Bispingen. Das Ehepaar Schulz-Ebschbach lebt in Bispingen in einem 30-Zimmer-Schloss – das gleichzeitig ein Museum ist. Ein Hausbesuch.
Der Schlossherr sitzt in seinem „Kamin-Trophäen-Raum“ und trinkt mit seiner Gesprächspartnerin vom Abendblatt einen Cappuccino. Um ihn herum stehen Möbel aus der Jahrhundertwende (1890-1910), an den Wänden hängt eine Sammlung von Heidebildern. Ein Dutzend Besucher durchquert auf knarzenden Eichendielen den Raum – gerade läuft eine Führung durch die Jagdvilla Iserhatsche in Bispingen. Durch das Heideschloss der besonderen Art von Uwe Schulz-Ebschbach, direkt neben dem Center Parc Bispinger Heide.
Das größte Heidebild hinter Schulz-Ebschbach lässt sich zur Seite klappen. Dahinter befindet sich ein Fernseher. Der 80 Quadratmeter große Ausstellungsraum ist gleichzeitig sein Wohnzimmer und das seiner Frau Helga. Bis zum Nachmittag laufen Besichtigungen in dem Jagdschloss, das über 30 Zimmer und eine Gesamtfläche von 1000 Quadratmeter verfügt. „Die Leute schauen, welcher Verrückte hier wohnt“, sagt Schulz-Ebschbach mit Berliner Charme. „Wer hat schon 30 Zimmer? Das wünscht man niemandem.“
Jedes öffentlich zugängliche Zimmer ist üppig beladen mit Möbeln und Zierat
Im Schnitt kommen etwa 100 Besucher pro Tag. Jedes der öffentlich zugänglichen Zimmer ist üppig beladen mit Möbeln und Zierat aller Art. Denn der 82-jährige Schlossherr, der sein Anwesen auch „Neuschwanstein des Nordens“ nennt, ist seit Kindesbeinen passionierter Sammler. Um die Objekte auszustellen, reicht die Jagdvilla nicht aus. In weiteren Gebäuden auf dem 23 Hektar großen Areal sind Sammlungen untergebracht. Zum Beispiel fast 25.000 gefüllte Bierflaschen, die stilistisch nicht zu Barock und Biedermeier passen.
Die Flaschen aus 192 Ländern und 4100 verschiedenen Brauereien finden im Montagnetto Platz, den „Berg der Sammelleidenschaft“: ein fantasievolles Gebilde, eine Mischung aus Schloss und angedeutetem Fels, mit Feldsteinmauern und Wasserspielen. Hier befinden sich auch die 250.000 Streichholzschachteln umfassende Sammlung Lorenz, 22.000 Eulen und fast 30.000 Frösche, abgerundet von 50.000 Miniaturschnapsflaschen, 4500 Figurkerzen und 12.000 Flaschenöffnern. Aber auch ein Festraum für Feiern und sogar ein Trauzimmer.
Rund 200 Sammlungen hat der Berliner Schulz-Ebschbach im Laufe seines Lebens aufgebaut. Etwa 50 seien hinzugekauft, sagt der Hausherr. Nicht alle Objekte seien ausgestellt, vieles sei eingelagert. Ans Aufhören denkt der betagte Sammler, der erst vor einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen in Rente ging, nicht: „Ausruhen ist ein Fehler, dann wird man richtig alt.“
Neueste Errungenschaft des Sammlers: 2500 Salzstreuer aus aller Welt
Vor zwei Wochen hat die nächste, zugekaufte Sammlung das Jagdschloss erreicht: 2500 Salz- und Pfefferstreuer aus aller Welt, für den Transport aus Bayern alle sorgfältig einzeln verpackt. Sie kommen von einem verstorbenen Sammler, dessen Witwe mit dem Schatz nichts anzufangen wusste. Schulz-Ebschbach schon: „Ich bin jetzt den fünften Tag am Auspacken und Ordnen. Etwa ein Drittel der Sammlung habe ich gesichtet, und bisher ist nichts doppelt. Das macht schon Spaß.“
Begonnen hat alles mit den Froschfiguren. Die hat Schulz-Ebschbach schon als Kind gesammelt. Die gesamte Verwandtschaft wusste, womit sie den kleinen Uwe zum Geburtstag und zu Weihnachten erfreuen konnte. Und natürlich wurden auch Frösche gekauft. Ein paar tausend seien so zusammengekommen, sagt Schulz-Ebschbach. Ein Großteil der Amphibien stammt jedoch aus der Sammlung einer Familie namens Frosch, die sich aus nahe liegenden Gründen auf diese Tierart spezialisiert hatte.
