Hamburg. Selbst die gesetzlichen Krankenkassen sagen: Hausarztverträge sind sinnvoll. Doch die Ärzte müssen besser mit Patienten kommunizieren.

Es ist nicht leicht, sich im deutschen Gesundheitssystem zurechtzufinden. Während Patientinnen und Patienten auf der Suche nach der richtigen, schnellen medizinischen Hilfe mehr irren als gezielt zu passenden Behandlern zu laufen, beklagen Ärztinnen und Ärzte in den Praxen erheblich sinkende Netto-Auszahlungen, schimpfen über Bürokratie und einen „Krankenhaus-Minister“ namens Karl Lauterbach (SPD). Andererseits bemängeln die Kliniken im selben Klageton, dass Hunderte Häuser bald aus Geldnot schließen werden. Alle haben recht, übrigens auch Lauterbach in seinem Bestreben, eine Krankenhausreform wenigstens anzugehen.

Aber es bleibt allerorten ein tiefes Tal der Fassungslosigkeit. Von ihr sind im Besonderen Patienten eingenommen, wenn ihre Hausärzte, die vermeintlichen „Lotsen“ durch ebendieses Gesundheits-Wirrwarr, sie in Verträge drängen, die sie nicht verstehen. Nicht verstehen können.

Hausärzte in Hamburg: Druck auf Patienten?

Für Aufklärung, also eine rationale Überzeugungsarbeit ist wenig Zeit, kein Raum, es fehlt buchstäblich an Einsichten bei der Zielgruppe Praxis-Kunde. Die Patienten ohne Durchblick können nicht ahnen, dass ihnen ihr Arzt da keine Versicherung aufschwatzen will, wenn sie Briefe, E-Mails oder Ansagen erhalten wie: „Unterschreiben Sie diesen Vertrag für hausarztzentrierte Versorgung – oder wir können Sie in Zukunft nur noch rudimentär behandeln.“ Das löst im besten Falle eine Unsicherheit aus, im schlimmsten die Urangst, nicht mehr oder nicht richtig versorgt zu werden. Die Ärzte, die ihre Patienten um den Einstieg in solche Hausarztverträge bei ihrer Krankenkasse bitten, meinen es sicher gut. Die Kommunikation ist jedoch nicht immer gelungen.

Wer weiß schon, dass es wissenschaftlich erwiesen sinnvoller ist, gerade bei Diabetes, Bluthochdruck und anderen chronischen Erkrankungen zunächst – verpflichtend – zu einem Doktor zu gehen, der die Vorgeschichte kennt, der zielgenau zu einem Facharzt überweisen oder eben selbst behandeln kann? Patienten sind Laien. Sie können nicht ahnen, welche modernen Möglichkeiten schon in ihrer Hausarztpraxis schlummern.

Bei Rückenschmerzen gleich in die Notaufnahme?

Patienten haben mitunter ein Halbwissen, das sie sich oft ergoogeln. Sie ziehen aus dem mittelschweren Schmerz oberhalb des Pos den Schluss: Bandscheibenvorfall im Lendenbereich – und suchen gleich den Orthopäden auf. Wie hoch ist hier wohl die Trefferquote bei der Selbstdiagnose? Vielen ist nicht bewusst, welche Privilegien einhergehen mit einer Krankenkassenkarte der gesetzlichen Versicherung. Sie öffnet Türen zu einem Vollkaskosystem, dessen Preisschilder weitgehend unbekannt sind. Und es ist ein Solidarsystem. Hausarztverträge sparen volkswirtschaftlich Millionen ein, obwohl die Ärzte besser honoriert werden. Das betonen sogar die Krankenkassen.

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Eine Behandlung sollte medizinisch sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar sein. Sicher: Ärzte machen mal Fehler. Doch die Entscheidung über diese wichtigen Abwägungen sollten wir ihnen anvertrauen. Insofern binden diejenigen personelle und materielle Ressourcen unseres Gesundheitssystems, die immer nach eigenem Gusto Doktor-Hopping betreiben.

Arzt Hamburg: Termine und Gesundheit mit dem Smartphone managen

Dabei sehen wir gerade einen Generationen-Gap, eine Kluft zwischen Jung und Alt. Jüngere, mobile Menschen mit dem Smartphone als Allzweckheilmittel organisieren ihre Termine online, favorisieren Video-Sprechstunden, kaufen bei Internet-Apotheken. Mit dem Grad der Digitalisierung sinkt oft die Bindungsfähigkeit zu einer Hausarztpraxis. Ältere tun sich häufig schwer mit der Online-Kommunikation über ihre Gesundheit. Mit beiden Gruppen sind Ärzte konfrontiert. Sie müssen zwischen scharfen gesetzlichen Bestimmungen und den Untiefen der Abrechnungssystematik eine zeitgemäße Ansprache ihrer „Kundschaft“ finden.

Dass Deutschland in der digitalen Gesundheit die rote Laterne international hartnäckig verteidigt, kann man allerdings weder dem einzelnen Hausarzt anlasten noch seinen Patienten.