Hittfeld/Potsdam. Leichtathletin aus dem Kreis Harburg ist nun Weltklasse im Zweierbob. Wie sich die 26-Jährige beim ersten Start den ersten Sieg holte.
Besser hätte ihre Premiere gar nicht laufen können. Erster Start im Weltcup, erster Sieg im Weltcup: So lautet das Fazit für Leonie Kluwig vom SC Potsdam. Die 26 Jahre alte Anschieberin gewann zusammen mit Pilotin Laura Nolte in Sigulda (Lettland) das Rennen im Zweierbob der Frauen. Für Nolte, die Olympiasiegerin aus Winterberg, war es nach dem Erfolg eine Woche zuvor in Altenberg (mit Anschieberin Deborah Levi) der zweite Sieg der Saison 2024/2025.
Weltcup Zweierbob Frauen: Erster Sieg beim ersten Rennen für Leonie Kluwig
In Sigulda hatte das Duo Nolte/Kluwig den ersten Lauf klar für sich entschieden und rettete im zweiten Durchgang einen Vorsprung von elf Hundertstelsekunden vor der Bestzeit fahrenden Kim Kalicki ins Ziel. Die dritte Deutsche, Lisa Buckwitz, verbesserte sich von Rang sechs auf vier. Schon kurz nach der Zieldurchfahrt rissen Nolte/Kluwig, die die zweitbeste Startzeit hinlegten, jubelnd die Arme nach oben, umarmten sich mehrfach glücklich und ballten die Fäuste.
Die Erfahrung der Olympiasiegerin zeigte sich auch darin, dass Laura Nolte schnell ihre blonde Mähne befreien und den Kameras präsentieren konnte. Leonie Kluwig benötigte etwas länger, bis sie den Riemen des Helms gelöst hatte. Für die 26-Jährige ist dieser Weltcupsieg der vorläufige Höhepunkt einer spektakulären Entwicklung. Leonie Kluwig stammt aus Eckel (Gemeinde Rosengarten) im Landkreis Harburg und hatte als Leichtathletin beim TSV Eintracht Hittfeld begonnen.
Sprinterin Leonie Kluwig: Deutsche Meisterin, 26. Geburtstag und Weltcup-Premiere
Nun ist die junge Frau vom platten Land bei Hamburg in der Weltelite der Bobfahrerinnen angekommen. Es sind aufregende Tage für Leonie Kluwig. Im November gewann die Sportlerin vom SC Potsdam ihren ersten deutschen Meistertitel im Zweierbob, am 30. November wurde sie 26 Jahre jung. Das nächste Highlight war quasi ein verspätetes Geburtstagsgeschenk. Bundestrainer René Spies nominierte die dynamische Anschieberin, die seit einigen Jahren beim SC Potsdam zu Hause ist, nämlich erstmals für ein Weltcuprennen.
„Es läuft überraschend gut mit dem Bob. Dass ich das alles so miterleben darf, ist sehr cool“, sagte Kluwig dem Hamburger Abendblatt. Nach mehreren Trainingsläufen im anspruchsvollen Eiskanal von Sigulda wird sie im Wettkampf am Sonntag den Zweierbob von Laura Nolte auf Geschwindigkeit bringen. „Manchmal kann ich es gar nicht glauben, dass ich mit zwei Olympiasiegerinnen in einem Team bin“, so Kluwig stolz. Zum Team Nolte gehört auch Stamm-Anschieberin Deborah Levi. „Es ist eine große, große Ehre!“
Für Leonie Kluwig ist der erste Weltcupstart im Zweierbob der vorläufige Höhepunkt einer ungewöhnlichen Sportlerkarriere. Im Schnelldurchlauf: Beim TSV Eintracht Hittfeld machte das Sprinttalent früh auf sich aufmerksam. Zur Saison 2018 wechselte sie zum Track & Field-Club Hamburg, begann eine Ausbildung bei der Polizei Hamburg. Die Sprintzeiten wurden besser – ihre 100-Meter-Bestzeit steht bei 11,79 Sekunden – für die Aufnahme in den Bundeskader oder die Sportfördergruppe reicht es aber nicht.
Leichtathletik: Deutsche Meisterin in einer Staffel mit Gina Lückenkemper
Zu allem Überfluss vermasselte Kluwig die Abschlussprüfung. Ein Neuanfang musste her. Der gelang in einem neuen Umfeld in Berlin. Beim SCC Berlin sprintete sie in die erweiterte nationale Spitze, im zweiten Anlauf klappte auch die Polizei-Ausbildung. Nach einem Wettkampf sprach sie eine Bob-Trainerin an, ob sie nicht Lust aufs Anschieben hätte. Erneut wählte sie nicht den geraden Weg: Leonie Kluwig ließ die Anfrage zwei Jahre schleifen, ehe sie der Bruder ihres Leichtathletiktrainers doch für einen Anschubtest begeistern konnte.
