Neu Wulmstorf. Kinder mit Förderbedarf besuchen die Grundschule Am Moor in Neu Wulmstorf. Nun wurde den Eltern zu Ende Januar gekündigt. Die Gründe.

Mit der Ganztagsbetreuung an Grundschulen, für die von 2026 an ein Rechtsanspruch gilt, wollte die Gemeinde Neu Wulmstorf vorbildhaft vorangehen. Mit einem 26-Millionen-Neubau und einem innovativen Schulkonzept an der Grundschule am Moor setzte sie hohe Maßstäbe.

Doch bei der Umsetzung treten eine Reihe von Schwierigkeiten auf, immer wieder gibt es Beschwerden von Eltern. Es mangelt offenbar an Personal, Geld und in der Folge an der Betreuungsqualität.

Neu Wulmstorf: Grundschule stellt Ganztagsbetreuung für Schulkindergarten ein

Jetzt hat die schwierige Situation eine neue Stufe erreicht – und handfeste Konsequenzen: Ende Januar wird die Nachmittagsbetreuung für die Kinder der sogenannten Kleinen Schule an der Grundschule am Moor eingestellt. Diesen Schulkindergarten besuchen rund ein Dutzend Mädchen und Jungen, die zwar schulpflichtig sind, aber aus verschiedenen Gründen noch nicht reif für den Schulbesuch.

Für die betroffenen Eltern war die Nachricht in der Vorweihnachtszeit ein Schock. Zumal die Nachricht der Schulleitung, die dem Abendblatt vorliegt, sie erst Ende November erreichte. Innerhalb von rund zwei Monaten müssen Eltern, die auf eine Betreuung am Nachmittag angewiesen sind, ein alternatives Angebot für ihre Kinder mit besonderem Förderbedarf finden.

Niedersachsens Schulgesetz sieht Ganztagsbetreuung für Vorschulkinder nicht vor

„Wir kritisieren vor allem die Kurzfristigkeit“, sagt Birgit Walter. „Die Zeit reicht nicht einmal, um die eigene Arbeitsstelle zu kündigen.“ Sie hat selbst keine Kinder in der Kleinen Schule, ist jedoch als Leiterin einer Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Neu Wulmstorf mit betroffenen Familien in Kontakt. Die Sechs- und Siebenjährigen benötigen zum Beispiel wegen ADHS, Dyskalkulie oder einer Autismus-Spektrum-Störung spezielle Unterstützung.

Die Entscheidung, die Vorschulkindern nicht mehr im Ganztag zu betreuen, begründet die Schule mit dem Wohl der Kinder. Denn diese werden nach dem Unterricht auf verschiedene Schulklassen aufgeteilt werden. Zwar bleiben alle Erst- bis Viertklässer an der teilgebundenen Ganztagsschule dienstags bis donnerstags bis 15 Uhr in der Schule. Für die Schulkindergartenkinder sieht das Schulgesetz jedoch keine Ganztagsbetreuung vor, daher gibt es dafür auch keine zusätzlichen Personalstunden.

Schule begründet Schritt mit Personalmangel und dem Wohl der Kinder

Die Kinder müssten sich durch die Aufteilung täglich neu orientieren und hätten oft wechselnde Betreuungspersonen, schreibt Konrektor Christoph Walter in dem Brief an die Eltern. „Das ist für kein Kind gut und für die Kinder der ‚Kleinen Schule‘ einfach zu viel.“ Man habe festgestellt, dass „die langen Schulzeiten den Bedürfnissen und der Entwicklung der Kinder nicht gerecht werden“.

Die Kinder seien zufrieden in der Betreuung und gingen gern dahin, hält Birgit Walter, die mit dem Konrektor nur zufällig den Namen teilt, dagegen. „Sie waren ja auch vorher schon bis 16 Uhr im Kindergarten.“ Aus ihrer Sicht ist die Begründung der Überforderung der Kinder vorgeschoben, der wahre Grund sei der Personalmangel.

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Sie kritisiert auch die unzureichende Information durch die Schulleitung über die Rechtslage. „Die Eltern haben sich für die ‚Kleine Schule‘ entschieden, weil ihnen eine Nachmittagsbetreuung zugesichert wurde. Hätten sie gewusst, dass diese gekürzt wird, wäre ihr Kind in der Kita verblieben.“

Eltern befürchten, dass Kinder zu Hause „vor dem Fernseher geparkt“ werden müssen

Fest steht: Alle Eltern der Kinder, die auf eine Betreuung angewiesen sind, müssen sich jetzt schnell nach anderen Lösungen umsehen. Das jedoch ist schwierig, betont auch die Elternvertreterin der „Kleinen Schule“. „Alle sind am Rotieren, wie sie das lösen könnten“, sagt Sandra Stawinski, die von etwa neun betroffenen Kindern spricht. Selbst wenn einige Eltern durch Home Office oder Selbstständigkeit zu Hause arbeiteten, könnten sie ihre Kinder mit besonderen Bedürfnissen dabei nicht angemessen betreuen.  

Ihnen werde oft nichts anderes übrig bleiben, als die Kinder vor den Fernseher zu setzen, befürchtet die Elternvertreterin. „Das geht mal für einen Nachmittag, wenn das Kind krank ist. Aber das wünscht sich niemand für sein Kind für ganzes Schulhalbjahr. Corona haben wir gerade erst hinter uns gebracht und wir sind immer noch dabei, die Folgen auszubügeln.“

Ganztag Wulmstorf: Schulkindergarten bald ohne Nachmittagsbetreuung

Der Ganztag an der Grundschule am Moor in Neu Wulmstorf wird künftig nur für die Schüler der ersten bis vierten Klasse angeboten. Vom 1. Februar an werden die Kinder der „Kleinen Schule“ nach dem Unterricht, der um 11.45 Uhr endet, bei Bedarf noch bis 13 Uhr betreut. Ein Mittagessen wird es für sie nicht mehr geben.

Die Schulleitung äußerte sich auf Nachfrage des Abendblatts bis zur Veröffentlichung nicht. Birgit Walter hofft, dass sich eine Lösung für alle betroffenen Kinder findet. „Es wäre wünschenswert, wenn die Schule in dieser Sache doch noch die Kurve kriegt.“