Hamburg. Die Verzweiflungstaten verunsicherter Jugendlicher sind verständlich. Sie schaden aber eher, als dass sie nützen.
Klimakleber sind für die Deutschen ein großes Thema – wann immer Halbwüchsige Kartoffelbrei auf Kunst werfen, Studenten sich am Asphalt festkleben oder Vandalen Boutiquen, Bars, Yachten beschmieren, ist der Letzten Generation das maximale öffentliche Interesse gewiss. Klimakleber klicken gut – und das ist in Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie eine relevante Währung.
In den Medien schäumen die einen über die „Klimachaoten“ und erzählen immer neue schaurige Geschichten über die jungen Leute, unter die sich auch ein paar Altrevoluzzer mischen. Die anderen hingegen berichten wie Cheerleader von den Taten der „Aktivisten“, stellen stolz die Bilder der Letzten Generation zu ihren Artikeln und werden damit Teil einer PR-Maschinerie, entweder ahnungslos oder willentlich.
Viel Beifall für Klimakleber in den Medien
Besonders beliebt waren zuletzt die antikapitalistischen Aktionen auf Sylt und im Yachthafen von Neustadt. Die „Zeit“ titelt angetan: „Ein elegantes Orange“, der „Tagesspiegel“: „Letzte Generation färbt Luxusgeschäfte auf Sylt orange“. Offenbar war den Kollegen das Wort beschmieren von der Tastatur gerutscht.
Ein bisschen Neid auf die Reichen und populistische Parolen verkaufen sich stets besonders gut; verantwortlich für die Klimahölle, das sind die anderen. Allerdings dürfte das überzogene Vorgehen der Polizei mit diversen Razzien gegen die Politkleber zur Radikalisierung der Bewegung beigetragen haben.
Der etwas grobschlächtige Blick auf die Letzte Generation teilt auch die Politik. Während der grüne Oberbürgermeister von Hannover mit der Weltuntergangssekte paktiert, bezeichnete Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sie als „Kriminelle, die mit ihren Straftaten längst alle Grenzen überschritten haben“.
Verständliche Wut auf das Unverständnis der Älteren
Beides wird der Letzten Generation nicht gerecht. Zunächst einmal ist ihr Engagement angesichts der Zuspitzung der Klimakrise durchaus verständlich. Wer sich über die Blockaden empört, sollte sich fragen, wie er die Welt mit 20 betrachtet hat.
Wenn man den alten Satz von Churchill auf die Letzte Generation umschreiben möchte, liegt man nicht ganz falsch: „Wer mit 20 kein Aktivist ist, hat kein Herz. Wer es mit 40 noch ist, hat keinen Verstand.“ Wer jung ist, blickt anders auf die Welt – und der Weltuntergang lauert in der Adoleszenz hinter jeder Ecke. Junge Menschen, die auf der Straße kleben, bewegen mehr als die, die nur an ihrem Handy kleben.
Die Forderungen der Letzten Generation sind überschaubar
Doch wer ernst genommen werden will, muss sich kritische Fragen gefallen lassen: Lange Zeit war der politische Forderungskatalog der Dauerkleber überschaubar: Tempo 100 auf deutschen Autobahnen und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket. Letzteres ist längst Wirklichkeit, wenn auch zu einem anderen Preis. Trotzdem: Es gibt Tarif- oder Koalitionsverhandlungen, in denen die Parteien viel weiter auseinanderliegen.
Zuletzt kam eine dritte Forderung hinzu, die nach einem Gesellschaftsrat: Dieser soll mit Experten „sozial gerechte Maßnahmen gegen die Klimakrise“ entwickeln. Die Mitglieder des Gesellschaftsrates sollen per Los bestimmt werden und die Republik nach Alter, Geschlecht und Hintergrund abbilden.
Eine Forderung, die in einer Demokratie tollkühn ist – und wahrscheinlich den Klimaschutz in Deutschland nicht unbedingt voranbringt. Wahrscheinlich sitzen in diesem Zufallsgremium am Ende mehr SUV-Fahrer, Nackensteakgriller und Vielflieger als Lastenradfahrer, Veganer und Ostsee-Zelter.
Wem nutzt der Protest am Ende? Dem Klimaschutz eher nicht
Und noch eine Frage sollten sich nicht nur die Klimakleber, sondern auch ihre Freunde stellen: Wem nützen die Proteste am Ende? Robert Habeck hat es auf den Punkt gebracht: Der Protest der Letzten Generation erzeuge nur Ärger und Zorn und treibt die Leute weg; er sei keine Hilfe beim Klimaschutz.
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Es erschließt sich kaum, warum die Letzte Generation ausgerechnet in Deutschland, einem ambitionierten Land in Sachen Klimaschutz, besonders aufdreht und nun die Koalition unter Druck setzt, die als erste den Klimaschutz ernst nimmt. Vielleicht wären Polen oder China bessere Ziele?
Das letzte Mal, dass Deutschland wirklich das Weltklima ruiniert hat, liegt 13.000 Jahre zurück – damals explodierte der Laacher-See-Vulkan in der Eifel, schoss rund 20 Kubikkilometer Asche und Lava in die Atmosphäre und ließ die Temperatur auf der Nordhalbkugel dramatisch sinken. Der letzten Generation dieser Endzeit folgten noch viele.