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Die richtige Entscheidung: Schon im ersten Winter gewann sie mit Pilotin Maureen Zimmer Silber bei den Junioren-Weltmeisterschaften. Das war im Januar 2023. Mittlerweile trainiert Kluwig beim SC Potsdam unter Bob-Legende Kevin Kuske und Assistentin Ulrike Glöckner und schaffte den Sprung in die Sportfördergruppe der Landespolizei Brandenburg. Das Ziel, was sie als Sprinterin stets verpasst hatte. Auch in der Leichtathletik, im Sommer 2023 nur ihre Zweitsportart, stellte sich Erfolg ein. In einer Staffel mit Glamourgirl Gina Lückenkemper wurde Leonie Kluwig deutsche Meisterin über 4x100 Meter (SCC Berlin).
Deutsche Polizei-Meisterin im Sprint, danach sehr gute Anschub-Ergebnisse
Ganz so steil ging es als Bobfahrerin nicht weiter. Im Winter 2023/2024 blieb es bei vielen Trainingsfahrten und gelegentlichen Einsätzen im Europacup. Doch Leonie Kluwig trainierte hart weiter, legte Gewicht und Muskelmasse zu und war im Herbst 2024 ganz nah dran am deutschen Weltcupteam. Weniger dank der Leichtathletiktitel als deutsche Polizeimeisterin über 100 und 200 Meter, vielmehr mit beeindruckenden Leistungen bei zentralen Leistungstests des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD).
Bei zwei Anschub-Wettbewerben stellten sich etwa 100 Athletinnen und Athleten der Konkurrenz. Im September in Magdeburg stürmte Leonie Kluwig auf den sehr guten fünften Platz. Im Oktober in Oberhof beschleunigte sie den Zweierbob derart gut, dass sie im Gesamtergebnis auf Rang vier landete. Die Belohnung: Bei den deutschen Meisterschaften im November in Winterberg trat Leonie Kluwig im Duo mit Olympiasiegerin Laura Nolte an und krönte sich prompt zur deutschen Meisterin. „Das war schon sehr cool. Aber Weltcup ist next Level. Darauf freue ich mich sehr“, sagte die sympathische Hamburgerin.
Weltcup Sigulda: Leonie Kluwig nimmt den Platz von Deborah Levi ein
Im Bobsport ist es durchaus üblich, von Rennen zu Rennen die Anschieberin zu wechseln. Zum Weltcup-Auftakt in Altenberg setzte Laura Nolte auf Stamm-Anschieberin Deborah Levi. Das Erfolgsduo gewann Gold bei Olympia 2022, WM-Silber 2024 und siegte am ersten Weltcup-Wochenende. In Altenberg landeten mit Lisa Buckwitz und Kim Kalicki zwei weitere deutsche Pilotinnen auf den Rängen zwei und drei.
In Sigulda wird nun Leonie Kluwig den 170 Kilogramm schweren Zweierbob beschleunigen. „Ich werde versuchen, mich zu beweisen“, sagt die 26-Jährige vom SC Potsdam. „Noch hält sich die Aufregung in Grenzen. Wahrscheinlich, weil das alles noch so unrealistisch wirkt und für mich schwer zu greifen ist“, sagte sie zwei Tage vor dem Rennen. „Spätestens am Vorabend wird die Aufregung kommen und Sonntag sehr groß sein. Aber das ist ja auch gut, dann hat man ordentlich Adrenalin“, sagt sie voller Vorfreude.
Zweierbob der Frauen: ZDF überträgt Nolte und Kluwig am Sonntagmorgen
Auch in Sigulda zählen die drei deutschen Frauen-Bobs zum Favoritenkreis. Für Leonie Kluwig wäre es das nächste Highlight, bei der ersten Bewährungschance auf ganz großer Bühne direkt auf dem Siegerpodest stehen zu dürfen. Wie im Weltcup üblich, sind für die Zweierbobs der Frauen zwei Läufe angesetzt: der erste am Sonntag um 9 Uhr (MEZ), der zweite um 10.30 Uhr. Das ZDF wird die Entscheidung ab etwa 11 Uhr live im Hauptprogramm übertragen.