Landkreis Harburg. Diese Kanu-Experten kennen Luhe, Seeve, Ilmenau, Este und Wümme wie ihre Westentasche. Ihre Tipps und Tricks für gelungene Bootstouren.

  • In Zeiten von SUP gerät die klassische Form des Paddelns ein wenig in den Hintergrund
  • Im Süden Hamburgs gibt es viele kleine Flüsse, auf denen man herrlich entschleunigen kann
  • Bootsverleiher stellen Kanus bereit und geben viele Tipps, auch zum Umgang mit der Natur

Manchmal ist das nächste Abenteuer ganz nah. Wer es erleben will, sollte einen Perspektivwechsel vom Land auf das Wasser wagen – und zwar an Bord eines Paddelbootes. Alles, was es dafür braucht, ist die Bereitschaft, ein wenig zuzupacken. Das jedenfalls sagen Sven Hansen (61) aus Handeloh und Matthias Schrenk (58) aus Oldendorf.

Beide betreiben einen Bootsverleih. Und haben ihr Hobby damit (fast) zum Beruf gemacht. Denn nach der Büroarbeit – Hansen arbeitet als Software-Entwickler, Schrenk ist bei der Stadt Winsen für die Pflege der Städtepartnerschaften zuständig – gibt es für sie nichts Schöneres, als loszupaddeln und die Natur zu genießen. Eine Leidenschaft, die sie teilen möchten.

Mit dem Kanu auf Heide-Flüssen: Vor dem Start gibt es Verhaltenshinweise

Der Service fängt schon bei der telefonischen Beratung an. Wie viele Personen? Sind Kinder dabei? Haben die Teilnehmer schon Paddelerfahrung? Dementsprechend werden die Boote ausgesucht und zu einer idealen Einsatzstelle gebracht.

Paddeln Landkreis Harburg
Der Landkreis Harburg ist ihr Revier: Matthias Schrenk (l.) und Sven Hansen sind erfahrene Kanu-Verleiher. © HA | nanette franke

Während Matthias Schrenk vor allem Touren auf Luhe, Seeve und Ilmenau anbietet, gehören für Sven Hansen zusätzlich die Este und die Wümme zu seinem Revier. „Doch die Luhe ist der schönste Fluss“, sind sich die Paddelprofis einig. Denn sie bietet unberührte Natur, in der kaum je ein Haus, eine Ortschaft zu sehen ist, hat viele schöne Kurven, eine tolle Strömung und hier und da niedrige Schwellen, über die auch Anfänger problemlos fahren können. Wer besonders viel Glück hat und es versteht, sich ruhig zu verhalten, kann am Flussufer sogar Eisvögel beobachten.

Jeder Fluss ist anders: Ilmenau eher für Anfänger, Este mit hohem Erlebniswert

Auch die Este, die ab Hollenstedt befahrbar ist, bietet hohen Paddel-Erlebniswert, hat jedoch einige Schwellen mit stärkerer Strömung. An der Moisburger Mühle muss das Boot ausgesetzt und getragen werden. Die Seeve ist nur eingeschränkt befahrbar und weist beim Bendestorfer Wehr eine Stromschnelle auf, die das Balancegefühl auf die Probe stellt.

Die Wümme, in der ab Lauenbrück eingesetzt werden kann, ist auf den ersten Kilometern bis Scheeßel so zugewachsen, dass man oft nicht durchkommt, berichtet Hansen. Die Ilmenau dagegen ist ein idealer Anfängerfluss.

Paddeln Landkreis Harburg
Der Anhänger ist vollgeladen mit robusten Canadiern, die sich auch für Familienausflüge eignen. © HA | nanette franke

So wie sein Mitbewerber Schrenk paddelt Hansen die Flüsse, auf denen seine Leih-Boote fahren, regelmäßig ab, um ihren Zustand zu erkunden und gegebenenfalls umgestürzte Bäume zu melden, damit diese abtransportiert werden können. Die gute Ortskenntnis ist ein wichtiger Teil der Serviceleistung, die Hansen und Schrenk ihren Kunden liefern. Auch eine unterhaltsam gestaltete Einführung gehört zum Programm, für die Schrenk sogar einen maritimen Ringelpulli trägt und eine Kapitänsmütze aufsetzt, „damit alle wissen, wer hier das Sagen hat“.

