Hanstedt/Jesteburg. Marketingagentur kritisiert Schließung von Tourist-Infos trotz aktueller Rekordzahlen. Doch ganz so einfach ist die Lage wohl nicht.
Mit deutlicher Kritik an einigen Gemeinden im Landkreis Harburg sorgte die Lüneburger Heide GmbH zu Wochenbeginn für Aufsehen. Geschäftsführer Ulrich von dem Bruch monierte stellenweise die zu geringe touristische Betreuung – und nannte als negative Beispiele Buchholz, Jesteburg und Egestorf. Vor allem in der Samtgemeinde Hanstedt, zu der auch Egestorf gehört, sieht man das komplett anders.
Bürgermeister kontert Marketingchef: „In Hanstedt ist genau das Gegenteil der Fall“
„Gerade vom Chef einer Marketinggesellschaft erwarte ich, dass er sich in der Region besser auskennt“, sagte Olaf Muus, Bürgermeister der Samtgemeinde Hanstedt, dem Abendblatt. „Herr von dem Bruch kann gern Kritik an einzelnen Gemeinden äußern. In der Samtgemeinde Hanstedt ist aber genau das Gegenteil der Fall.“ Hier gebe man eher mehr Gas als weniger.
Um den Tourismus in den Heideorten rund um Hanstedt besser zu fördern, habe man eine zusätzliche Stelle geschaffen, berichtet Muus. Antonia Güldner ist seit Anfang 2023 die Tourismus-Koordinatorin. Sie betreut unter anderem die Tourist-Informationen in Undeloh, Egestorf und Hanstedt, arbeitet eng mit Leader-Region und Naturpark zusammen und entwickelt neue Ideen für Heideschleifen am Heidschnuckenweg – nur einige Beispiele.
Olaf Muus: „Wir sollten lieber miteinander reden als übereinander“
„Die Aussagen von Ulrich von dem Bruch konterkarieren die Politik von Samtgemeinde und Gemeinde. Es ist uns bewusst, dass der Tourismus ein wichtiger Faktor ist, und wir handeln auch danach“, so Olaf Muus. Allein die Gemeinde Undeloh lasse sich die ortsansässige Touris-Info 50.000 Euro pro Jahr kosten. „Wir sollten lieber miteinander reden als übereinander. Wenn Herr von dem Bruch Gesprächsbedarf sieht, sollte er die Hauptverwaltungsbeamten einladen. Ich glaube nicht, dass sich jemand dem Gespräch verweigern würde.“
Besonders hart traf den Samtgemeinde-Bürgermeister eine Aussage im Kreis-Ausschuss. Angesichts der aus seiner Sicht nicht optimalen Urlauber-Betreuung in Teilen des Kreises Harburg hatte Ulrich von dem Bruch gesagt: „Da fahre ich doch lieber nach Bispingen als nach Hanstedt, wenn ich dort besser betreut werde.“
Olaf Muus betont die gute Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Gemeinden in unterschiedlichen Landkreisen (Heidekreis und Harburg). „Bispingen und Hanstedt ergänzen sich, sind zum Teil Kooperationspartner und setzen Projekt gemeinsam um.“ Eine Konkurrenzsituation sieht der Bürgermeister aus Hanstedt nicht.
In Egestorf informieren sich Touristen in einem schmucken Fachwerkhaus
Der ehrenamtlich geführte Verkehrsverein Egestorf hat sich vor Jahren aufgelöst, das ist richtig. Andererseits gibt es in Egestorf unverändert die Möglichkeit für Gäste der Lüneburger Heide und des Barfußparks, sich umfassend zu informieren. Die Tourist-Information ist stilecht in einem Fachwerkhaus, dem „Dresslers Hus“ (Im Sande 1), untergebracht.
