Landkreis Harburg/Hannover. Weniger Beschäftigte, mehr Pflegefälle. Vor allem in ländlichen Regionen droht Notstand. Studie: Ausbau der Kapazitäten kaum machbar.

Die Lage ist ohnehin schon angespannt, doch das Ausscheiden der Baby-Boomer-Generation verschärft nach Berechnungen der Krankenkasse DAK die Situation der beruflichen Pflege in Niedersachsen massiv. Neben erheblichen Finanzierungslücken in der Pflegeversicherung bedrohe die steigende Personalnot zunehmend die Versorgung pflegebedürftiger Menschen, teilte die Krankenkasse am Mittwoch in Hannover mit. Angesichts fehlenden Personals und komplexer werdenden bürokratischen Anforderungen hatten unter anderem im Landkreis Harburg zuletzt bereits einige Einrichtungen schließen oder Insolvenz anmelden müssen.

Die demografischen Erkenntnisse stammen aus dem aktuellen Landespflegereport der DAK, für den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem die Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf das Pflegesystem untersucht hätten.

In Niedersachsen muss fast jede vierte Pflegekraft ersetzt werden

Den Ergebnissen zufolge könne perspektivisch im besten Fall ausscheidendes Pflegepersonal ersetzt werden. Ein Personal- und Strukturaufbau, um den demografischen Wandel abzufedern, sei hingegen nicht möglich. „Wir haben trotz guter Ausbildungszahlen keinen Puffer gegen die berufsdemografischen Dynamiken in der Pflege“, sagte DAK-Pflegeexperte Thomas Klie. Im gesamten Bundesland müssten in den nächsten zehn Jahren 22,1 Prozent vom Pflegepersonal ersetzt werden, 0,2 Prozentpunkte mehr als im Bundesdurchschnitt (21,9 Prozent).

2023 gab es laut DAK annähernd 110.000 professionell Pflegende in Niedersachsen. Rund 24.000 von ihnen erreichen in den nächsten zehn Jahren das Renteneintrittsalter. Vor dem Hintergrund einer kontinuierlich wachsenden Zahl pflegebedürftiger Menschen müssten die ausscheidenden Arbeitskräfte nicht nur ersetzt, sondern zusätzlich auch weitere Kräfte gewonnen werden. Auch dieses Problem wird sich mit der älter werdenden Baby-Boomer-Generation verschärfen.

Kasse: Ausbau der Personalkapazitäten in der Pflege wird nicht gelingen

Die Krankenkasse kommt jedoch zu dem Schluss: Ein Ausbau der Personalkapazitäten in der Pflege werde nicht gelingen. Wiedereinsteigerprogramme, Zuwanderung und Qualifizierungsstrategien könnten die Lage höchstens stabil halten. Doch: Nötig wäre eine deutliche Steigerung der Personalzahl in pflegenden Betrieben. (mit epd)

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„Wir stehen in Niedersachsen vor einer großen Herausforderung beim Personalbedarf an Pflegekräften“, sagte DAK-Landeschef Dirk Vennekold. Es brauche eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung, um die Pflege mit neuen Versorgungskonzepten zukunftsfähig zu machen. Die DAK-Gesundheit ist nach eigenen Angaben mit gut 5,5 Millionen Versicherten, davon rund 530.000 in Niedersachsen, die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands