Sat.1 mustert den einstigen 54-jährigen Fernsehstar aus. Als Eintänzer auf dem ZDF-“Traumschiff“ wird er den Zuschauern erhalten bleiben.
Berlin. Eigentlich wollte Harald Schmidt bis zum Rentenalter seine Late-Night-Show weitermachen. Doch Sat.1 hat den 54-jährigen einstigen Kultstar jetzt schon ausgemustert. Am 3. Mai wird die letzte „Harald Schmidt Show“ über den Bildschirm gehen. Der Entertainer gab sich am Mittwochabend gelassen und ging humoristisch mit seiner Absetzung um. "Übrigens, meine Show am 3. Mai ist bereits ausverkauft", flachste Schmidt. Von neuen Plänen Schmidts ist noch nichts bekannt. Seine Theaterambitionen hat er aufgegeben, ob er sich auf den Kabarett-Bühnen zurückmeldet, ist ungewiss. Sicher ist ihm derzeit seine Rolle auf dem ZDF-"Traumschiff“, wo er seit 2008 alleinreisende Damen als Eintänzer entertaint. Schmidt scherzte in der Sendung am Abend: "Ich gehe wahrscheinlich bei ZDF neo putzen."
Viele Kritiker meinen, er hätte als Late-Night-Talker schon längst von Bord gehen sollen. Seine beste Zeit liegt jetzt zehn Jahre zurück. Seine Zeit bei der ARD von Ende 2004 bis Juni 2011 hatte er über weite Strecken uninspiriert hinter sich gebracht. Trotzdem setzte Sat.1 wieder große Hoffnungen in seinen einstigen Star. Schmidt sagte, seine „Restlaufzeit wird komplett in die Late Night investiert.“ Und bald meinte er, er mache wieder eine „Spitzensendung“.
Ab Januar bekam er einen dritten Sendeplatz in der Woche. Im Durchschnitt kriegte er aber nur 730.000 Zuschauer und 5,4 Prozent Marktanteil, in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen nur 430.000 Zuschauer, aber sieben Prozent Marktanteil.
Sat.1 macht Schluss: Aus für die "Harald Schmidt Show"
Dass sich Harald Schmidt einen herausragenden Platz in der deutschen Fernsehgeschichte verdient hat, steht außer Zweifel. Aber begleitet wurde seine einzigartige Karriere als Late-Night-Talker immer von einem heftigen Auf und Ab der Quoten.
In mageren Zeiten konnte er sich auf seine Freunde an den entscheidenden Positionen verlassen. Am Anfang war Fred Kogel sein Steigbügelhalter. Als dieser 1995 das ZDF verließ und bei Sat.1 Programm-Geschäftsführer wurde, holte er Harald Schmidt für eine tägliche Late-Night-Show. Schmidt war als Moderator der ARD-Show „Verstehen Sie Spaß“ an einem Quotentief gescheitert, und kurz danach wurde auch seine wöchentliche ARD-Show „Pssst...“ wegen zu geringer Quote abgesetzt.
Kogel engagierte damals gleichzeitig seinen Freund Thomas Gottschalk, den RTL wegen zu geringer Quoten gekündigt hatte. „Mit diesem ’Dreamteam’, das jeder Fernsehsender gerne hätte, wird es Sat.1 gelingen, im Unterhaltungsbereich noch weiter nach vorne zu kommen“, sagte Kogel. Gottschalks „Haus-Party“ bei Sat.1 hielt aber nur bis Ende 1997 durch.
Harald Schmidt startete am 5. Dezember 1995 und produzierte seine Show von 1998 an mit seiner Firma Bonito TV selbst. Mit seiner spitzen Zunge sorgte „dirty Harry“ für Aufsehen und Skandälchen mit Polenwitzen und Beleidigungen von Fußballstars („Warmduscher) oder einer WDR-Moderatorin, die er mit einer Kloschüssel verglich.
Das Hoch seiner Karriere erlebte Schmidt in den Jahren 2000 und 2001. In den Feuilletons der deutschen Zeitungen überschlugen sich die Kritiker mit Lob. Schmidt erhielt zwei Mal den Deutschen Fernsehpreis. Anfang 2000 verlängerte er Vertrag um zwei Jahre. Sat.1-Geschäftsführer Kogel sagte, die Sendung sei “ein Glücksfall, bei dem Qualität, Quote und wirtschaftlicher Erfolg für Sat.1 zusammenkommen„. Bei den 14- bis 49-Jährigen habe sich der Marktanteil von 12,1 Prozent im Jahr 1996 auf 16,6 Prozent 1999 erhöht.
Im Jahr 2002 wollte der neue Sat.1-Geschäftsführer Martin Hoffmann am liebsten “die nächsten 30 Jahre„ mit Harald Schmidt zusammenarbeiten. Doch dann wurde Hoffmann durch Roger Schawinski abgelöst, und im Dezember 2003 gab der Sender bekannt, Schmidt werde eine “Kreativpause„ einlegen. Schawinski hielt den Entertainer für ersetzbar: “Schmidt ist nicht Gott, wie eine Zeitung geschrieben hat„, sagte er. Er verpflichtete Anke Engelke als Nachfolgerin, die aber bald die Segel strich.
Der frühere RTL-Chef Helmut Thoma zeigte damals wenig Verständnis für die Trauer über das Ende der “Harald Schmidt Show". “Harald Schmidt war ein Kult-Flop", meinte er. Die letzte Ausgabe Ende 2003 sahen 2,47 Millionen.
Im November 2004 schloss die ARD den Vertrag mit Schmidts neuer Firma Kogel und Schmidt GmbH. Der damalige NDR-Intendant Jobst Plog hatte sich für das Engagement stark gemacht. Den Auftakt im Ersten sahen 5,16 Millionen, der Marktanteil lag bei 16,6 Prozent. "Zum ersten Mal in meiner Karriere mache ich Quote“, kommentierte Schmidt die Quote. Allerdings hielt die Freude nicht lange. Die Quote sackte so stark ab, dass man Oliver Pocher mit ins Boot holte. Einen richtigen Aufschwung gab es aber auch mit Pocher nicht, der Ende 2008 wieder gehen musste. Er lästerte: "Der Mythos Harald Schmidt zerbröselt langsam.“