In den Sommermonaten gibt Mitarbeiterin Anja Wünnecke an vier Stunden pro Tag Tipps, Anregungen und Infomaterial aus, seit Anfang Oktober ist das montags bis freitags jeweils zwei Stunden der Fall. Die Beratung umfasst das gesamte Angebot, das man von einer Touri-Info erwartet, etwa Vermittlung von Unterkünften, Wander- und Fahrradtouren, Kartenmaterial, Kutschfahrten und Ausflugsziele in der Umgebung.
Individuelle Beratung in Egestorf kommt an: „Wir werden gut frequentiert“
„Wir werden gut frequentiert“, so die Gemeinde-Mitarbeiterin. Ihre Arbeit habe sich ein Stück weit verändert, da die meisten Gäste ihre Unterkunft längst im Internet gebucht hätten. Vor Ort ist dann vor allem Erfahrung gefragt, wenn es um individuelle Urlaubsgestaltung geht. „Neulich rief jemand an und suchte eine Ferienwohnung für drei Personen ohne Teppich“, nennt Anja Wünnecke ein Beispiel.
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Weiter nach Jesteburg: Die Lisa-Kate in der Ortsmitte war jahrelang Anlaufpunkt für Besucherinnen und Besucher. Diese Touristinfo der Gemeinde Jesteburg wurde 2019 geschlossen. Nach Übernahme durch die Samtgemeinde gab es dort von 2021 bis 2023 einen Infopoint für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Touristinnen und Touristen.
Lisa Kate war der Klassiker, seit Jahresanfang keine Touriinfo in Jesmmm
Touristische Informationen waren nur einer von vielen Aspekten. „Aufgrund personeller Engpässe konnte der Info-Point nicht mehr verlässlich besetzt werden. Daher fiel 2023 schweren Herzens die Entscheidung, den Info-Point ganz zu schließen“, teilte ein Samtgemeinde-Sprecher auf Abendblatt-Anfrage mit. Seit einigen Monaten herrscht neues Leben in der alten Lisa-Kate.
Seit mindestens zehn Monaten gibt es in Jesteburg keine Anlaufstelle für Touristen mehr. Der Bürger-Service wird heutzutage in den Verwaltungsgebäuden am Niedersachsenplatz angeboten. Wie sieht der Blick in die Zukunft aus? „Aufgrund der Vielzahl an anderen Herausforderungen und Pflichtaufgaben gibt es seitens der Verwaltung derzeit keine Planungen für eine neue klassische Tourist-Information“, heißt es aus dem Jesteburger Rathaus.
Verein „Buchholz Marketing e.V.“ löst sich zum Jahresende 2024 auf
Er existierte seit 2014. Vor wenigen Tagen haben die Mitglieder des Vereins „Buchholz Marketing e.V.“ einstimmig seine Auflösung beschlossen. Offiziell soll das Aus zum Jahresende 2024 vollzogen werden. Schon in diesen Tagen ist die Buchholzer Touristeninfo telefonisch nicht erreichbar. Krankheitsbedingt sei das Büro vom 30. Oktober bis einschließlich Freitag, 8. November, geschlossen. „Wir werden das Stadtmarketing neu aufstellen“, sagte Stadtsprecher Oliver Sander.
Die Stadtverwaltung möchte ein Vakuum vermeiden und erarbeitet derzeit ein Konzept, möglichst zum Jahresbeginn 2025 mit neuen Personen und neuen Ideen an den Start gehen zu können. Nach Einschätzung von Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse müsse der Schwerpunkt der Stadtmarketing-Aktivitäten der Belebung der Innenstadt und des stationären Handels gelten.
Stadtmarketing Buchholz: Auch Betonung der wunderschönen Natur
Gleichzeitig möchte er die weiteren Highlights, die Buchholz zu bieten hat, stärker in den Fokus rücken. Dazu gehört für Röhse auch die wunderschöne Natur, wozu – nicht umsonst heißt es Buchholz in der Nordheide – natürlich die Ausläufer der Lüneburger Heide gehören.