Alkohol am Paddel? Für die Experten ein Ding der Unmöglichkeit!

Die Teilnehmer erhalten vorab nicht nur Tipps für die beste Paddeltechnik und dazu, wer wo sitzen sollte. Sondern auch Hinweise zum Naturschutz. Sie erfahren, warum Lautsprecherboxen an Bord nicht erlaubt sind und der Uferbereich der Flüsse möglichst geschont werden sollte, um brütende Vögel nicht zu stören. In einem sind die Bootsverleiher streng: Alkohol am Paddel ist für sie ein absolutes No-go.

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Entschleunigen auf der Luhe: Matthias Schrenk (l.) und Sven Hansen ist die Freude ins Gesicht geschrieben. © HA | Nanette Franke

„Betrunkene lassen wir nicht ins Boot“, bekräftigen sie. Denn trotz aller Sicherheitsmaßnahmen: Boote können an Hindernissen im Wasser hängenbleiben und umkippen. Und die Fahrer müssen dann in der Lage sein, diese Boote selbst wieder aufzurichten – was mit Promille im Blut sehr schwierig werden dürfte. Auch adipösen Paddelkandidaten raten Schrenk und Hansen ab: „Wenn die Leute zu dick sind, scheitern sie bei der Steuerung des Bootes“, so ihre Erfahrung.

Eine Voraussetzung für Spaß: Paddel in die Hand nehmen und steuern

Wichtigste Voraussetzung, um im Paddelboot Spaß zu haben: Tatkräftig sein, das Paddel in die Hand nehmen und steuern. Wer sich lieber passiv zurücklehnen und einfach der Strömung überlassen will, sollte besser auf der Alster fahren, finden Schrenk und Hansen.

Eine Altersgrenze für den Paddelsport gibt es nicht: Schon kleine Kinder können zwischen ihren Eltern sitzend problemlos im Kanadier mitfahren. Das robuste Boot mit breitem Ausstieg ist dafür das ideale Modell. Kajaks sind vor allem für Einzelfahrer geeignet, die damit auch den schmalen und flachen Oberlauf von Flüssen erkunden können, weil das Paddel bei diesem Bootstyp nur flach ins Wasser geführt werden muss.

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Die beiden Kanu-Verleiher paddeln die Flüsse, auf denen ihre Leih-Boote fahren, selbst regelmäßig ab. © HA | nanette franke

Bootsverleiher sind zertifiziert vom Tourismus-Marketing Niedersachsen

„Ob Umweltschutz oder Sicherheit der Gäste – wir haben uns informiert und handeln verantwortungsbewusst“, bestätigen Schrenk und Hansen, die sich vom Tourismus-Marketing Niedersachsen haben zertifizieren lassen. Ihnen geht es nicht um das schnelle Geld, sondern vor allem um das Wohl der Fahrgäste und den Umweltschutz. Die Nachhaltigkeit.

Beide sind eher zufällig zum Paddelsport gekommen. Hansen begann mit 25 Jahren, die Heideflüsse zu befahren, irgendwann kam seine Frau mit, später auch die Kinder „und es gab immer mehr Leute, die mal mitgenommen werden wollten“, erinnert er sich.

Sportverein oder Feuerwehr, Firmen oder Geburtstagsrunden paddeln

Die Zahl der Boote wuchs. Heute ist das Unternehmen „Kanu – fertig – Los“ eine etablierte Marke. Bei Schrenk führte der Weg aufs Wasser über die Jugendarbeit. Auf der Seeve lernte der damalige Leiter eines Jugendzentrums den Bootssport kennen und wollte daraufhin bald ein eigenes Boot für sich kaufen. Gemeinsam mit einem Kollegen besuchte er eine Versteigerung. Doch der Auktionator wollte die dort aufgestapelten neun Boote nur zusammen veräußern. Hansen schlug zu. Der Grundstock für den Bootsverleih war gelegt.

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Naturschutz ist wichtig: Die Bootsverleiher Schrenk (vorn) und Hansen weisen ihre Kunden vor dem Start auf die wichtigsten Regeln hin. © HA | nanette franke

Nach wie vor sind Hansen und Schrenk mit viel Spaß dabei: Ob Sportverein oder Feuerwehr, ob Firmen oder Geburtstagsgäste: Ihre Kunden kommen aus allen Gesellschaftsschichten. Und sie alle werden gebeten, ihre Boote selbst vom Hänger zum Ufer transportieren. Bei Kindern machen die Verleiher natürlich Ausnahmen.

