen und der vielen Behinderungen im Vorfeld der Präsidentenwahl ist es blanker Hohn, wenn Schröder seinen alten Kumpel Wladimir weiterhin als lupenreinen Demokraten bezeichnet.“ Der CDU-Politiker höhnte, für „Gazprom-Gerd gilt offensichtlich die alte Regel: Wes' Brot ich ess, des' Lied ich sing.“

Schröder ist Vorsitzender der Aktionärsversammlung der Nord Stream AG, die eine Gaspipeline unter der Ostsee baut. Hauptgesellschafter ist der russische Energieriese Gazprom, der nach Angaben des Pipeline-Unternehmens 51 Prozent der Anteile hält.

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Schröder stellte in dem Interview auch die Arbeit der Wahlbeobachter infrage: „Aber wenn ich die eine oder den anderen aus Deutschland als professioneller Wahlbeobachter, Frau Beck oder wer auch immer das ist, so sehe und reden höre, dann bin ich nicht so ganz sicher, ob da nicht Vorurteile größer sind als Urteile.“ Dies stieß in SPD-Reihen sauer auf. „Wenn die OSZE-Wahlbeobachter in Russland Fälschungen und Manipulation festgestellt haben, ist es nahezu eine Frechheit, ihnen Vorurteile zu unterstellen“, sagte der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt.

Indirekte Kritik an Schröder äußerte auch Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlamentes. „Die Berichte über Wahlmanipulationen in Russland haben mich sehr beunruhigt“, sagte der SPD-Politiker der „Welt“. Es sei „wichtig, dass die Vorwürfe rasch und mit internationaler Hilfe aufgeklärt werden. Es ist jetzt an Wladimir Putin, auf die Opposition zuzugehen.“

Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte in Berlin, die Bundesregierung habe „überhaupt keine Anhaltspunkte, dass die Befunde der internationalen Wahlbeobachter durch Vorurteile gelenkt oder geleitet worden seien“. Sie sei „im Gegenteil der Meinung, dass diese Befunde ernst genommen werden sollten und sie setzt darauf, dass die russische Führung, auch der gewählte Präsident Putin, dafür sorgen wird, dass diese Unregelmäßigkeiten, die da aufgedeckt worden, auch nachgeprüft und abgestellt werden.“

Der jetzige Ministerpräsident Putin vereinte bei der Wahl offiziellen Ergebnissen zufolge knapp 64 Prozent der Stimmen auf sich. Damit gelang ihm im ersten Wahlgang eine Rückkehr in den Kreml. Seine vier Herausforderer blieben chancenlos. Putin dominiert die russische Politik seit zwölf Jahren – entweder als Präsident oder als Ministerpräsident. Vor vier Jahren übernahm er das Amt des Ministerpräsidenten, blieb aber faktisch zusammen mit dem jetzt scheidenden Präsidenten Dmitri Medwedew der einflussreichste Politiker des Landes. (abendblatt.de/Reuters/dapd)