Mit 10,12 Millionen Zuschauern verpasst der Hamburger „Tatort“-Kommissar Nick Tschiller seine selbst vorgegebene Bestmarke deutlich. Und auch die 19 Todesfälle aus „Kopfgeld“ werden bald in den Schatten gestellt.

Hamburg/Berlin. Für die persönliche Bestmarke hat es nicht gereicht, für den obligatorischen Tagessieg aber allemal: Til Schweiger hat mit seinem zweiten „Tatort“-Fall als Hamburger Ermittler Nick Tschiller 10,12 Millionen Zuschauer (27,7 Prozent Marktanteil) vor die TV-Geräte gelockt.

Damit war die Folge „Kopfgeld“ am Sonntag klare Nummer eins im Quotenranking. Im Vergleich zur „Tatort“-Premiere büßte Schweiger allerdings ein. Die Geschichte „Willkommen in Hamburg“ hatten vor knapp einem Jahr noch 12,57 Millionen Menschen (33,5 Prozent) gesehen.

Zum weiteren Vergleich: Der Bremer „Tatort“ mit dem Titel „Brüder“ hatte vor zwei Wochen 10,18 Millionen Zuschauer (27,4 Prozent). Dennoch hatten Schweiger und Kollege Fahri Yardim mit ihrem Film besonders bei den jüngeren Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren Erfolg – in der Zielgruppe verbuchte er einen Marktanteil von 29,5 Prozent.

In Hamburg, Schauplatz der Jagd nach einem Crystal-Meth-Clan, lief es für Schweiger vergleichsweise noch besser: In der Hansestadt sorgten durchschnittlich 0,27 Millionen Zuschauer für einen Marktanteil von 37,9 Prozent.

Reaktionen im Netz und Feuilleton

Die Feuilleton-Reaktionen auf den zweiten Schweiger-Fall sind durchaus differenziert. Vor allem Schweigers Männerbild stößt auf Kritik. „Eine ideale Untermalung sogenannter Herrenabende“, meinte die „Süddeutsche Zeitung“. „Die Folgen mit Tschiller sind als Kontrastprogramm angelegt, die Betulichkeit der Tatorte soll gebrochen werden. Mehr Sex, mehr Blut. Wer's mag: für den ist es das Größte.“

Bei der Netzgemeinde kam der Fall „Kopfgeld“ indes weitestgehend gut an. Dennoch zielten auch dieses Mal etliche Kommentare auf die vielfach kritisierte Aussprache des 50-jährigen Hauptdarstellers ab. „Ich mag die Til Schweiger Filme. Bis auf den nuschelnden Typen, der da immer mitspielt“, schrieb etwa „skeletor7acht“ bei Twitter.

Auffällig dagegen die vielen positiven Kommentare für Tschillers Assistenten Yalcin Gümer. „Wie wärs mit einem Solo-Tatort für Fahri Yardim? Durchaus sympathisch! Werde von Fall zu Fall größerer Fan“, twitterte „Cnolle“.

Ähnlich sieht es auf „Spiegel online“: „2016, kleiner Vorschlag, könnte Fahri Yardim das Hamburger „Tatort“-Revier dann komplett übernehmen.“

Bis es soweit kommt, plant die ARD für dieses Jahr erst einmal zwei weitere „Tatort“-Filme mit Schweiger und Kompagnon Yardim in herkömmlicher Konstellation. „Auch wenn wir jetzt Lesererwartungen enttäuschen sollten: Wir freuen uns drauf“, schrieb „Spiegel online“ im Vorfeld.

Aufregung um Rap-Song

Der „Tatort“ hatte im Vorfeld bereits für einigen Wirbel gesorgt. Mit 19 Leichen stellte die Folge „Kopfgeld“ einen neuen Rekord in der Toten-Statistik des seit 1970 existierenden ARD-Klassikers auf. Lange wird die Marke nicht halten, denn im Herbst werden in einem Frankfurter „Tatort“ 47 Menschen sterben.

Aufregung hatte es auch noch unmittelbar vor der Ausstrahlung des neuen „Tatorts“ gegeben. Denn die jüdische Gemeinde in Hamburg kritisierte die Verwendung eines Liedes mit mutmaßlich antisemitischer Textzeile.

In „Kopfgeld“ war ein Ausschnitt aus dem Song „Psst“ des Offenbacher Rappers Haftbefehl zu sehen. Dieser Song enthält auch die Zeile „Ticke Kokain an die Juden von der Börse“. NDR-Sprecher Ralf Pleßmann stellte am Sonntag aber klar: „Diese Zeile ist definitiv nicht im „Tatort“ zu sehen.“

Bernhard Effertz, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Hamburg und Mitglied des NDR-Rundfunkrats, hatte der „Bild am Sonntag“ gesagt: „Ich werde das in der nächsten Sitzung des Rundfunkrats thematisieren und mein Missfallen äußern.“

Pleßmann entgegnete in dem Blatt: „Aus dem verwendeten Ausschnitt kann man in keiner Weise auf eine irgendwie auch nur annähernd antisemitische Aussage schließen.“