Berlin. Der Ex-Mann und Vergewaltiger von Gisèle Pelicot muss für 20 Jahre ins Gefängnis. Er hat damit die Höchststrafe erhalten. Aber reicht das?
Wohl selten haben sich so viele Menschen bei einem Vergewaltigungsopfer bedankt. „Merci Gisèle!“ ist zu einem Slogan in Frankreich geworden – und darüber hinaus. Frauen und Männer weltweit danken der 72-Jährigen für ihren Mut. Gisèle Pelicot ist zur Symbolfigur einer neuen Bewegung im Kampf gegen Gewalt an Frauen geworden. Dabei hat die Französin schreckliche Dinge ertragen müssen: Mehr als zehn Jahre lang wurde sie von ihrem eigenen Ehemann sediert, vergewaltigt und mindestens 50 anderen Männern zur Vergewaltigung bereitgestellt.
Dass der Hauptangeklagte und ihr mittlerweile Ex-Mann Dominique Pelicot am Donnerstag in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen und zur Höchststrafe von 20 Jahren verurteilt wurde, ist richtig. Doch ein einziges Urteil wird die sexualisierte Gewalt gegen Frauen nicht aufhalten können – weder in Frankreich noch in Deutschland.
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Die Polizeistatistiken zeigen hierzulande eine desaströse Lage. Fast jeden zweiten Tag verüben Männer in Deutschland Femizide, 700 Menschen – größtenteils Frauen – werden täglich Opfer von häuslicher Gewalt, die Zahl schwerer sexueller Übergriffe erreichte im Jahr 2023 einen Höchststand. Erst einen Tag vor dem Schuldspruch in Avignon wurde in Deutschland ein Vergewaltiger-Netzwerk, die ihre Erfahrungen mit K.O.-Tropfen austauschen, auf Telegram aufgedeckt.
Das alles zeigt, wie tief Gewalt und Machtmissbrauch in den Strukturen unserer Gesellschaft verwurzelt sind und wie dringend es ist, endlich das Bewusstsein dafür zu schärfen. Auch die Politik muss handeln. Denn das geplante Gewalthilfegesetz, das Opfern einen kostenfreien und niedrigschwelligen Zugang zu Schutz- und Beratungseinrichtungen garantieren soll, ist immer noch nicht umgesetzt. Für die neue Regierung im kommenden Jahr muss dieses Gesetz eine Priorität haben.
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