Landkreis Harburg. Politiker bringen einmalige Coronahilfe auf den Weg. Kreissportbund Harburg-Land verliert 4300 Mitglieder in einem Jahr.
Bis zum 31. Januar mussten die niedersächsischen Sportvereine ihre Bestandsdaten online beim Landessportbund hinterlegen. Der zentrale Punkt ist Jahr für Jahr die Übermittlung des Mitgliederbestandes. Auch der Kreissportbund Harburg-Land muss seine Planungen nicht länger auf Vermutungen und Umfragen aufbauen. Nun gibt es konkrete Zahlen, in welchem Umfang die Vereine Mitglieder verloren haben. In eine andere Richtung konnte die Entwicklung in einem Jahr, in dem monatelang kein Sportbetrieb stattfinden durfte, gar nicht gehen.
Tennisvereine profitieren vom Spielverbot in Hamburg
„Unsere Vereine haben nach Jahren des leichten Wachstums im Jahre 2020 etwa 4300 Mitglieder verloren“, sagte der KSB-Vorsitzende Uwe Bahnweg im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. Gemessen am Bestand von 89.426 Mitgliedern am 1. Januar 2020 entspricht das einem Rückgang von knapp fünf Prozent auf nun 85.109 Mitglieder. „122 Sportvereine haben weniger Mitglieder gemeldet, 14 ungefähr gleich viele und 48 Vereine sogar mehr als im Vorjahr“, so Bahnweg.
Profitiert haben in erster Linie jene Tennisvereine, deren Hallen und Außenanlagen nahe der Landesgrenze zu Hamburg liegen. Bekanntermaßen untersagt die Freie und Hansestadt das Tennisspielen in Zeiten des Corona-Lockdowns komplett. In Niedersachsen dagegen sind Einzelmatches erlaubt. Der Tennis-Tourismus von Hamburg nach Niedersachsen füllt also nicht nur die Hallen, sondern auch die Mitgliederkartei. 13 der 19 Tennisvereine im Landkreis Harburg haben einen Zuwachs zu verzeichnen.
Problem sind nicht Austritte, sondern fehlende Eintritte
Das ist eher die Ausnahme. Die große Mehrheit hat mit Mitgliederrückgang zu kämpfen. Das Problem sind nicht viele Austritte, sie bewegen sich im Rahmen der üblichen Fluktuation. Das Problem sind fehlende Eintritte. Ohne sportliches Angebot können die Vereine schwerlich neue Mitglieder generieren. „Besonders hart waren Vereine mit einem sehr breiten Sportangebot und mehr als 750 Mitgliedern betroffen. Hier lag der Verlust bei mehr als 8,5 Prozent“, sagte Uwe Bahnweg. Ein Verein büßte sogar 22 Prozent seiner Mitglieder ein.
Ein Phänomen trifft vor allem auf die finanzielle Situation von Großvereinen zu. Teilweise mehrere hundert Mitglieder erklären nicht den Austritt, sondern lassen sich „passiv“ stellen. Das bedeutet, um ein Beispiel zu nennen, dass sie bis auf Weiteres nicht mehr 30 Euro pro Monat für die Nutzung des vereinseigenen Fitnessstudios zahlen, sondern nur noch drei Euro für die Anwartschaft. Auf der anderen Seite laufen Fixkosten weiter, zum Beispiel Energie- und Unterhaltungskosten oder der Kapitaldienst.
Belastung für Kämmerer des Kreises hält sich in Grenzen
„Da unsere gemeinnützigen Sportvereine kaum Rücklagen bilden dürfen, kann dieser Mitgliederverlust schnell zu finanziellen Engpässen führen“, sagte Uwe Bahnweg mit Blick auf die Gesamtsituation. Umso glücklicher ist der Vorsitzende, dass der Landkreis Harburg in Zeiten der Corona-Pandemie einmalig eine Überbrückungshilfe in Höhe von 200.000 Euro gewähren will. Die Mittel sollen über den KSB an die Vereine ausgezahlt werden. Die Belastung der Kreiskasse hält sich in Grenzen, da die bisherige Zahlung von 154.000 Euro pro Jahr, die der Sportbund als Übungsleiter-Zuschüsse an die Vereine auskehrte, nur um 46.000 Euro erhöht werden muss.
Der Gesamtbetrag von 200.000 Euro soll ausschließlich zur Unterstützung in Not geratener Sportvereine verwendet werden. Die Übungsleiter gehen trotzdem nicht leer aus, für sie fließen weitere Mittel vom Landessportbund. „Kein Verein ist in der Lage, die unverschuldeten finanziellen Einbußen durch den Mitgliederrückgang auszugleichen oder aufzufangen“, heißt es in dem FDP-Antrag, der jetzt eine breite Mehrheit im Ausschuss für Schule und Sport fand. Genehmigt ist die Überbrückungshilfe damit noch nicht. Auch der Kreisausschuss, der am 1. März nicht-öffentlich tagt, und der Kreistag am 10. März müssen dem Antrag zustimmen.
Verteilung der Coronahilfen in Absprache mit den Vereinen
„Das ist eine gute Geschichte. Der Landkreis Harburg darf sich auf die Fahne schreiben, wirklich etwas für den Sport zu tun“, sagte Bahnweg, dem keine ähnliche Aktion aus Nachbarkreisen bekannt ist. Im Dezember hatte sich der KSB-Vorsitzende an diverse Kommunen gewandt und um Unterstützung für die Vereine geworben. „Antworten habe ich nur zwei bekommen. Da stand sinngemäß drin, dass die Gemeinden selbst kein Geld haben“, so Bahnweg.
Bei der Verteilung der in Aussicht stehenden 200.000 Euro schwebt ihm eine konzertierte Aktion zwischen KSB-Vorstand und Vereinen vor. „Das kann und will der KSB-Vorstand nicht allein entscheiden. Wir müssen von den Vereinen erfahren, wo der Schuh drückt.“ Er könne nur erahnen, in welchen Bereichen beispielsweise Reit- und Schützenvereine die größten Probleme hätten. „Diese Coronahilfe vom Landkreis ist etwas ganz Neues. Ich möchte ein transparentes Verfahren und könnte mir auch ein Mitspracherecht der Politik vorstellen“, sagte Uwe Bahnweg.