Düsterer ARD-Krimi erzählt von Entführungsfall mit unglücklichem Ausgang. Selbst Sprücheklopfer Ballauf und Schenk schlürfen kleinlaut Kaffee.
Es wurde nicht hell in diesem "Tatort", 90 Minuten lang nicht. Der Rhein suppt trübe vor sich hin, das spätherbstliche Laub hat sich in die Gehwege gegraben, die Kommissare Ballauf und Schenk (Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär) tragen schwarze Schals, schwarze Jacken. Eine bleierne Schwere lag über diesem Film, lange schon kam die Krimireihe nicht mehr so melancholisch daher.
Kein Wunder, erzählten die "Tatort"-Routiniers Kaspar Heidelbach (Regie) und Norbert Ehry (Buch) vom denkbar Furchtbarsten: der Entführung eines jungen Mannes mit unglücklichem Ausgang. Erstaunlich temporeich schritt ihr Fernsehfilm voran angesichts all der angstgelähmten Figuren: Ein Paar, das um das Leben seines einzigen Kindes bangt; ein traumatisiertes Entführungsopfer; der Sohn eines Bauunternehmers, der von zwei Maskierten gefangen gehalten wird und seine Eltern am Telefon anfleht: "Lasst die Polizei weg, die können sowieso nichts machen."
Die Grundstimmung dieses "Tatorts" mit dem hübschen Titel "Keine Polizei": Ohnmacht. Selbst die Sprücheklopfer Ballauf und Schenk schlürfen kleinlaut den Bürokaffee und verschonten die geplagte Assistentin Franziska ausnahmsweise mit ihren Macho-Frotzeleien. Es ist kein einfacher Fall für das Ermittlerduo. Sie sind nicht Freund und Helfer, sondern Störenfriede.
"Bestimmen jetzt die Angehörigen, ob wir unseren Job machen dürfen", wettert der Staatsanwalt. Tun sie. Da kann Polizeipsychologin Lydia Rosenberg (Juliane Köhler) noch so einlullend reden und Tee servieren - nichts lähmt die Zunge so sehr wie Angst. Angst um das Leben der Liebsten.
Gewohnt herausragend ist auch dieser "Tatort" besetzt: mit der Hamburger Schauspielerin Ulrike Grote und einem ungewohnt schmalgesichtigen Thomas Heinze als gebrochene Eltern, Katharina Wackernagel und Oliver Bröcker als Paar, dem die Vergangenheit alle Zukunft verbaut hat. Nur Köhlers Polizeipsychologin würde man am liebsten in eine Praxis irgendwo im tiefsten Kölner Umland abkommandieren. Es bleibt rätselhaft, was Raubein und Einzelgänger Max Ballauf an dieser Frau findet, die altrosa Gewänder trägt und ihm, dem Fleischfreund, fettfreies, vegetarisches Take-away-Essen ins Büro bringt, das anzurühren er dann doch nicht über sich bringt.
An authentischen Fällen wie etwa der Reemtsma-Entführung oder dem Mord am Bankierssohn Jakob von Metzler hat sich Drehbuchautor Ehry orientiert. Mitunter wähnte man sich bei "Keine Polizei" eher in einem Drama als im klassischen Krimi, obwohl es ungewöhnlich spannend zuging. Aber eben auch besonders tragisch. Selbst die Currywurst dampfte in der letzten Einstellung traurig vor sich hin.