Berlin/Hamburg. Ausgerechnet ein Boulevard-Magazin machte Ansprüche geltend. Günther Jauch geht, Anne Will übernimmt – und Jan Böhmermann stänkert.
Nach über vier Jahren Talk am Sonntagabend nach dem Tatort endet Günther Jauchs Gastspiel in der von ihm inzwischen ungeliebten ARD mit einer Gegendarstellung. Ausgerechnet Jauch, der sich mehrfach gegen Boulevard-Berichterstattung wehrte, muss sein letztes Wort den Juristen überlassen, bevor er sich wieder verstärkt seinem Engagement bei RTL und der erfolgreichen Sendung "Wer wird Millionär?" widmet. Nach Jauchs Sendung am Sonntag und vor den Tagesthemen verlas ein Sprecher eine Gegendarstellung des Magazins "Closer". Es ging um eine Jauch-Sendung über die Grenzen der Berichterstattung und Formel-eins-Legende Michael Schumacher.
Im April hatte die ARD die Namen der Zeitschriften eingeblendet, die eine Teilnahme an seiner Talkrunde abgesagt hatten. Dabei war auch "Closer". Laut Gegendarstellung hat der damalige Chefredakteur Tom Junkersdorf aber gar nicht abgesagt. ZDF-Mann Jan Böhmermann stänkerte in einem Tweet ironisch gegen auch.
Jauch hat in seiner letzten Talkshow keine Runde, sondern allein Finanzminister Wolfgang Schäuble zu Gast gehabt. Ihm konnte er einige aufschlussreiche Aussagen entlocken, auch wenn es mehr oder minder ein leitfadenloses Potpourri zu allen aktuellen Fragen und den schwebenden historischen Rätseln wie Schäubles Verhältnis zu Helmut Kohl war.
Schäuble verteidigte unter anderem seinen umstrittenen Vergleich der Flüchtlingszuwanderung mit einer Lawine. „Das mit der Lawine, das ist mir sehr ernst“, sagte Schäuble. Man müsse nicht nur die objektiven Probleme benennen, sondern das Flüchtlingsproblem auch für Menschen verständlich machen.
Zugleich wies er Spekulationen zurück, er habe mit dem Bild vom „unvorsichtigen Skifahrer“, der eine Lawine auslösen könne, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen ihrer Flüchtlingspolitik gemeint. Er habe der Kanzlerin gesagt, es tue ihm leid, sagte Schäuble. Auch habe er Merkel gegenüber betont: „Ich hab' bei Ihnen alle möglichen Vorstellungen, aber nicht die von einem Skifahrer.
„Herzlichen Dank, dass Sie uns diese viereinhalb Jahre so wunderbar die Treue gehalten haben“, sagte der 59-Jährige in seiner letzten Sendung. Jauch bat das Publikum, seiner Nachfolgerin Anne Will Vertrauen entgegenzubringen. Nach Einschätzung eines Medienexperten habe Will jetzt „beste Voraussetzungen“. „Das ist ja ganz selten, dass jemand einen Sendeplatz weggenommen kriegt – und ihn dann wiederbekommt“, sagte der ehemalige Leiter des Grimme-Instituts, Bernd Gäbler, der Deutschen Presse-Agentur. Will hatte bereits bis Frühjahr 2011 eine Talkrunde am Sonntagabend. Jetzt bekommt sie den Sendeplatz zurück. Will sei in der Zwischenzeit „souveräner“ und „selbstbewusster“ geworden, sagte Gäbler.
Sie sei womöglich nicht ganz so populär wie Jauch und werde eventuell etwas niedrigere Quoten haben. In der Sache werde sie das aber gut machen, sagte Gäbler. Dass sie den Wechsel des Sendeplatzes so mitgemacht habe, zeige zudem Loyalität und werde von den Sendern goutiert.
Jauchs Abschieds-Talk hatte 4,64 Millionen Zuschauer (Marktanteil 16,2 Prozent). Das war Durchschnitt für ihn. Den Tatort aus Kiel sahen 8,52 Millionen Zuschauer (Marktanteil 24,0 Prozent).