Die Nachricht, dass Roland Pofalla offenbar zur Bahn wechselt, sorgte nicht nur für Kritik an dem CDU-Mann. Auch viele Nachrichtenseiten mussten hämische Kommentare einstecken. Grund war eine falsche Exklusiv-Meldung der Satire-Seite „Postillon“.
Fürth/Hamburg. Satire, Real-Satire oder doch die Wahrheit? Viele Nutzer auf Facebook, Twitter und bei Kommentar-Funktionen verschiedenster Medien waren sichtlich verwirrt. Stimmt es nun, dass Ronald Pofalla, CDU, zur Bahn wechselt oder nicht? Und wer hat hier von wem abgeschrieben? Viele Nutzer sind sich einig, die gesamt Medienwelt hat bei der Satire-Seite „Postillon“ abgekupfert und die „Falschmeldung“ dann verbreitet. Und auch einige Journalisten-Kollegen waren offenbar verunsichert und fragten bei dem Herausgeber der Seite, Stefan Sichermann, vorsichtshalber nach, wie von ihm auf Facebook veröffentlichte Kommentare belegen.
Aber was war passiert? Am Donnerstag ergaben erste Berichte, dass der frühere Kanzleramtschef Ronald Pofalla möglicherweise bald einen Vorstandsposten bei der Deutschen Bahn erhalten wird. Grundlage waren Exklusivinformationen der „Saarbrücker Zeitung“.
Es sammelte sich erster Protest und Häme im Internet. So hieß es bereits: „Pofalla erklärt die Verspätung der Bahn als beendet“, ein Hinweis mit Augenzwinkern auf die von Pofalla gegebene Erklärung zum NSA-Datenskandal, den der CDU-Mann für beendet erklärte.
Und dann gelang Sichermann ein PR-Gag, der für Verwirrung, aber auch für große Bewunderung seitens der Fans der Seite sorgte. Der kürzlich zum „Journalist des Jahres 2013“ gekürte 33-Jährige schrieb – in völlig nüchternem Ton – die Spekulationen um Pofalla auf und leitete sie mit den Worten „Wie der Postillon am Mittwochmorgen erfuhr...“ ein. Also einem Tag zuvor. Über den Text schrieb Sichermann dann die Datumsmarke „Mittwoch, 1. Januar 2014“ und behauptete beim Kurznachrichtendienst Twitter dreist, er habe die Pofalla-Geschichte „exklusiv“ gehabt. Andere Medien seien nach ihm auf die Story aufgesprungen.
Schon kurze Zeit nach der Veröffentlichung sammelten sich die Kommentare unter den Berichten zu Pofalla, nicht nur beim Postillon, sondern auch auf bei der „Tagesschau“, bei „Spiegel Online“ und anderen Seiten, in denen die Nutzer die deutsche Medienlandschaft kritisierten.
Offenbar glaubten viele dem Spaßmacher als den etablierten Medien. Sie hielten die seriöse Nachricht prompt für einen von Sichermanns Scherzen. Die Seiten mussten viel Häme einstecken. Nutzer schrieben immer wieder, die Nachricht sei ein Scherz und stamme vom Postillon. Viele freuten sich, dass sogar in Nachrichtensendungen im TV von Pofalla die Rede war. Andere, weit weniger viele Nutzer, stutzten, reagierten verwirrt und verunsichert. Waren die Leser dieses Mal selbst dem Satire-Blatt auf dem Leim gegangen?
Trotz mehrerer Kommentare, die darauf hinwiesen, dass Sichermann offenbar den Zeitstempel einfach auf das Datum vom Mittwoch umgestellt hatte, folgten weitere hämische Kommentare.
Am späten Abend reichten dann die Reaktionen im Internet von Ernüchterung über Verwirrung bis hin zu einer Flut von Komplimenten an den „Postillon“ für die Aktion.
„Debatte um Pofalla, Postillon und Medien zeigt vor allem, dass zu viele Leute Funktionen und Mechanismen des Netzes nicht verstehen“, schrieb ein Twitternutzer namens „davidermes“. Ein anderer User mit Namen „MartinJungfer“ befand: „Eins auf die Mütze für die Netz-Besserwisser und ewigen Nörgler“.
Sichermann selbst hielt sich am Freitag zunächst bedeckt, ist offenbar stolz auf seine Aktion. Er änderte das Titellogo „Der Postillon“ vorübergehend in „Der Pofalla“ um. Vielleicht ist die Diskussion, wer als Erster die Nachricht hatte, aber doch noch nicht am Ende. Im Netz kursierte am Freitag eine neue Persiflage: Aufnahmen einer archäologischen Ausgrabung. Auf einer Tonscherbe steht in altertümlicher Schrift „Pofalla geht zur Bahn“ geschrieben.
Leser schätzen den „Postillon“ für Schlagzeilen wie diese: „Vier von fünf Killerspiele-Spielern zu fett für Amoklauf“. Oder: „Studie entlarvt Bäume als faulste Spezies der Welt“. Dass die Online-Satirezeitschrift aber so hohe Wellen im Netz schlagen könnte wie nun geschehen, hätten wohl die wenigsten geglaubt.