Mit der Griechenland-Hilfe werde laut Finanzminister Schäuble die Stabilität des Euroraums verteidigt. Den Steuerzahler werde sie aber nicht belasten.
In Deutschland tobt zurzeit eine Debatte um die Hilfen für Griechenland. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sie nun verteidigt. Mit der Unterstützung Athens werde gegenwärtig „die Stabilität des ganzen Euroraums verteidigt“, sagte Schäuble am Mittwochabend in den ARD- „Tagesthemen“.
Der Umfang der deutschen Finanzhilfe ist nach Schäubles Worten noch nicht bekannt. „Nein, die (Zahl) weiß niemand, weil im Augenblick diese genaue Zahl in den Gesprächen und Verhandlungen zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission mit der griechischen Regierung ja ausgehandelt werden“, sagte der Minister.
Auch Portugal und Spanien bedroht
Am Mittwoch wurde bekannt, dass Griechenland zur Abwehr einer Staatspleite in den nächsten Jahren deutlich mehr Geld braucht als angenommen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprach von insgesamt 135 Milliarden Euro bis 2012. Auf Deutschland könnten nach Angaben Brüderles 25 bis 30 Milliarden in diesem Zeitraum zukommen.
Schäuble äußerte jedoch die Erwartung, dass die massive Hilfe für Griechenland den deutschen Steuerzahler nicht belastet. „Wir hoffen, dass es gar nichts kostet, weil das nicht um Steuergelder gehen wird, sondern es gut um die zur Verfügungstellung eines Kredits damit Griechenland auch weiterhin zahlungsfähig bleibt“, sagte der Minister. „Die zur Verfügungstellung eines Kredits und die entsprechende Garantie dafür ist keine Kleinigkeit, aber es ist etwa anderes als die Verwendung von Steuergeldern.“
Einen Domino-Effekt quer durch die Europäische Union nach dem griechischen Finanzfiasko und den Problemen Portugals und Spaniens erwartete Schäuble nicht. „Ich glaube, wenn`s gelingt, Griechenland die Zahlungsfähigkeit zu sichern und dann Griechenland auch wirtschaftlich über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren in die Lage zu versetzen, auch seine Schulden zurückzuzahlen, dann wird die Spekulationswelle gegen andere Mitgliedsländer der europäischen Währung gar nicht erst in dem Maße entstehen.“
Unterdessen haben US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Telefonat über die Schuldenkrise in Griechenlands gesprochen. Beide hätten darin „die Bedeutung eines entschlossenen Handelns“ von Athen sowie einer „rechtzeitigen Unterstützung“ durch den Internationalen Währungsfonds und Europa unterstrichen, teilte das Weiße Haus am Mittwoch (Ortszeit) mit.
Für ein rechtzeitiges Hilfspaket von EU und Internationalem Währungsfonds müssten Bundeskabinett, Bundestag und Bundesrat bereits in der kommenden Woche den Anteil Deutschlands daran gesetzlich beschließen. Für Griechenland wird am 19. Mai die Rückzahlung von rund neun Milliarden Euro fällig.
Allerdings kündigte die SPD-Bundestagsfraktion bereits eine Blockade an. Sie verlangt statt einer bloßen Finanzhilfe für Griechenland eine umfassende Regelung zur Verhinderung ähnlicher Schuldenkrisen. Fraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier sagte am Mittwochabend im ZDF: „Es muss eine richtige Regelung sein. Das kann nicht nur eine Ermächtigung für ein paar Milliarden an die Bundesregierung sein, darin muss auch Vorsorge getroffen werden, dass sich ähnliche Fehlentwicklungen (...) nicht wiederholen.“ Zugleich drängte der Oppositionschef die Regierung aber zur Eile. „Wir können Griechenland nicht weiter trudeln lassen.“
Auch Bundesbankpräsident Axel Weber forderte eine deutliche Verschärfung der finanzpolitischen Regeln in der EU. „Der deutsche Steuerzahler profitiert von einem stabilen Euro, und den gilt es zu bewahren“, sagte Weber der „Bild“-Zeitung (Donnerstag). Dazu diene auch die an harte Auflagen geknüpfte vorübergehende Unterstützung Griechenlands. „Damit dies aber eine absolute Ausnahme bleibt und es in Zukunft erst gar nicht mehr so weit kommt, müssen wir als eine zentrale Lehre die finanzpolitischen Spielregeln in der EU deutlich schärfen.“
Wie die Oppositionsparteien verlangten auch Unionspolitiker eine Beteiligung der Gläubigerbanken an Finanzhilfen sowie harte Sparauflagen für Griechenland. Die Bundesregierung sieht dies skeptisch. Der Chef der deutschen Unionsabgeordneten im EU-Parlament, Werner Langen (CDU), äußerte in der „Welt“ (Donnerstag) den Eindruck, „dass im Bundesfinanzministerium die Interessen der Banken über die Interessen der Steuerzahler gestellt werden“.
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, forderte in der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Donnerstag), die Gläubigerbanken unter Druck zu setzen, damit „sie Griechenland die Schulden stunden oder erlassen“. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs verlangte in der „Welt“ eine Umschuldung Griechenlands, also eine verzögerte Rückzahlung der Schulden.
Wie SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir die Bundesregierung auf, sich für die Einführung einer Finanzumsatzsteuer auf europäischer Ebene einzusetzen. Bei einem Steuersatz von 0,01 Prozent könne Deutschland pro Jahr 14 Milliarden Euro einnehmen, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstag).
In die Kritik geraten zurzeit vor allem auch die Rating-Agenturens . Die Schuldenkrise war wegen ihrer späten Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands, Portugals und Spaniens noch verschärft worden. Mehrere Ökonomen forderten in der „Welt“ deshalb, den Einfluss der Bewertungsagenturen zu beschneiden.
Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger fragte: „Die Ratingagenturen haben von Beginn der Finanzkrise an versagt, warum sollte sich die Europäische Zentralbank (EZB) in dieser kritischen Phase überhaupt noch auf ihr Urteil verlassen?“ Der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirates des Finanzministeriums, Clemens Fuest, sagte, das Urteil der Rating-Agenturen werde an den Märkten überbewertet. Auch aus Sicht der Chefs des Kieler Instituts für Weltwirtschaft und des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Dennis Snower und Michael Hüther, sollte ihnen ihre herausragende Rolle genommen werden.