Bendestorf. Serie: Im großen „Freibad-Test“ stellen wir Möglichkeiten für Badespaß im Hamburger Süden vor. Heute: das Bendestorfer Freibad
In den Urlaub fahren müssen Jörg Ramm und seine Frau Elke eigentlich seit 31 Jahren nicht mehr. Seitdem sie in Bendestorf leben, haben sie nämlich das Urlaubsgefühl direkt vor der Haustür. Nur wenige Schritte sind es zum gemeindeeigenen Freibad. Und dieses hat für die meisten Menschen, die hier zuhause sind, so etwas wie Privatcharakter.
„Es ist unser kleines Familienbad“, sagt Jörg Ramm, der morgens vor dem Frühstück in Bademantel und Latschen zum Pool rübergeht, um im 25 Meter-Becken seine Bahnen zu ziehen. Seit Mitte der 1950er Jahre gibt es das Bendestorfer Freibad, damals noch aus den dortigen Quellen gespeist. Mitte der 1970er Jahre wurde es umgebaut. Nachdem eine Initiative gescheitert war, mit der Gemeinde Jesteburg „zwischen den Orten“ ein gemeinsames Bad zu bauen, wurde ein eigenes neues gebaut und 1976 feierlich eröffnet.
Charme der 1970er Jahre hat sich im Bendestorfer Bad bis heute erhalten
Der Charme der 1970er Jahre mit seinen Waschbetonplatten rund um den Pool und dem flachen Eingangsgebäude hat sich bis heute erhalten. Vieles andere aber wurde im Laufe der Zeit immer wieder modernisiert. Doch wer das Freibad aus Kindertagen kennt, weiß, dass die Atmosphäre damals wie heute eine ganz besondere geblieben ist. Gediegen, überschaubar, familiär. Hier ticken die Uhren langsamer.
Morgens kommen die Frühschwimmer in ihren Bademänteln, am späten Vormittag die ersten Mütter und Väter mit ihren Kindern, die Jugendliche aus der Umgebung mit ihren Rädern und die Großeltern mit den Enkeln. Viele kennen sich, man grüßt freundlich. Selbst an heißen Tagen findet jeder Badegast auf der rund 10.000 Quadratmeter großen Liegewiese, umgeben von gewaltigen alten Eichen und prächtigen Villen, seinen Platz. Im Schatten der Bäume oder unter einem der roten Sonnenschirme lässt sich gut ein ganzer Sommertag verbringen. Wer es bequemer mag, wählt eine der vielen weißen Sonnenliegen samt Schirm. Diese stehen den Badegästen kostenlos zur Verfügung. Badezubehör wie Schwimmflügel und Poolmatten werden gratis ausgeliehen, ebenso die kanarischen Sonnenliegen in dunkelblau, die sich in erster Reihe direkt am Pool befinden. Wer dort sein Handtuch parkt, genießt beste Aussicht aufs Freibadtreiben samt Sonnenschirm und Beistelltisch fürs Kaltgetränk.
Hektik, Handy, Halligalli haben hier nichts verloren
Hektik, Handy, Halligalli haben hier nichts verloren. „Hier gibt’s kein Wlan, wir reden miteinander“, prangt als Spruch auf der Tafel am Eingang des Bades. Der Luxus liegt in der Reduktion auf das Wesentliche: auf das Schwimmen, Planschen, Spielen im kühlen Nass. Dafür stehen den Besuchern zwei Becken zur Verfügung, ein großes – 25 Meter lang und 12,5 Meter breit und durchgehend 1,35 Meter tief – mit sechs Bahnen und kleiner Wasserrutsche und ein kleines Becken, zwischen 30 und 50 Zentimeter tief, zum Planschen für die Jüngsten. Diese finden auf der großen Wiese auch Spielgeräte wie Schaukeln, Wippe und Sandkiste. Für die Älteren gibt es eine Tischtennisplatte und ein Volleyballfeld. Vor dem Schwimmbadeingang gibt es ein Kneippbecken, das durch eine Quelle gespeist wird und auch von Nicht-Badegästen genutzt werden kann. Wer also nur auf der Durchreise durch Bendestorf ist und seinen Kreislauf in Schwung bringen möchte, kann kurz und kostenlos zum Wassertreten vorbeischauen.
Herr des Hauses ist Alexander Schöppe, den alle hier nur Alex nennen. 50 Jahre ist er alt, hat sein halbes Leben am Beckenrand verbracht, erst in Buchholz, dann in Hanstedt und nun ist er hier. Anfang des Jahres hat er die Aufgabe von seinem Vorgänger Lothar Fox übernommen. Dieser war 40 Jahre das Herz des Freibads. Ein Unikat, den jeder im Ort und weit darüber hinaus kannte. „Lothar hat dem halben Landkreis das Schwimmen beigebracht“, bringt es ein Badegast auf den Punkt. Und er konnte Geschichten erzählen von damals, als in den Bendestorfer Filmstudios unweit des Freibads noch Größen wie Uschi Glas, Roy Black und Rudi Carell vor der Kamera standen. Viele Schauspieler nutzten die Gelegenheit, nach Drehschluss ins kühle Nass abzutauchen.
