Jesteburg. „Schatzis“ in Jesteburg: Kultwirtin Nicole Prinz bringt die alte Lisa-Kate wieder auf Zack und damit neues Leben in den Ortskern.

Jesteburgs Gastroszene war schon immer für Überraschungen gut: Ein Café, in dem Schuhe verkauft werden, ein anderes, das gleichzeitig Buchladen und Veranstaltungslocation ist. Eine Eisdiele, in der ein Texaner amerikanischen Cheese-Cake anbietet.

Und nun das: Mitten in der guten Stube des Ortes, am Spethmannplatz, hat in der Lisa-Kate, einem schmucken Fachwerkbau, die vermutlich winzigste und womöglich witzigste Kneipe Norddeutschlands eröffnet: Schatzis kleine Bar.

Gebürtige Hamburgerin hat sich mit der Bar in Jesteburg Lebenstraum erfüllt

Schatzi, das ist Wirtin Nicole Prinz, vormals Hansen. Und sie strahlt vor Glück. Die gebürtige Hamburgerin hat sich mit der Bar einen Lebenstraum erfüllt. Damit scheint die Geschichte um die Lisa-Kate nach vielen komplizierten, sehr Jesteburg-typischen Wendungen doch noch ein glückliches Ende zu finden.

Scahtzis in der Lisa Kate Jesteburg
„Gemütlich hier“, findet Susanne Dinter, Inhaberin der Jesteburger Malschule. © HA | nanette franke

Schon lange vor der Jahrtausendwende war der Spethmannplatz im Dorf ein beliebter Treffpunkt. Denn dort stand ein Kiosk, der zwar gut lief, aber nicht gut aussah. Obwohl die meisten Bürger dagegen protestierten, rollten im Jahr 2000 die Bagger an.

Von 2001 bis 2007 betrieb die Gemeinde im Häuschen eine Tourist-Info

Anstelle des optischen Schandflecks baute die Gemeinde für 350.000 Euro ein Fachwerkhäuschen: vorne Kiosk, hinten Tourist-Info plus öffentliche Bedürfnisanstalt. Von 2001 bis 2007 betrieb die Gemeinde Jesteburg in dem Häuschen eine Tourist-Info, die dann in die Kreissparkasse umzog.

Scahtzis in der Lisa Kate Jesteburg
Unübersehbar: Hier, in die Lisa-Kate an Jesteburgs Hauptstraße, ist wieder neues Leben eingekehrt. © HA | nanette franke

2004 übernahm Nicole Hansen den Kiosk. Sie machte das Büdchen, an dem es nicht nur Zeitungen und Zeitschriften, sondern auch Getränke und Snacks gab, zum Kult. Und klar: Bei Bedarf und wenn die Gemeinde-Mitarbeiterinnen von der Infostelle nicht da waren, stand die Powerfrau auch Ortsfremden mit Rat und Tat zur Seite.

Was folgte, war der lange Leerstand der teuren Immobilie

Doch achteinhalb Jahre von 6 Uhr morgens bis 19 Uhr abends bereit zu stehen, hinterließ Spuren bei Hansen, die inzwischen Mutter eines kleinen Mädchens geworden war. Sie kündigte 2014 den Pachtvertrag. Eine neue Pächterin übernahm die Lisa-Kate, doch die klagte bald über Diebstahl und Vandalismus und verließ bald wieder ihre Wirkungsstätte.  

Lisa-Kate in Jesteburg
Fröhliches Wiedersehen: Nicole Prinz begrüßt einen früheren Stammkunden. Ex-Busfahrer Otto Junker hatte sich in ihrem Kiosk immer mit Zeitungen eingedeckt. Junkers Begleitung Anke Grabow gefällt es in der neuen Bar. © HA | nanette franke

Im Jahr 2016 hieß es dann: Zurück in die Zukunft. Erneut zog die Tourismus-Info in die Lisa-Kate, erwirtschaftete ein dickes Defizit und wurde 2019 ganz aufgegeben. Was folgte, war der lange Leerstand der teuren Immobilie. 2021 übernahm die Samtgemeinde Jesteburg die Kate von der Gemeinde, um darin einen Info-Point einzurichten. Im Jahr 2022 wurde dieser Info-Point mit viel Tamtam eröffnet. Doch stellte die Samtgemeindeverwaltung bald darauf fest, dass sie gar nicht über genug Personal verfügte, um diese Auskunftsstelle für Bürger wirklich zu betreiben.

Lisa-Kate in Jesteburg
Willkommene Hilfe: Jürgen Prinz, Nicoles Ehemann, schenkt bei der Eröffnungsfeier fünf verschiedene Biersorten aus. © HA | nanette franke

Seither wurde ein neuer Pächter für das Fachwerk-Idyll gesucht. Und nun ist sie wieder da: Schatzi Nicole. Mit Nachnamen heißt die patente Frau jetzt Prinz. Doch ihr Elan ist derselbe geblieben. Mit bunten Farben, selbstgemalten Graffitis und eindrucksvollen Tierportraits an den Wänden hat sie dem Kiosk ein neues Gesicht gegeben. Die Idee, auf 25 Quadratmetern eine Bar einzurichten, ist zugegebenermaßen gewagt.

Hier passen, wie Nicole verspricht, tatsächlich 30 Leute rein

Doch die Eröffnungsveranstaltung am Wochenende zeigte: Hier passen, wie Nicole verspricht, tatsächlich 30 Leute rein. Stehend natürlich. Mehr Platz ist auf den Sitzgelegenheiten draußen, die im Sommer um weiteres Mobiliar ergänzt werden sollen. Im Angebot der Bar: fünf Sorten Bier, davon zwei vom Fass, diverse Cocktails und Longdrinks, außerdem Kaffeespezialitäten aus der Siebträger-Maschine.

Lisa-Kate in Jesteburg
Dreimal Nicole: Nicole Döffinger aus Harsefeld (l.) und Nicole Jaster aus Elstorf (r.) finden das Engagement von Nicole Prinz „bewundernswert“. © HA | nanette franke

Außerdem Infos über Jesteburg, wo Nicole Prinz seit 2001 lebt, dazu Zimmervermittlung, Eintrittskarten, Rat und Tat. Alles wie gehabt. Und wie von den Dorfbewohnern geliebt. Auch die Toiletten hinter dem Haus gehören zu Nicoles Zuständigkeitsbereich.

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Einer, der sich besonders über Nicoles Rückkehr freut, ist Otto Junker. Früher war der ehemalige Busfahrer von der Haltestelle an der Hauptstraße regelmäßig zum Kiosk hinübergelaufen, um sich eine Zeitung zu kaufen. Am Eröffnungstag genießt er nun zusammen mit Anke Grabow ganz in Ruhe einen Capuccino in dem feinen Fachwerkhäuschen.

Lisa-Kate in Jesteburg
Künstlerisch: Diesen Schafsbock hat Nicole Prinz selbst gemalt. © HA | nanette franke

„Das hat Schatzi gut hingekriegt“, so sein Urteil. Und die 53-Jährige Wirtin ist noch längst nicht am Ende mit ihrem Ideenfeuerwerk: mittwochs, am Jesteburger Markttag, soll es ab 13 Uhr in der Lisa-Kate künftig Wurst vom Grill geben, und am Donnerstag das Feierabendbier günstiger. Die Öffnungszeiten der kleinen Bar mit der großherzigen Wirtin: Mittwoch, 13-22 Uhr, Donnerstag, Freitag, Sonnabend und Sonntag, 16.30 – 22 Uhr.