Kreis Harburg. Wie sich die Corona-Pandemie mit Steuerausfällen auswirkt. Kreis-Finanzchef warnt vor höherer Verschuldung.
Der Vizechef der Kreisverwaltung, Erster Kreisrat Kai Uffelmann, hat derzeit viel auf dem Schirm. Es sind die Politiker aus den einzelnen Fachausschüssen des Kreises, die zu ihren Sitzungen zusammengeschaltet werden. Uffelmanns Aufgabe ist es, den Entscheidern online die veränderten Zahlen für den bereits Ende 2019 verabschiedeten Haushalt für 2021 zu erklären. Keine leichte Aufgabe bei einem Werk, das ein Volumen von gut 420 Millionen Euro aufweist und 1000 Seiten dick ist. Vor allem aber, weil es nicht um Peanuts geht, sondern um millionenschwere Ausfälle, die in das Zahlenwerk eingepreist werden müssen.
Uffelmann muss dabei immer wieder schlechte Nachrichten verkünden. Zusammengefasst wird ein Fehlbetrag von knapp 13,5 Millionen Euro das Ergebnis, das zuvor mit einem Plus von 3,2 Millionen Euro geplant war, auf minus 10,3 Millionen reduzieren. Der Kreis scheibt rote Zahlen.
Die Scharte soll zwar bereits in den kommenden drei Jahren mit jeweils positiven Ergebnissen ausgewetzt werden. Doch der monatelange, derzeit andauernde Lockdown war bei der Vorausschau noch nicht eingepreist. „Dennoch wollen wir an den geplanten Investitionen von 31 Millionen Euro für Straßen, Radwege, Schulen und Digitalisierung in diesem Jahr festhalten“, versichert Uffelmann. Das soll auch für die folgenden Jahre gelten.
Damit werden sich die Schulden weiter erhöhen, weil selbst bei einer wirtschaftlichen Erholung auch künftig nicht alles aus eigenen Mitteln finanziert werden kann. So steigt bis Ende 2024 allein der Bedarf an Fremdfinanzierungen von 36,2 Millionen Euro auf 53,47 Millionen Euro und damit um zusätzlich mehr als 17 Millionen Euro.
Der wichtigste Hintergrund für die notwendigen und umfangreichen Investitionen ist im Grunde ein Segen für den Kreis: Das Wachstum der Bevölkerung hält an. Allein bei Vorschulkindern und Grundschülern wird bis 2025 ein Zuwachs von sechs beziehungsweise elf Prozent prognostiziert. Die Region bleibt Zuzugsgebiet und braucht damit zusätzliche Infrastruktur. Doch die Kosten treiben kommunalen Finanzchefs und Kämmerern in Vorzeigeregionen wie dem Landkreis Harburg den Schweiß auf die Stirn.
Zwei Posten sind entscheidend für das Minus im Kreishaushalt
Allein für die Digitalisierung der 29 weiterführenden Schulen des Landkreises rechnet der kreiseigene IT-Dienstleister ITK Harburg nach Auslaufen der Förderung ab 2029 mit mindestens 6,5 Millionen Euro jährlich. Schon für 2021 fallen in diesem Bereich zusätzliche Kosten von knapp 900.000 Euro zu den von der ITK eingeplanten gut zwei Millionen Euro an. Das Geld wird für das Netz, für Installationen und Geräte gebraucht, um alle Schultypen auszurüsten.
Im Sozialbereich, zu dem ambulante und stationäre Pflege, Eingliederungshilfen für behinderte Menschen oder auch die Schulbegleitung und vorbeugende Maßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie gehören, übersteigen die Erträge zwar derzeit sogar die zusätzlichen Aufwendungen. Es ergibt sich eine Entlastung von 1,2 Millionen Euro. Doch die kommt nur zustande, weil der Bund für dieses Jahr die Kosten der Unterbringung für sozial schwache Familien als Kompensation für Gewerbesteuerausfälle übernommen hat. Uffelmann verweist darauf, dass ohne die Hilfe von gut acht Millionen Euro ein Defizit von mehr als sechs Millionen Euro entstanden wäre.
Entscheidend für das Minus im Gesamthaushalt sind zwei Posten, die aufzeigen, wie die Corona-Krise in die Wirtschaft einwirkt. So sinken die Schlüsselzuweisungen vom Land, die vereinfacht gesagt an das gesamte Steueraufkommen gekoppelt sind, 2021 um fast 6,7 Millionen Euro. Von den Gemeinden erwartet der Kreis aus deren Steueraufkommen 6,8 Millionen Euro weniger. Insgesamt steigen die zusätzlichen Belastungen einschließlich weiterer Kosten für die Digitalisierung und der neuen Stellen etwa für Sicherheitsdienste, Betreuer oder medizinische Personal auf 13,491.100 Millionen Euro.
Gemeinden möchten eine geringere Kreisumlage
„Wir müssen jetzt verhindern, dass wir durch die finanzielle Situation die Unterhaltung zurückführen müssen oder einen Investitionsstau entstehen lassen“, sagt der Erste Kreisrat. So weit ist es für den Kreis Harburg noch nicht. Ob aber die Berechnungen für die Zukunft aufgehen, die auf die Steuerschätzung von September basieren, ist offen. „Wir gehen davon aus, dass sich die Konjunktur nicht so schnell erholen wird, wie bisher angenommen“, sagt Uffelmann. Er rechnet damit, dass sich das Innenministerium, das für die Landkreise als Kommunalaufsicht fungiert, melden und „deutlich auf das Minus im Ergebnishaushalt hinweisen“ wird.
Inzwischen gibt es erste Anfragen von den Gemeinden, ob sie an dem Bundeszuschuss für die Wohnkosten beteiligt werden und ob die Kreisumlage, also der Anteil, den die Gemeinden von ihren Einnahmen an den Kreis überweisen müssen, gesenkt werden könnte. Finanzchef Uffelmann sieht das kritisch: „Der Kreis ist der Träger der Sozialhilfe und daher sollte der Bundeszuschuss dort bleiben.“ Die Umlage, die etwa zu einem Drittel zu den Einnahmen des Kreises beiträgt, wurde zuletzt 2019 von 48 auf 44,5 Prozent verringert. Dieser Wert, auf dem die Berechnungen für den Nachtragshaushalt beruhen, soll von Seiten des Kreises konstant bleiben. Die Entscheidung über den Nachtragshaushalt fällt am 10. März. Dann tagt der Kreistag.