Endlich wird der Titel erst am letzten Spieltag entschieden. Doch was wirklich spannend war, lesen Sie hier (mit Hamburger Beteiligung).
„So spannend war es in der Bundesliga schon lange nicht mehr. Ich bin gespannt, wie es am Wochenende ausgeht“, schrieb vor ein paar Tagen einer meiner Schwager über WhatsApp in unserer Großfamiliengruppe und bekam prompt ein „Stimmt“ von einem anderen Schwager als Kommentar. Gemeint war natürlich das Meisterschafts-Fernduell zwischen Bayern München und Borussia Dortmund, das an diesem Sonnabend entschieden wird – endlich einmal erst am letzten Spieltag der Saison.
Dazu muss man wissen, dass der erstgenannte Schwager ungefähr 45 Autominuten nördlich von der Münchner Allianz Arena wohnt und es natürlich mit dem FC Bayern hält. Da ist seine Sichtweise schon verständlich, schließlich hat sein Lieblingsclub in den vergangenen sechs Jahren den Meistertitel regelmäßig weitaus früher klargemacht und ist mit mindestens zehn Punkten Vorsprung ins Ziel gekommen. 2013 waren es gar 25 Punkte mehr als der Zweite, der auch damals Dortmund hieß.
"Du kannst ihnen doch nicht alle Illusionen nehmen"
So betrachtet ist es jetzt also ganz fürchterlich eng für den Rekordmeister bei gerade einmal nur zwei Punkten Vorsprung und der um 17 Treffer besseren Tordifferenz. Direkt gefragt hat mich zwar keiner meiner Schwager, doch als einziger berufsbedingter Sport-Experte in unserem Kreis spürte ich eine gewisse Erwartungshaltung. Und, ganz ehrlich, ich wollte das auch nicht so stehen lassen. Also schrieb ich: „Was soll denn daran spannend sein, wenn Bayern München in einem Heimspiel ein Unentschieden reicht, um Meister zu werden?“ Daraufhin schaltete sich auch noch mein Schwiegervater ein: „Du kannst ihnen doch nicht alle Illusionen nehmen.“
Also bat ich artig um Entschuldigung und fühlte mich doch bestätigt. Illusionen – das ist das entscheidende Stichwort. Ich halte die angebliche Spannung in der Meisterfrage für nichts anderes als eine Illusion. Die Bayern werden schon zur Halbzeitpause mindestens mit 2:0 vorne liegen gegen die tragischen und immer noch müden Europa-League-Helden von Eintracht Frankfurt, während sich der BVB im Borussen-Duell bei Mönchengladbach ähnlich schwertut wie zuletzt in Bremen (2:2) und gegen Düsseldorf (3:2).
Bayern München: Die ach so spontanen Bierduschen
Es wird gar keine Eile bestehen, am Spielfeldrand die XXL-Weißbiergläser zu füllen, um direkt nach dem Abpfiff die ach so spontanen Bierduschen zu zelebrieren. Aber bitte immer schön mit dem Markenlogo in Richtung der Kameras – die Brauerei zahlt schließlich ordentlich Geld dafür.
Ja, ich bin ein Realist und deshalb sicher, dass es so kommen wird. Aber ein bisschen träume ich dann doch noch. Wie wäre es denn, wenn die Frankfurter sich noch einmal aufraffen könnten zu einer Leistung wie in ihren mitreißenden Europa-League-Spielen, als sie sich nicht scherten um große Namen und angebliche Favoritenrollen der Gegner wie Inter Mailand, Benfica Lissabon oder Chelsea London? Wenn ihr Torwart Kevin Trapp einen Robert Lewandowski oder Thomas Müller zur Verzweiflung bringt und vorn Jovic, Rebic oder sogar Kostic – ja, genau der, der mal beim HSV war – treffen?
Bundesliga: Was wirklich spannend war
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr reizt mich dieser vielleicht doch nicht so illusorische Gedanke. Außerdem dürfen sich die Frankfurter schon aus eigenem Interesse nicht einfach abschlachten lassen. Sonst ergeht es ihnen am Ende so wie dem HSV 2010, als er auch erst im Halbfinale der Europa League ausschied und in der Bundesliga die erneute Qualifikation dafür um genau einen Platz verpasste.
Und eine Möglichkeit hätte Borussia Dortmund ja noch, um auch bei einem Unentschieden von Bayern München gegen Frankfurt deutscher Meister zu werden: 17:0 in Mönchengladbach zu gewinnen. Es wäre die späte Revanche für das bisher höchste Ergebnis, das es jemals in jetzt 56 Jahren Bundesliga gab. Am 29. April 1978 siegte Mönchengladbach gegen Dortmund 12:0, mit fünf Toren von Jupp Heynckes und auch einem Treffer von Ewald Lienen.
Es waren damals übrigens immer noch drei Tore zu wenig, um Meister zu werden, weil sich der 1. FC Köln mit einem 5:0 beim FC St. Pauli gerade noch ins Ziel rettete. Aber das war, fand ich damals jedenfalls, wirklich richtig spannend ...