1986 kaufte Ebschbach das Jagdschloss tief im Bispinger Wald. Es wurde von 1913 bis 1914 im schwedischen Holzbaustil für den Königlich Preußischen Kommerzienrat Ernst Nölle erbaut, dem Großvater der Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann (Allensbach). Ernst Nölle gab dem Anwesen den Namen Iserhatsche (Eisenherzchen). Diesen Kosename hatte ihm seine Mutter gegeben, da er eine Stahlbaufirma führte. Ebschbach behielt den Namen bei.
- Klatsche in Iserhatsche - so verrückt, das muss man einfach selbst sehen
- „Iserhatsche“ - nichts ist normal
- „Neuschwanstein des Nordens“ steht in der Heide
In Berlin führte der Malermeister mit seiner Frau einen Betrieb mit 20 Angestellten
In Berlin führte der Malermeister zusammen mit seiner Frau einen Malereibetrieb mit 20 Angestellten. Ihn begeistern Schlösser und Burgen und er freute sich, wenn er seine Handwerkskunst in hochherrschaftlichen Räumlichkeiten einsetzen konnte. Schon damals wohnte das Paar und seine zwei Söhne großzügig, mit einem 500 Quadratmeter großen Wohnzimmer. Doch das reichte nicht aus, um seiner Sammelleidenschaft zu genügen. Etwas Größeres musste her.
Zu Iserhatsche sei er eher zufällig gekommen, sagt Schulz-Ebschbach. Etwas mehr Nähe zu Berlin wäre ihm lieber gewesen, doch damals war die Stadt von der DDR umgeben. Niemand hat geahnt, dass sich dies innerhalb weniger Jahre ändern würde. Also Bispingen. Beide Söhne und ihre Familien leben in Berlin. Der jüngere Sohn, der mit ihm den Betrieb Iserhatsche führt, brauche nun jeden Monat vier Stunden Anfahrt, um mit ihm die Zahlen durchzugehen, bedauert der Vater.
„Mein Ziel ist höchster Wohnanspruch“, sagt der Schlossherr
Die Räumlichkeiten von Iserhatsche hat der Malermeister selbst gestaltet, an den Decken den Stuck angebracht. Der prächtigste Raum, das Diana-Sanssouci-Zimmer, versammelt beste Handwerkerleistungen verschiedener Gewerke mit Blattgold-verzierten Möbeln, Spiegeln, Gemälden. Eine Spezialität ist die etwa 30 Zentimeter hohe Spiegelreihe: „Die ist für Katzen, die sehen sich gern im Spiegel“, sagt der Schlossherr. An alles und alle ist gedacht. Seine Zimmer seien alle „wunderbar ausgestattet“, sagt der Hausherr, „mein Ziel ist höchster Wohnanspruch.“
Und was wird, wenn er und seine Frau das Anwesen nicht mehr bewohnen können? „Meine Söhne und ihre Familien wollen hier nicht wohnen“, sagt Uwe Schulz-Ebschbach. Dennoch geht er davon aus, dass sein Lebenswerk erhalten bleibt und betont: „Das, was ich heute mache, ist für die nächste Generation.“ Schulz-Ebschbach freut sich über Kinder, die seine Jagdvilla neugierig bestaunen: „Sie sollen angeregt werden, das nachzuahmen und auch anfangen zu sammeln.“
1000 Radiergummis: Zwölfjährige Enkelin eifert dem Großvater nach
Derzeit sind besonders viele Familien im Jagdschloss, den umgebenden Gebäuden und der Parkanlage unterwegs. Schließlich haben alle Bundesländer Urlaub. In der eigenen Familie hat Schulz-Ebschbach erste Erfolge zu verbuchen. Seine 12-jährige Enkelin ist offenbar auf einem guten Weg. „Ich habe ihr ein paar Radiergummis geschenkt, und sie hat angefangen, daraus eine Sammlung zu machen. Jetzt hat sie schon 1000 Stück“, sagt der Opa und lehnt sich zufrieden in seinen Rokoko-Sessel.