Stade. Entsetzen im Landkreis Stade nach tätlichem Angriff auf DRK-Mitarbeiter. Aggressive Patientin und Lebensgefährte sind keine Unbekannten.

Bei einem Einsatz in Stade-Bützfleth ist eine Notfallsanitäterin des Rettungsdienstes ist von einer Patientin angegriffen und verletzt worden. Die Vorkommnisse lösen Entsetzen beim Landkreis Stade und beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) aus. Der Vorfall, der sich bereits am Dienstag vergangener Woche ereignete, wurde erst am Freitag durch den Landkreis Stade bekannt gemacht.

Stade: Aggressive Patientin prügelt Notfall-Sanitäterin ins Krankenhaus

Nach Angaben der Kreisverwaltung sei die Sanitäterin von einer 20-jährigen Patientin angegriffen worden, als sie dieser bei der Behandlung von offenen Wunden helfen wollte. Die Sanitäterin habe dabei so schwere Verletzungen erlitten, dass sie im Krankenhaus behandelt werden musste und für mehrere Tage krankgeschrieben wurde.

Inzwischen hat auch Polizei Stade eine Stellungnahme abgegeben. Demnach habe sich Folgendes zugetragen: Am frühen Dienstagmorgen gegen 6.40 Uhr ging ein Notruf bei der Leitstelle ein, dass sich am Obstmarschenweg in Stade-Bützfleth ein Fenstersturz ereignet habe. Sofort machten sich eine Rettungswagenbesatzung und ein Notarzt-Team auf den Weg.

Notruf bei Leitstelle: Fenstersturz am Obstmarschenweg in Stade-Bützfleth

Auf der Straße trafen die Einsatzkräfte auf eine verwirrende Szenerie. Von einem Fenstersturz war jedenfalls keine Spur. Stattdessen fanden die Mitarbeiter eine 20-jährige Frau mit Verletzungen an den Armen vor, begleitet von ihrem 35 Jahre alten Freund. Die Sanitäter begannen umgehend mit der Versorgung der jungen Frau im Rettungswagen. 

Schnell sei die Situation eskaliert, berichtet die Polizei. Der Begleiter der Verletzten, sichtlich alkoholisiert, hätte lautstark zu pöbeln begonnen. „Sie hat keine Fragen zu beantworten!“, habe er nach Polizeiangaben gerufen, obwohl die Sanitäter nur nach den Verletzungen fragten. Die Anspannung sei greifbar gewesen.

Auch der Lebensgefährte der Patientin geht auf die Einsatzkräfte los

Plötzlich wendete sich das Blatt. Die 20-Jährige, gerade noch Patientin, wurde zur Angreiferin. Unvermittelt schlug sie auf eine 47 Jahre alte Sanitäterin ein. Nur durch das beherzte Eingreifen der weiteren Rettungsdienstmitarbeiter hätte Schlimmeres verhindert werden können, schreibt die Polizei, die schließlich vom Notarzt alarmiert worden sei.

Deeskalationstraining für Rettungskräfte
Gewalt gegen Einsatzkräfte hat nach Aussage vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) im Laufe der Jahre zugenommen. Der Verband bietet deshalb ein Deeskalationstraining für Rettungskräfte an. © picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Die Beamten trafen um 7 Uhr in einer aufgeheizten Atmosphäre in Bützfleth ein. Der 35-Jährige, dessen Alkoholtest später 1,6 Promille ergeben habe, musste von den Polizisten zurückgehalten werden. Die junge Frau wurde nicht auf eine Alkoholisierung untersucht. Eben diese Patientin, mittlerweile völlig außer sich, spuckte, trat und beleidigte alle Anwesenden. Der Notarzt hätte daraufhin entscheiden, sie von einem Psychiater untersuchen zu lassen. Unter Polizeibegleitung wurde die verletzte Frau in das Elbe-Klinikum nach Stade gebracht.

Auch eine ältere Frau wird von der aggressiven jungen Frau verletzt

Während des turbulenten Einsatzes meldete sich eine weitere Person: Eine 60-jährige Frau gab an, von der 20-Jährigen vor dem Rettungsdiensteinsatz geschubst und verletzt worden zu sein. Der Grund gemäß ihrer Aussage: Sie hatte die junge Frau im Dunkeln auf ihrem Grundstück herumlaufen sehen und versucht, sie zur Rede zu stellen. Auch die 60-Jährige musste mit Verletzungen an den Handgelenken in eine Klinik gebracht werden.

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Im Krankenhaus beruhigte sich die Lage immerhin. Der Psychiater sah keine Veranlassung für eine Einweisung in die Psychiatrie. Die junge Frau konnte das Krankenhaus im Laufe des Tages verlassen. Die Polizei ermittelt nun sowohl gegen die 20-Jährige als auch gegen ihren 35-jährigen Begleiter. Die Vorwürfe: Beleidigung, Bedrohung und tätlicher Angriffe auf Einsatzkräfte.

Aufruhr am Krankenwagen: Patientin und Begleiter sind keine Unbekannten

Ein Blick in die Polizeiakten zeigt: Es war nicht der erste Vorfall dieser Art. Die junge Frau ist den Beamten bereits durch ähnliche Vorfälle bekannt, auch ihr Begleiter ist kein unbeschriebenes Blatt. Was genau die beiden zu dieser frühen Morgenstunde im Obstmarschenweg zu suchen hatten, bleibt unklar. Fest steht: Weder die junge Frau noch ihr Begleiter wohnen in der Nähe.

Stades Landrat Kai Seefried (CDU) verurteilte den Angriff: „Dieser Angriff ist beschämend. Unsere Einsatzkräfte stehen ein für unseren demokratischen Rechtsstaat. Wer Einsatzkräfte angreift, der greift diesen Staat an.“

Landrat und DRK-Präsident: „Null Toleranz bei Gewalt gegen Einsatzkräfte“

Michael Roesberg, Präsident des DRK-Kreisverbandes im Landkreis Stade, betonte: „Helfende Hände schlägt man nicht. Unsere Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter rücken aus, um Verletzte oder Verwundete zu versorgen. Sie leisten einen wichtigen Dienst für unsere Gesellschaft.“ Landrat und DRK-Präsident forderten: „Null Toleranz bei Gewalt gegen Einsatzkräfte!“ Die Ermittlungen der Polizei laufen weiter, während die Sanitäterin, die bei dem Angriff verletzt wurde, für mehrere Tage krankgeschrieben ist.