Die Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld wirbt im Wahlkampf mit ihrem Dekolleté - und dem der Bundeskanzlerin.
Berlin. In der CDU-Wahlkampfzentrale gab es am Montag nicht nur Interesse an den ersten sechs Großplakaten, die Generalsekretär Ronald Pofalla für den Bundestagswahlkampf öffentlich präsentierte. Für ungewollte Aufmerksamkeit sorgte ein Plakat, das seit Sonntag im Berliner Wahlbezirk Kreuzberg-Friedrichshain hängt. Es zeigt zwei Frauen mit tiefem Dekolleté: Die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel und rechts daneben Vera Lengsfeld, CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemals DDR-Bürgerrechtlerin der ersten Stunde. Darunter der Slogan: „Wir haben mehr zu bieten.“
Während im Internet-Wahlblog von Lengsfeld bereits ein deftiger Streit über Sexismus, Prüderie und doppelbödige Wahlwerbung tobt, ist man in der CDU-Zentrale nicht sonderlich amüsiert. Ein CDU-Sprecher befindet knapp: „Das ist nicht mit uns abgestimmt.“ Auch mit der Kanzlerin nicht, wie Lengsfeld freimütig einräumt. „Hier in Berlin-Kreuzberg-Friedrichshain befindet sich die CDU in einem besonderen Umfeld. Da musste ich mir was einfallen lassen, um auf mich aufmerksam zu machen“, sagt die 57-Jährige. Vor vier Jahren fuhr die CDU gerade einmal 12,4 Prozent in dem Wahlkreis ein, den der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele als einziger aus seiner Partei direkt gewann.
Die 750 Plakate mit dem Doppel-Hingucker seien ein voller Erfolg. Allein am Montag habe sie bis zum Nachmittag 5.500 Zugriffe auf ihrem Wahlblog registriert. „Soviel Aufmerksamkeit kann ich mit Flugblättern nie schaffen.“ An dem Dekolleté-Foto der Kanzlerin – aufgenommen bei der Eröffnung der Osloer Oper im April 2008 – habe sie ordnungsgemäß die Rechte erworben. Seinerzeit sorgte der tiefe Einblick in das dunkle Abendkleid international für Aufsehen. Von Merkel, die das ganze eher amüsiert verfolgte, ist die Bemerkung überliefert, dies sei wohl der Tatsache geschuldet, dass das Amt des Bundeskanzlers von einer Frau wahrgenommen werde.
Im Lengsfeld-Blog reagierten vor allem Männer kritisch. „Sind Sie völlig verrückt geworden“, fragt ein „Daniel Baltar“. Mit solch einem irren Plakat disqualifiziere sich die Politikerin. Weibliche Fans finden das Plakat eher mutig und entdecken eine gewisse Ironie. Die beiden CDU-Frauen hätten eben mehr zu bieten als Äußerlichkeiten. Den Sexismus-Vorwurf kommentiert Lengsfeld eher belustigt. „Was ist sexistisch an zwei Frauen im Abendkleid? Das fällt doch auf den Betrachter selbst zurück.“ In manchen CDU-Kreisverbänden soll das Dekolleté der Kanzlerin bereits auf Interesse für eigene Wahlplakate gestoßen sein. In der Motivauswahl für die Großplakate der CDU ist es bislang nicht vorgesehen.
Die CDU setzt auf Karl-Theodor zu Guttenberg
Die CDU wirbt unerdessen im Wahlkampf mit CSU- Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Von Mitte August an würden alle Unions-Minister der großen Koalition bundesweit auf Großplakaten zu sehen sein, kündigte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla in Berlin an. Guttenberg wird in Umfragen derzeit als beliebtester Politiker genannt. In der heißen Wahlkampfphase wollen die Christdemokraten verstärkt auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) setzen. Sie solle als „Umweltkanzlerin“ dann auf großflächigen Plakaten in ganz Deutschland abgebildet sein.
Die Plakataktion mit Guttenberg und Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner und den CDU-Ministern ist unter den Unionsparteien abgestimmt. „Das ist sozusagen seit vielen Jahrzehnten geübte Praxis“, sagte Pofalla. Er verwies darauf, dass Merkel im Wahlkampf in Bayern „unter dem Logo der CSU“ plakatiert werde. CSU-Sprecher Hans Michael Strepp sieht in dem Werben der Schwesterpartei mit CSU-Politikern nichts Ungewöhnliches. „Das ist ja ein Ausweis von Wertschätzung.“ Es werde auch Großflächenplakate mit Merkel in Bayern geben, auf denen der Schriftzug der CSU stehe.
Fast 60 Wahlkampf-Veranstaltungen sind mit Merkel geplant - darunter am 15. September eine Zugfahrt quer durch Deutschland von Rhöndorf bei Bonn bis Berlin, die an die erste Wahl des damaligen CDU-Kanzlers Konrad Adenauer vor 60 Jahren erinnern soll. Pofalla nannte das aktuelle Unions-Wahlziel von mindestens 40 Prozent „durchaus realistisch“. Entscheidend sei, dass es eine Mehrheit für Union und FDP gebe.
Guttenberg ist auf den Großplakaten mit dem Schriftzug „Wir haben die Kraft für Wirtschaft mit Vernunft“ zu sehen. CSU-Politikerin Aigner macht sich für die „Zukunft unserer Bauern“ stark. Auf die Frage, ob dies schon ein Hinweis auf die Ressortbesetzung einer möglichen schwarz-gelben Regierung nach der Wahl sei, sagte Pofalla: „Wenn CDU und CSU möglichst stark werden, werden alle diese Persönlichkeiten für die Themen stehen, für die sie hier plakatiert sind.“
Die CDU warf dem SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier vor, den „Deutschland-Plan“ aus dem CDU-Wahlprogramm abgeschrieben zu haben. Fünf von sechs Zukunftsprojekten der CDU habe Steinmeier für seinen „Deutschland-Plan“ verwendet. Er nannte die SPD „getrieben“. „Herr Steinmeier benennt in seinem Papier zwar richtige Themen, aber er macht völlig unglaubwürdige Versprechen.“