New York. Der Kläger arbeitete auf einer von Sean Combs berüchtigten Partys. Jetzt schildert er zum ersten Mal, was ihm dort angeblich widerfuhr.
120 mutmaßliche Opfer vertritt Anwalt Tony Buzbee gegen einen der einst mächtigsten Männer der Musikindustrie: Der US-Rapper Sean „Diddy“ Combs (55) soll Dutzende Frauen und Männer sexuell missbraucht haben, meist auf seinen berüchtigten Partys in New York und Los Angeles. Jetzt äußert sich zum ersten Mal eines der anonymen Opfer selbst – und beschreibt, wie eine fatale Nacht sein Leben für immer verändert hat.
In einem Interview mit dem US-Sender CNN schildert ein ehemaliger Sicherheitsmann des Hip-Hop-Moguls, dass Combs ihn auf einer seiner White Partys vor fast 20 Jahren unter Drogen gesetzt und anal missbraucht haben soll. Das mutmaßliche Opfer hat bereits am 14. Oktober Klage eingereicht und spricht unter dem Pseudonym John Doe.
Von P. Diddy vergewaltigt? Sicherheitsmann spricht öffentlich
Demnach habe er das Geheimnis seines angeblichen Missbrauchs seit 2007 gehütet und aus Scham nicht einmal seiner damaligen Frau davon erzählt. „Die ganze Schwere dessen verfolgt mich bis heute“, sagte Doe CNN im Gespräch. „Es hat Einfluss auf alles, was man für den Rest seines Lebens tut.“
Laut seiner Klage war Doe 2007 bei einer privaten Sicherheitsfirma angestellt, als er für Combs Party auf dessen Anwesen in den New Yorker Hamptons engagiert wurde. Im Laufe des Abends habe der Rapper ihn mit alkoholischen Drinks versorgt, die nach Does Meinung die Drogen GHB und Ecstasy enthielten. Nach dem zweiten Drink fühlte er sich laut Klage „extrem krank“.
Weiterer Promi soll Missbrauch beobachtet haben
Zunächst soll Combs sich dem Sicherheitsmann vermeintlich sorgenvoll genähert, ihn dann aber gewaltsam in ein leeres Fahrzeug gestoßen haben. Darin habe Combs ihn trotz seiner Hilferufe festgehalten und anal missbraucht. Eine weitere Berühmtheit sei Zeuge des Übergriffs gewesen, sagt Doe dem Sender, ohne diese beim Namen zu nennen. „Es gab eine prominente Person, die gesehen hat, was passiert ist, und es amüsant fand.“
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„Ich konnte nicht stehen“, sagte Doe über die angeblich mit Drogen versetzten Getränke. „Es war einfach ein unglaubliches Maß an Handlungsunfähigkeit, das ich noch nie zuvor erlebt hatte, und ich fühlte mich machtlos.“
„Danach stand ich auf der schwarzen Liste“
Später habe Doe seinem Manager von der Vergewaltigung erzählt. In der Folge sei er nie wieder von der Sicherheitsfirma beauftragt worden. „Er wies es einfach zurück und sagte: ‚Ich werde mit ihm reden‘“, sagt Doe über das Gespräch mit seinem Chef. „Danach stand ich komplett auf der schwarzen Liste. Ich musste mir einen anderen Beruf suchen.“
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Heute arbeite er nicht mehr als Sicherheitsmann. Seine Ehe sei auch infolge des angeblichen Missbrauchs in die Brüche gegangen, sagte er, weil das Trauma sich negativ auf seine Beziehungen ausgewirkt habe. In den Jahren nach dem Übergriff habe Doe mit emotionalem Schmerz und psychischen Problemen zu kämpfen gehabt.
CNN deckt nach Interview Unstimmigkeiten auf
Sean Combs Anwälte lehnten zunächst eine Stellungnahme zu den konkreten Anschuldigungen des ehemaligen Sicherheitsmanns ab. Jedoch deckte CNN auch eine Reihe von Unstimmigkeiten in den Schilderungen des mutmaßlichen Opfers auf. So stimmten die in dem Interview gemachten Angaben nicht mit denen aus seiner ursprünglichen Klage überein.
Darin hieß es beispielweise, Combs Übergriff habe 2006 und nicht 2007 stattgefunden und Doe sei auch nie verheiratet gewesen. 2006 fand Combs‘ White Party in St. Tropez statt; 2007 dagegen in den Hamptons, worauf sich Does Anschuldigungen aber beziehen.
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Nachdem CNN sie auf die Unregelmäßigkeiten hingewiesen hatte, reichten Does Anwälte jetzt eine geänderte Klageschrift beim Gericht ein, in der „Fehler in der Eile bei der Einreichung“ eingestanden wurden. Doe fordert darin Schadensersatz.
Diddys Vertreter unterstellen Opfer-Anwalt Buzbee Willkür
Nach Veröffentlichung des Interviews meldeten sich Combs Anwälte dann doch zu Wort und reagierten auf die korrigierte Klage Buzbees. „Nachdem öffentliche Aufzeichnungen zeigten, dass es – entgegen seinen Anschuldigungen – 2006 in den Hamptons keine White Party gab, änderte Buzbee diese Klage, um die Anschuldigungen zurückzunehmen und nun einen anderen Tag und ein ganz anderes Jahr zu beanspruchen“, schrieben Combs‘ Vertreter. Sie unterstellen dem texanischen Anwalt Willkür.
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Combs bestreitet pauschal in allen ihm vorgeworfenen Fällen jegliches Fehlverhalten. Doch der Druck auf ihn ist immens. Die New Yorker Staatsanwaltschaft wirft Combs Sexhandel, organisierte Kriminalität und andere Vergehen vor.
Es heißt, der Rapper habe Frauen mit Drohungen und Gewalt zur Teilnahme an Drogen- und Sex-Partys genötigt. Laut Anklageschrift hat der lange Zeit einflussreiche Produzent sich seines „Imperiums“ im Musikgeschäft bedient, um seine Ziele zu erreichen.
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Dazu kommen eben jene zahlreichen Zivilklagen wegen sexuellen Missbrauchs. Buzbee reicht seit Wochen sukzessive Klagen mit immer neuen Anschuldigungen gegen Combs ein.
Jay-Z soll mit Diddy 13-Jährige vergewaltigt haben
So geriet zuletzt auch ein weiterer US-Superstar in den wohl größten Missbrauchsskandal der Musikgeschichte: Rapper Jay-Z soll im Jahr 2000 auf einer Afterparty nach den MTV Music Video Awards ein damals erst 13 Jahre altes Mädchen „abwechselnd“ mit Combs vergewaltigt haben. Der Musikproduzent und Ehemann von Beyoncé Knowles, der bürgerlich Shawn Carter heißt, bestreitet den Missbrauch und spricht von „Erpressung“.
Derweil sitzt Combs weiter im Metropolitan Detention Center in Brooklyn, New York, in Haft und wartet auf seinen Prozess.
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