Malermeister Uwe Schulz-Ebschbach hat in dem Heideort den wohl skurrilsten Besitz der Region - täglich geöffnet.

Bispingen. Uwe Schulz-Ebschbach trägt gern dick auf. "Ich hatte mit 23 Jahren schon eine Eigentumswohnung, da wußten meine Freunde noch gar nicht, wie man das schreibt." Heute ist der Berliner 63 Jahre alt. Er nennt "das schönste Haus der Hauptstadt" sein eigen, eine Villa im Grunewald. Und lebt gemeinsam mit Gattin Helga (62) in einer Jagdvilla mit 30 Zimmern auf einem 23 Hektar Areal am Rande Bispingens. "Iserhatsche" heißt das Anwesen, und gleich nebenan liegt auch noch die Burg "Montagnetto", aus deren Spitze Feuer speit, wenn der Hausherr auf einen Knopf drückt.

Wer das ganze sehen will, der fährt nach Bispingen, gelegen an der gleichnamigen Autobahnabfahrt an der A 7, und folgt vom Ort aus den Schildern "Iserhatsche". Wem ein Stilmix von Neo-Rokoko bis Gründerzeit und ein Potpourri unzähliger Devotionalien gefallen, der kann sich für acht Euro (Kinder bis 12 Jahre zahlen keinen Eintritt) sechs Zimmer anschauen, durch den Park wandern, Holzbalken mit philosophischen Sprüchen betrachten und das Innere einer Kunst-Burg durchstreifen (www.iserhatsche.de; täglich geöffnet 10 bis 18 Uhr).

"Das Ambiente in der Jagdvilla ist schwer zu verarbeiten", sagt Besucher Werner Holste (55). "Wahrscheinlich muß man sich das ein paarmal anschauen. Fast jeder Gegenstand ist nicht normal." Wandteller, Geweihe, Büsten, Bücher, Teller, Heidebilder, Leuchter, Vasen, Ostereier und, und, und . . . Im Kamin des Trophäenraums lodert ein Feuer; in der Diele hat der Hausherr 100 DM-Münzen und Pfennigstücke aller Jahrgänge und Prägeanstalten in den Boden eingelassen. Im Biedermeier-Jagdzimmer zieren Jagdgesellschaften und Hunde die handgedruckten Tapeten. Neben Spiegel- und dem Vier-Jahreszeiten-Eichensaal glänzt das "Diana-Sanssouci-Zimmer", das mit reichlich Blattgold besetzt ist. Hier hat der Berliner Bildhauer und Maler Georg Hengstenberg Wandbilder der Jagdgöttin aus Schloß Sanssouci an die Wände kopiert - Werke von Ter Borch, Boucher, Tizian, Rubens und Pens.

"Maler und Visionär" steht auf Uwe Schulz-Ebschbachs opulenter Visitenkarte mit ausklappbarer Anfahrtskizze. "Ebschbach war der Mädchenname meiner Großmutter", sagt der Malermeister, dem "Schulz" zu ordinär schien. Er selbst nennt sich gern "Freiherr". Bundesweit bekannt wurde der Berliner, als er 1992 Schloß Sanssouci für einen Preußen-Taler in lichtem Ocker anstrich. Die Münze aus dem Todesjahr Friedrich des Großen, 1786, hatte nur einen Wert von 1500 Mark, aber die Werbung für Schulz-Ebschbach war enorm. "Ich habe das gemacht, weil ich ein großer Preußen-Fan bin", sagt der Hauptmann der Berliner Historischen Stadtgarde von 1740.

Die Jagdvilla "Iserhatsche" - schwedisch für "Eisenherz" - ist ein Fertighaus im schwedischen Holzbaustil. Es wurde 1910 auf der Weltausstellung in Brüssel gezeigt und 1913 bis 1914 für den Königlich Preußischen Kommerzienrat Ernst Nölle, dem Großvater der Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann, erbaut; seine Mutter hatte ihn als Kind "Iserhatsche" genannt. Von 1928 bis 1986 gehörte das Anwesen der Familie Reemtsma, bis es Uwe Schulz-Ebschbach kaufte. Im Zweiten Weltkrieg diente es als Lazarett, von 1962 bis 1990 als Schullandheim für Berliner Kinder.

Im Garten steht der aus Eisen geschmiedete Ebereschen-Glocken-Baum, acht Meter hoch, 2,38 Meter Umfang, 3000 Blätter, zwölf bespielbare Glocken, die der Malermeister vom Diana-Zimmer aus mit einer im Tisch verborgenen Klaviatur zum Klingen bringen kann. "Die Eberesche ist mein Lieblingsbaum", doziert der Schnellsprecher, "sie ist schön und trägt Beeren für die Vögel." Auch die Holzknöpfe seiner Weste sind mit Ebereschenblättern verziert.

Auf dem Weg zur Burg "Montagnetto" durchschreitet der Besucher einen Laubengang mit 200 philosophischen Sprüchen, wie "Manche Menschen wollen immer glänzen, obwohl sie keinen Schimmer haben". Auch die Burg, ein Gebirge aus Beton, Holz, Farbe und Verzierungen ist Geschmackssache. "Eigentlich sollte das mal ein Treckerunterstand werden, jetzt ist es das einzige erdbebensichere Haus in der Region." In einer Backofengrotte fließt auf Knopfdruck auch Bier und Wein von der Decke, im "Sala del Monte", dem "wohl schönsten Raum Deutschlands", tummeln sich Engel mit Trompeten und Harfen an der Decke, die von 25 Säulen in Blaugold gestützt wird. Hier können Hochzeitspaare für 200 bis 500 Euro - ohne Kost - mit Blick auf einen See heiraten.

Ob Uwe Schulz-Ebschbach das ganze Ensemble in seiner Zeit als Maler erwirtschaftet hat, läßt er offen. Er arbeite noch immer 20 (!) Stunden am Tag, sei ein "Leistungsbürger" und wolle "aus Leistung und Spaß Schönheit ausführen". "So einen Besitz zu erhalten, ist Schwerstarbeit. Man macht das, weil man ein bißchen bekloppt, profilsüchtig ist und beweisen will, was handwerklich in einem steckt", sagt der Hausherr, der selbst Glühbirnen austauscht und Dachrinnen säubert.

Auch seinen Sitzsarg hat der Malermeister schon fertigen lassen - getreu seinem Motto, daß "alle die sich vor dem Tod fürchten, eine ungenügende Lebensleistung erbracht haben". Das Todesjahr ist auch schon eingraviert: 2006 - "aber das wird wohl noch ein bißchen länger dauern".

Bis dahin will sich der Herr der Häuser, der Goethe auf seiner Internetseite mit "ht" schreibt, noch einen Traum verwirklichen: eine "Schulz-Ebschbach-Allee" in Bispingen. Das Straßenschild dafür hat er schon drucken lassen.