Berlin/New York. Der Mord am Konzernchef in New York weist Parallelen zum Unabomber auf. Der könnte ein Vorbild für den Hauptverdächtigen gewesen sein.
Seitdem der Konzernchef der größten amerikanischen Krankenversicherung mitten in New York erschossen wurde, spekuliert die Öffentlichkeit über die Beweggründe des „Manhattan-Mörders“. Handelte er aus Rache über eine vom Unternehmen nicht bewilligte Behandlung? Oder war es eine politische Tat, mit der er die profitorientierten Praktiken der Branche in den USA kritisieren wollte?
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Am Montagabend konnte die Polizei die Festnahme des 26-Jährigen Luigi M. vermelden. Er gilt als der Hauptverdächtige im Fall. Bald schon hatten US-Medien die Social-Media-Profile des mutmaßlichen Schützen gefunden, die vielleicht etwas über sein Motiv verraten könnten. Ein Name, der seitdem immer wieder auftaucht ist ein skurriler wie auch berüchtigter Terrorist: der Unabomber.
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Manhattan-Mord: Mutmaßlicher Täter las Manifest vom Unabomber Ted Kaczynski
Luigi M. war ein emsiger Leser und postete regelmäßig auf Goodreads, einer Plattform für Buchrezensionen. Einen Text, den er dabei bewertete, stammt von Theodore John „Ted“ Kaczynski, auch bekannt als der Unabomber. Der Verdächtige gibt dem Manifest des Unabombers vier von fünf möglichen Sternen. In dem Attentat in Manhattan und Kaczynskis Attentaten finden sich Parallelen.
Ted Kaczynski galt vor seinem Untertauchen als Genie. Mit 16 Jahren besuchte er bereits die Harvard Universität, nach seinem Abschluss lehrte er an der Elite-Universität Berkeley als Mathematikprofessor. Hier entwickelte er eine zunehmende Abneigung gegen Technologien und die „industrielle Gesellschaft“. Im Jahr 1971 kauften er und sein Bruder David ein Stück Land in Montana, auf dem Kaczynski für die nächsten 24 Jahre ein Leben als Einsiedler führen sollte.
In seiner nur 3 mal 4 Meter großen Hütte ohne fließendes Wasser, Elektrizität oder Heizung strebte der Unabomber ein Leben als Selbstversorger an. Weil er beobachtete, wie die Natur um seine Hütte herum zerstört wurde, entschloss sich Kaczynski zum gewaltsamen Kampf gegen die moderne Gesellschaft. Seine Opfer wählte er zufällig als Repräsentanten des „Systems“ aus.
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Unabomber beging Anschlagsserie mit Paketbomben
Von 1978 bis 1995 beging er eine Anschlagserie mit Paketbomben, bei der drei Menschen getötet und 23 weitere verletzt wurden. Unabomber“ wurde er genannt, weil sich seine Anschläge vor allem gegen Hochschulen und Fluggesellschaften, auf Englisch „universities and airlines“, richteten.
Als Ziele wählte er unter anderem ein Passagierflugzeug der Fluglinie American Airlines sowie Universitätsangestellte aus. Auch an das Zuhause des Präsidenten von American Airlines wurde eine Bombe versandt. Das FBI gründete eine Sonderermittlungseinheit mit der Bezeichnung „UNABOMB“. 18 Jahre lang gehörte er zu den meistgesuchten Personen in den USA.
Bruder des Unabombers gab Ermittlern entscheidenden Hinweis
1996 wurde der in den Bergen lebende Kaczynski nach einem Hinweis seiner Bruders festgenommen und 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt worden - trotz bei ihm diagnostizierter paranoider Schizophrenie. Kaczynski hatte selbst auf schuldig plädiert und das Gericht aufgefordert, ein Plädoyer seiner Verteidiger auf Schuldunfähigkeit abzuweisen.
Im September 1995 hatten die „New York Times“ und die „Washington Post“ ein langes Manifest Kaczynskis veröffentlicht, in dem dieser seine Abscheu gegenüber moderner Technologie und der modernen Welt äußerte. Im Gegenzug hatte Kaczynski versprochen, seine Anschlagserie zu beenden. Darin meinte er, die von ihm verübten Anschläge seien „extrem, aber notwendig“.
Die Veröffentlichung des Manifests führte letztlich zu Kaczynskis Festnahme: Sein Bruder David las den Text in der Zeitung und hatte den Verdacht, bei dem Unabomber könne es sich um Ted Kaczynski handeln. Mit seinem Verdacht wandte er sich an die Bundespolizei FBI. Er wurde verhaftet und 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt.
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Verdächtiger im Manhattan-Mord nannte Kacyznski „Revolutionär“
Nach seiner Verurteilung saß Kacyznski lange Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis in Colorado. 2021 wurde er in das Gefängniskrankenhaus in North Carolina verlegt. Dort starb er 2023 im Alter von 81 Jahren.
Über das Manifest „Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft“ schreibt der mutmaßliche Manhattan-Mörder auf Goodreads: Während Kaczynski ein „gewalttätiger Mensch“ und „rechtmäßig inhaftiert“ war, sollten seine Handlungen „eher als die eines extremen politischen Revolutionärs angesehen werden“.
Die Rezension enthielt auch Zitate, die Gewalt gegen Unternehmen und ihre Führungskräfte rechtfertigten: „Wenn alle anderen Formen der Kommunikation scheitern, ist Gewalt überlebenswichtig.“
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