Laut einer OECD-Studie haben Hartz-IV-Empfänger oft kaum Anreize, sich einen Job zu suchen. FDP-Vize Pinkwart fordert nun strengere Regeln.
Eine neue OECD-Studie hat die Debatte um Hartz IV neu befeuert. Sie machte vor allem zwei Dinge deutlich: Die Leistungen für Arbeitslose in Deutschland fallen im europäischen Vergleich eher dürftig aus. Und: Für viele Langzeitarbeitslose ist es kaum attraktiv, einen gering bezahlten, aber existenzsichernden Job aufzunehmen.
Der stellvertretende NRW-Ministerpräsident Andreas Pinkwart (FDP) hat sich nun für ein strengeres Vorgehen gegen Leistungsverweigerer ausgesprochen. „Wenn wir jetzt die Betreuung in den Jobcentern weiter verbessern, was wir ja vorhaben, dann müssen die Bezüge arbeitsfähiger Hartz-IV-Empfänger, die zumutbare Arbeit verweigern, auch konsequenter gekürzt werden“, sagte der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende der „Rheinischen Post“. Wer arbeitsfähig sei, „sollte auf staatliche Hilfe grundsätzlich nur Anspruch haben, wenn er auch zur Gegenleistung bereit ist“. Nimmt ein Hartz-IV-Empfänger eine Arbeit nicht an, können seine Bezüge für drei Monate um 30, beim zweiten Mal um 60 Prozent gekürzt werden.
Bei der Umsetzung des jüngsten Verfassungsgerichtsurteils zu den Hartz-IV-Sätzen plädierte der nordrhein-westfälische Politiker für mehr Gratis-Sachleistungen für Kinder und Erwachsene, etwa in Form von Bildungsgutscheine. „Wenn es zu mehr kostenlosen Sachleistungen käme, müsste man auf der anderen Seite direkte Zahlungen geringer ansetzen, zum Beispiel durch Pauschalierungen bei den Wohnzuschüssen.“
Auch aus der CDU werden die Rufe nach strengeren Regelungen lauter. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), forderte vor allem Sanktionen gegen Ausländer, die Sprach- oder Integrationskurse abbrechen oder gar nicht erst antreten wollen. Er sagte der „Bild“- Zeitung: „Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Bildung, Integration und guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb ist es völlig inakzeptabel, dass gut 20 Prozent der Ausländer den verpflichtenden Sprach- oder Integrationskurs abbrechen oder gar nicht erst antreten.“ In solchen Fällen müssten die gesetzlichen Sanktionen auch tatsächlich verhängt werden, sagte Bosbach weiter.
Die Bundesagentur für Arbeit trat der Kritik an Arbeitswillen und Flexibilität von Erwerbslosen entgegen. „In den letzten Jahren ist die Konzessionsbereitschaft Arbeitsuchender deutlich gestiegen“, sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt der „Thüringer Allgemeinen“. „Dass heißt, man ist heute eher bereit, mit Lohneinbußen zu arbeiten oder einen Wohnortwechsel in Kauf zu nehmen.“ Mehr als ein Viertel derer, die aus der Grundsicherung wieder in ein Beschäftigungsverhältnis kämen, arbeiteten unterhalb ihres Qualifikationsniveaus. „Menschen lassen sich also nicht nur vom ökonomischen Kalkül leiten. Ihnen geht es um das Gefühl etwas zu leisten und gebraucht zu werden“, sagte Alt.
Angestoßen wurde die Diskussion über die Hartz-IV-Leistungen vom FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle . Er erntete dafür vor allem Kritik. Dennoch gewannen die Liberalen im Deutschland-Trend der ARD wieder an Zustimmungen. Sie kämen auf zehn Prozent, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Im Vergleich zu der entsprechenden Umfrage vom 4. Februar, in der die FDP noch klar an Unterstützung verloren hatte, wären dies zwei Prozentpunkte mehr. Zugleich gaben aber 69 Prozent der Befragten an, dass ihrer Meinung nach die von Westerwelle begonnene Diskussion über Sozialleistungen die FDP beschädige. 20 Prozent der Bundesbürger vertraten die Auffassung, dass die Partei von der Debatte über die Hartz IV-Sätze profitiere.
Etwas mehr als ein Drittel der Befragten gab an, sie würden bei einer Bundestagswahl hinter der Union ihr Kreuzchen machen. 27 Prozent würden sich demnach für die SPD entscheiden, 15 Prozent für die Grünen, zehn Prozent für die Linke und vier Prozent für die sonstigen Parteien. Die Sozialdemokraten gewannen somit einen Punkt, CDU/CSU verloren zwei, die Linke einen Punkt. Die Stimmen für die Grünen blieben unverändert.