Glamour und Prominenz
Die Zeiten, in denen Glamour und Prominenz den Ort und sein Freibad schmückten, sind lange vorbei. Geblieben aber ist die Diskretion. Man ist höflich hier, zuvorkommend, dankbar. „Wenn die Gäste nach einem langen Freibadtag nach Hause gehen, bedanken sie sich stets für den schönen Tag bei mir“, sagt Badleiter Alex Schöppe. „So etwas habe ich in all meinen Dienstjahren nicht erlebt.“
Damit das so bleibt, tun Schöppe und sein Mitstreiter Sven Koop alles dafür, dass sich die Gäste wohlfühlen. Sie haben die Beete rund um den Pool mit roten Geranien und gelben Tagetes bepflanzt. Sie sorgen für eine optimale Wasserqualität, die dank moderner Filterplatten im Bad ohne großen Einsatz von Chemie aufrechterhalten werden kann. Auch bei der Wassertemperatur von angenehmen 23 Grad wird auf Sparsamkeit und Nachhaltigkeit geachtet. Auf dem Dach des Eingangsgebäudes ist eine Solarthermieanlage installiert. „Wasser fließt durch die dort ausgelegten Schläuche, wird durch Sonnenenergie erwärmt und anschließend zurück in den Pool geleitet“, erklärt Alex Schöppe. „Und wenn es nachts zu kalt wird, decken wir den Pool mit zwei großen Planen ab. Beides senkt die Energiekosten erheblich, so dass nur noch an wenigen Tagen zusätzlich mit Gas beheizt werden muss.“
Pommes Rot-Weiß und Naschis für die bunte Tüte
Was Schöppe und Koop besonders am Herzen liegt, ist die Nähe zu den Badegästen. Für jeden haben die beiden ein freundliches Wort parat, selbst in den Stoßzeiten am Nachmittag ist Zeit für einen kurzen Plausch. Auch dann, wenn bei Koop die Besucher Schlange stehen. In seinem Kiosk bietet er geriffelte Pommes Rot-Weiß an, die gemütlich an einem der Tische verspeist werden können, es gibt Eis, saure Drops und allerhand Naschis für die bunte Tüte. Es sind eigene Kindheitserinnerungen, die Koop mit vielen seiner Kunden teilt.
Denn nicht wenige von ihnen haben schon als Kinder und Jugendliche hier gebadet, vor dreißig, vierzig, fünfzig Jahren. Jetzt bringen sie ihre Kinder und Enkelkinder hierher, die in einem Crashkurs für Nichtschwimmer innerhalb von vier Wochen das Schwimmen lernen können. „Nach einem Monat kann hier jeder schwimmen“, sagt Alex Schöppe. Einer seiner Schüler ist Nik Johan. Er ist sieben, kommt aus dem Ort und ist so oft wie möglich mit seinen Geschwistern im Bad. „Wir nennen es unseren Privatpool“, sagt seine zehn Jahre ältere Schwester Ida.
Der „Privatpool“ der Bendestorfer
Der „Privatpool“ der Bendestorfer hat viele Stammgäste. Diese können sich zu Saisonbeginn eine Jahreskarte kaufen und für 70 Euro den ganzen Sommer über so oft zum Schwimmen kommen, wie sie möchten. Tagesgäste zahlen aktuell vier Euro, Kinder 1,50 Euro. „Im Zuge der Energiekrise haben die Bäder in diesem Jahr ihren Eintrittspreis von 3,50 Euro auf vier erhöht“, erklärt Badleiter Schöppe. Und dennoch ist das Freibad ein Minusgeschäft für die Gemeinde. Um den Badespaß in Bendestorf zu erhalten, wurde 2004 der Förderverein Bendestorf Freibad gegründet, der Jahr für Jahr eine fünfstellige Summe zusteuert. Im vergangenen Jahr waren es 22.000 Euro, in diesem Jahr sind es rund 12.000 Euro. Der Verein hat 180 Mitglieder, die jährlich pro Person zwischen 30 und 500 Euro einzahlen.
Die Saison endet in der Regel am 15. September. „Sollte es aber vorher schon zu kalt werden, machen wir früher zu“, sagt Alex Schöppe. „Sonst wird es zu teuer.“ Doch an das Abbaden will Badleiter Schöppe jetzt, mitten im Hochsommer, noch gar nicht denken. Schließlich macht ihm die Arbeit in Bendestorf richtig viel Spaß. Und genau das spüren alle, die hier baden gehen.
Die Freibadsaison in Bendestorf erstreckt sich in diesem Jahr bis zum 15. September. In dieser Zeit ist das Freibad am Wochenende von neun bis 20 Uhr geöffnet. Unter der Woche können Besucher am Dienstag und Mittwoch von sieben bis 20 Uhr, am Donnerstag und Freitag von acht bis 20 Uhr ins Freibad. Montags ist das Bad geschlossen.
Eintritt: Erwachsene zahlen vier Euro für eine Tageskarte, Kinder und Jugendliche, Auszubildende und Studierende sowie FSJler, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger sind mit 1,50 Euro dabei. Familienkarten für das ganze Jahr gibt es für Familien mit mindestens einer Person unter 18 Jahren für 105 Euro. Alleinerziehende zahlen für eine Jahreskarte 70 Euro.
Der Schwimmkurs richtet sich an Kinder ab sechs Jahre und geht über 16 Tage à 30 Minuten. Kosten: 80 Euro.
Mit dem Auto erreicht man das Bendestorfer Freibad an der kleinen Straße Im Brook 5 zum Beispiel von der A1, Abfahrt Hittfeld über die L 213 (Helmstorfer Straße/Jesteburger Chaussee), links in die Kleckerwaldstraße. Das Schwimmbad befindet sich gleich hinter dem Edeka-Markt.
Vom Bahnhof Hittfeld aus fährt der Bus der Linie 4148 bis direkt vor das Freibad, vom Bahnhof Buchholz ist die Linie 4208 in 24 Minuten am Bad.