Oberhaverbeck. Apartments in luftiger Höhe haben sogar Fußbodenheizung. Bald kommen Tiny Houses dazu. was eine Nacht mit Ausblick in die Natur kostet.

In der Lüneburger Heide können Touristen und Ausflügler jetzt Urlaub und Übernachtungen in Baumhäusern buchen. Das spektakuläre Resort hat eine außergewöhnliche Entstehungsgeschichte.

Heide-Ort Oberhaverbeck: Areal für Camper war geplant

Zuerst wollte Landwirt Hans-Peter Bockelmann auf seinem weitläufigen Gelände im kleinen Heide-Örtchen Oberhaverbeck ein Areal für Camper einrichten. Dies wurde im Naturschutzgebiet nicht genehmigt. Dann kam der 44-Jährige auf die Idee mit den Baumhäusern. Das worde genehmigt. Er legte los. 

Bockelmann in einem seiner vier Baumhäuser.
Bockelmann in einem seiner vier Baumhäuser. © dpa | Philipp Schulze

Nun hat ein Unternehmen vom Tegernsee vier hochwertige Häuschen mit Namen wie „Eulennest“ und „Eichenkrone“ für gut eine Million Euro in steinalte Bäume gebaut, der Zuschuss aus EU- und Landesmitteln betrug fast ein Viertel. Bockelmann ist stolz auf die hochwertigen Wohnungen in luftiger Höhe mit Küche, Fußbodenheizung und Mini-Öfen. Für kein einziges Touristenquartier seien Äste abgesägt worden. Kinder können an Seilen hinaufklettern.

Sauen in der Sonne, damit Gäste einen Eindruck vom Urlaub auf dem Bauernhof bekommen 

Aber: Sein Herz als Landwirt blutet. „Der Hof ist seit 1582 in Familienhand, es war immer ein landwirtschaftlicher Betrieb“, sagt er. Vor 17 Jahren übernahm er den Betrieb von seinem Vater, der inzwischen für das große Hofcafé verantwortlich ist. „Es gab einen Wandel, als vor drei Jahren das Insektenschutzgesetz kam, wonach im Naturschutzgebiet keine Insektizide und Herbizide mehr verwendet werden dürfen“, erklärt Bockelmann. Damit sei ihm die Existenzgrundlage entzogen worden. 

Ein Kind rutsch am Baumhaus eine Stange hinunter.
Ein Kind rutsch am Baumhaus eine Stange hinunter. © dpa | Philipp Schulze

Kartoffeln dürfe er im Naturschutzgebiet aktuell nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung anbauen, wie lange noch, weiß er nicht. Auf Bio umsteigen will er nicht, das sei in seiner Situation so gut wie wirtschaftlicher Ruin, sagt er. Auch den Schweinestall riss er ab, in der Spitze gab es einmal 2.000 Tiere - das geht auch nicht mehr. „Das tut weh“, betont er. Nun suhlen sich nur noch vereinzelte Sauen in der Sonne, damit die jungen Gäste einen Eindruck vom Urlaub auf dem Bauernhof bekommen. 

Lars Klingbeil (SPD): Baumhäuser sind eine Attraktion in der gesamten Region

„Die Baumhäuser sind eine Attraktion in der gesamten Region“, sagte SPD-Politiker Lars Klingbeil, der den Hof im August besucht hat, der Deutschen Presse-Agentur. „Für die Betriebe hier vor Ort ist es eine riesige Herausforderung, sich weiterzuentwickeln.“ Auf der einen Seite müssten sie sich mit europarechtlichen Vorgaben in der Landwirtschaft auseinandersetzen. Auf der anderen Seite böten sich neue Chancen im Bereich des Tourismus. „Ich habe auf dem Hof gesehen, wie Herr Bockelmann mutig vorangeht“, sagt Klingbeil, der seinen Wahlkreis im Heidekreis hat. 

„Für mich ist klar: Wir brauchen hier eine nachhaltige, regional verankerte Landwirtschaft“, betont der SPD-Politiker. Darum müsse die Politik sich bemühen. Gleichzeitig sei die Region auch ein Magnet für den Tourismus. „Es wäre wichtig, eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln: Wie soll diese Region in zehn bis 15 Jahren aussehen und was müssen wir dafür tun? Dabei will ich gerne mithelfen.“

Mit 240 Hektar Flache gehört Bockelmann zu den größten Privateigentümern in dem Gebiet

Bockelmann, der auch Ortsvorsteher von Nieder- und Oberhaverbeck ist, will die Natur unbedingt erhalten. Gleichzeitig sagt er: „Wir haben kein Baurecht. Es kann ein Dorf in den Tod führen, wenn man sich nicht entwickeln kann.“ Mit 240 Hektar Flache gehört er zu den größten Privateigentümern in dem Gebiet. Das Idyll der Heide möchte er nicht zerstören. 

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2017 gründete er zusammen mit anderen Landwirten den Verein der Vereinigten Heidehöfe für Naturschutz. „Wir sind nicht gegen Naturschutz, aber wir wollen das Thema gesamtheitlich sehen und als Landwirte unseren Beitrag zum Naturschutz leisten“, erklärt er.

Ob sein Baumhaus-Projekt zusätzlich zu den Ferienwohnungen mit Mieten um die 300 Euro pro Nacht funktioniert, weiß er noch nicht. Dennoch ist er sich sicher: „0815-Tourismus wird nicht mehr funktionieren. Wir wollen ein kleines, feines Ressort werden.“ Als Nächstes plant er sechs Tiny-Häuser auf dem Gelände.

www.hof-bockelmann.de/baumhaus-ferienwohnungen