Buchholz. Freies Lernen ohne Noten: Weiterführende Schule mit MINT-Schwerpunkt dürfte Schüler aus ganz Hamburg anziehen. Wann der Standort eröffnet.

Der Wechsel auf eine weiterführende Schule ist für die meisten Eltern Anlass, sich über die passende Schulform für ihr Kind Gedanken zu machen. Jetzt wird die Auswahl im Landkreis Harburg um eine neue Oberschule erweitert: In Buchholz eröffnet im Sommer 2025 die Montessori Schule Nordheide.

Das ist zumindest der Plan von Anna Adam und Cindy Larsen, die hinter der Schulgründung stehen. Die beiden Unternehmerinnen wollen ein Bildungsangebot schaffen, das es so in der weiteren Region derzeit nicht gibt: Eine Oberschule in freier Trägerschaft für Kinder der Klassenstufe fünf bis zehn, an der die Schüler selbstbestimmt und ohne Noten nach den Prinzipien der Montessori-Pädagogik lernen.

Weiterführende Montessori-Schule: Einzigartiges Bildungsangebot im Landkreis Harburg

Dieser reformpädagogische Ansatz wird bisher vor allem an Grundschulen und in Kitas, den sogenannten Kinderhäusern, verfolgt, zum Beispiel in Buchholz, Lüneburg und Rotenburg. Weiterführende Montessori-Schulen finden sich erst in weiter entfernten Orten wie Osnabrück, Göttingen und Hannover.

Diese Lücke wollen die beiden Schulgründerinnen, die selbst Kinder im Kita- und Schulalter haben, schließen. Denn sie sind überzeugt: Auch nach der Grundschule können Kinder und Jugendliche von dem besonderen Ansatz profitieren. Dabei steht das Lernen im Mittelpunkt, das ist ihnen wichtig. Jeder Schüler und jede Schülerin soll seinen oder ihren eigenen Lernweg finden.

In Projektarbeit lernen die Schüler selbstständig und gemeinsam

„Wir legen großen Wert darauf, neben akademischem Wissen auch die individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten der Lernenden zu entdecken und zu stärken“, heißt es in der Selbstbeschreibung der Schule. Eine große Rolle spielt dabei die Natur und das praktische Lernen in Projekten. Dabei erproben die Schüler ihr Wissen, treffen eigene Entscheidungen und erleben auch die Konsequenzen, wenn sie einen falschen Weg einschlagen.

So wie die Schüler einer Schule, die die Buchholzer Gründerinnen zur Vorbereitung besucht haben. „Eine Gruppe hatte die Aufgabe, eine Woche das Essen für alle Schüler zu organisieren“, berichtet Anna Adam. „Doch nach drei Tagen hatten sie ihr Budget aufgebraucht und mussten mit dem Unmut der Schülerschaft leben, die an den verbliebenen zwei Tagen nur noch ein Notfallessen bekam.“

Montessori-Pädagogik ist vor allem in Grundschulen verbreitet

Die Montessori-Pädagogik, die auf die italienische Ärztin Maria Montessori zurückgeht, sieht vor, Kindern früh Verantwortung zu übertragen und das freie Lernen zu stärken. Ebenso wichtig ist, dass jeder Einzelne zum Wohl der Gemeinschaft beiträgt. Die Kinder lernen in altersgemischten Gruppen, in Buchholz sind jeweils zwei Klassenstufen zusammengezogen.

Der Erdkinderplan von Maria Montessori ist Grundlage für das Lernkonzept in den Klassenstufen 7 und 8.
Der Erdkinderplan von Maria Montessori ist Grundlage für das Lernkonzept in den Klassenstufen 7 und 8. © Lena Thiele | Lena Thiele

In der 5. und 6. Klasse soll vor allem die Neugier geweckt werden, in der 7. und 8. Klasse wird das Gelernte praktisch angewandt. Grundlage ist der sogenannte Erdkinderplan, den Maria Montessori für diese Altersstufe entwickelt hat. In der 9. und 10. Klasse werden die Jugendlichen schließlich auf ihren Abschluss und die Anforderungen des Arbeitsmarkts vorbereitet.

Auf Noten verzichtet die neue Schule, das müssen Eltern aushalten

Statt Noten gibt es bis zum Ende der achten Klasse regelmäßige Einschätzungen der Lehrkräfte zum Lernfortschritt. „Sie beobachten, ob das Kind sich im Rahmen seiner Möglichkeiten entfaltet hat“, sagt Anna Adam. Die geplante Montessori Schule Nordheide richtet sich vor allem an Kinder, die mit dieser Art des Lernens bereits vertraut sind und zum Beispiel eine Montessori-Grundschule besucht haben.

Anna Adam (l.) und Cindy Larsen haben zu zweit gegründet. Das ermöglicht schnellere Entscheidungen als im Verein.
Anna Adam (l.) und Cindy Larsen haben zu zweit gegründet. Das ermöglicht schnellere Entscheidungen als im Verein. © Lena Thiele | Lena Thiele

„Diese Schule ist nicht für alle Kinder gleich gut geeignet“, sagt Cindy Larsen. „Wer feste Strukturen braucht, ist an einer Regelschule besser aufgehoben.“ Auch die Eltern sollten hinter dem Konzept stehen und bereit sein, sich zum Beispiel bei Mitmachtagen einzubringen.

MINT-Schwerpunkt plus Reformpädagogik: Das soll Kinder auf die Welt vorbereiten

Die Schulgründerinnen wollen den pädagogischen Ansatz mit heutigen Anforderungen zusammenbringen. „Wir übernehmen die Haltung, auf das Kind zu gucken, sind aber nicht dogmatisch“, sagt Cindy Larsen. Die Schule hat einen MINT-Schwerpunkt, sodass die Schüler insbesondere die Welt der Naturwissenschaft und der Technologie erkunden können. Die Inhalte des Unterrichts richten sich nach dem niedersächsischen Schulcurriculum.

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In den ersten drei Jahren müssen freie Schulen sich selbst finanzieren, erst dann gibt es staatliche Förderung. Die Eltern zahlen ein Schulgeld, das in Buchholz voraussichtlich etwa 200 Euro pro Monat betragen wird. Über eine soziale Staffelung soll sichergestellt werden, dass der Schulbesuch nicht an den finanziellen Mitteln der Eltern scheitert.

Die Schulgründerinnen kennen den Einwand, dass freie Schulen oft eine Art soziale Blase schaffen. „Wir wollen aber ein Vorbild schaffen, das auch in die weitere Schullandschaft wirkt“, sagt Anna Adam.

Schulgründerinnen haben schon ein geeignetes Gebäude in Buchholz in Aussicht

Für die Planung der neuen Schule haben die beiden Mütter von zusammen fünf Söhnen eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft gegründet. In ihrer Freizeit haben sie bisher 2400 Arbeitsstunden investiert.

Die Wirtschaftspsychologin Anna Adam und die Wirtschaftsjuristin Cindy Larsen, die beide selbstständig tätig sind, fungieren als Geschäftsführerinnen. Die künftige Schulleitung soll die pädagogische Leitung übernehmen.

Gebäude für neue Oberschule soll gut erreichbar in Buchholz liegen

Für den geplanten Schulstart brauchen sie nicht nur ausreichend Schüler und Lehrkräfte, sondern auch ein passendes Gebäude zur Miete in Buchholz. Das hätten sie auch schon in Aussicht, sagt Cindy Larsen. Gerade laufe die Abstimmung mit den Behörden, dass das Gebäude alle Voraussetzung für den Schulbetrieb erfüllt.

In den kommenden Monaten werden sie ihr Angebot in einigen Grundschulen vorstellen, vor allem in Buchholz, möglicherweise auch in Rotenburg, Lüneburg und Hamburg-Bergedorf.

Weiterführende Montessori Schule Nordheide will im Sommer 2025 mit 15 Kindern starten

Die ersten Bewerbungen von Schülern haben sie bereits erreicht, auch Lehrkräfte haben schon Interesse an der Schule gezeigt. Das sei eine tolle Rückmeldung, meint Anna Adam. „Es ist ja ein großer Schritt für alle, die bereit sind, dieses Abenteuer mit uns zu gehen.“

Nun hoffen sie auf viele weitere Bewerbungen von Kindern und Pädagogen für die weiterführende Schule. Damit im Sommer 2025 die ersten 15 Kinder in der Montessori Schule Nordheide starten können.