Speziell an den Sommer-Wochenenden ist viel auf dem Wasser los

Zu den Bootsfahrer-Pflichten gehört es übrigens auch, wieder selbstständig zur Einstiegsstelle zurückzukommen, denn „wir sind kein Taxibetrieb“, so Hansen und Schrenk. An der Ilmenau und der Wümme gelingt die Rückkehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Am Seeve-Ufer ist das Öffi-Netz eher löchrig. Und wer auf der Luhe ins Boot steigt, lässt sich am besten abholen, raten die Bootsverleiher.

Ihre Hauptsaison beginnt im Mai. In den Sommermonaten ist speziell an den Wochenenden oft sehr viel los. Aber wahre Enthusiasten fahren bis weit in den September hinein. Und offenbar in fast jedem Alter.

Mehr Ausflugstipps für die Region

Zu den schönsten Begebenheiten, von denen die Kanuverleiher berichten, gehört die Jungfernfahrt zweier Senioren. Beide 82 Jahre alt, seit zwei Monaten frisch ineinander verliebt und nun entschlossen, gemeinsam eine Bootsfahrt auf der Seeve zu wagen.

Die Partner hatten sich schnell eingespielt und berichteten später mit leuchtenden Augen und hellauf begeistert von ihrer Tour. Doch auch das Gegenteil haben Hansen und Schrenk schon erlebt: Paare, die sich schwer verkrachen, weil jeder recht haben und vorne sitzen will. Ihr Tipp: Mädels-Boote. Und Männer-Boote. Dann fluppt es.

Kontaktdaten, Regeln und mehr – das müssen sie für Kanutouren wissen:

Diese Bootsverleiher sind in den Kreisen Harburg, Lüneburg und Uelzen aktiv:

  • Heide-Kanu, Marxener Str. 23, 21385 Oldendorf (Luhe). Telefon 04132/933 933, mobil 0162/79 53 509
  • Bootsvermietung Kanu-Fertig-Los, Lerchenweg 8a, 21256 Handeloh. Telefon 04188/225 477, mobil 0178/4347 497
  • Kanu Aktiv, Kirchplatz 4, 29553 Bienenbüttel. Telefon 05823/955 339
  • Kanu Uelzen am Uhlenköper-Camp, Festplatzweg 11, 29525 Uelzen. info@kanu-uelzen.de

Das sind die wichtigsten Regeln:

  • Este, Seeve und Luhe dürfen nur zwischen 8 und 18 Uhr befahren werden
  • Die Wümme darf nur ab einer Stunde vor Sonnenaufgang und bis eine Stunde nach Sonnenuntergang befahren werden
  • Für Himmelfahrt und Pfingsten gelten weitere Einschränkungen
  • Die Boote dürfen nicht mehr als 1 m breit und 5,50 m lang sein

Das Wichtigste zu den Flüssen:

  • Este: Von der Autobahnbrücke (A1) bei Hollenstedt bis Estebrügge. Ab dem Hafen Buxtehude ändern sich Wasserstand und Strömung mit Ebbe und Flut. Auch mit Motorbootverkehr ist hier zu rechnen.
  • Seeve: Vom Eisenbahn-Viadukt bei Marxen bis zur Horster Mühle. Weiterfahrt bis zur Elbe-Einmündung ausschließlich mit Kajaks.
  • Luhe: Oberhalb Luhmühlens bis zum Wehr der Mühle Benthack in Winsen. Weiterfahrt bis zur Ilmenau-Einmündung nur mit Kajaks möglich.
  • Ilmenau: Von Uelzen bis nach Lüneburg (Schröder’s Garten).
  • Wümme: Von Lauenbrück bis Everinghausen bei Sottrum mit Kanus, Kajaks oder SUP’s. Im Landkreis Verden sollten sich Paddler vorher erkundigen, ob der Nord- oder Südarm der Wümme besser zu befahren ist. Ab Lilienthal bis Ritterhude sind ganzjährig Touren möglich.