Hamburg. Das Ukrainian Freedom Orchestra spielte in Hamburg unter anderem vor Soldaten, die bald in das Grauen des Kriegs zurückkehren.

Viele erinnern sich vielleicht noch an das Benefizkonzert des von Profi-Musikerinnen aus der Ukraine im Exil gegründeten Ensemble Mriya in der Laeiszhalle im Frühjahr 2022 oder an das erste Elbphilharmonie-Konzert des Ukrainian Freedom Orchestra vor gut einem Jahr. Damals konnte durch die Kraft der Musik auch von ukrainischen Komponisten viel von den Gefühlen dieses leidenden Volkes ausgedrückt werden.

Am Mittwoch war das Ukrainian Freedom Orchestra zum Finale des Elbphilharmonie Sommers erneut zu Gast im Großen Saal. Im Publikum saßen auch, wie die Generalkonsulin der Ukraine in Hamburg Irina Tybinka in einer Grußrede mitteilte, ukrainische Soldaten in Zivil, die sich wegen ihrer Kriegsverletzungen in Hamburg behandeln ließen und bald wieder in die Grauen des Krieges zurückkehren müssten.

Elbphilharmonie: Ukrainischer Schmerz in Musik gegossen

Und der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher ergänzte, dass im international besetzten Orchester an diesem Abend zudem einige Musiker spielten, die nur mit einer Sondergenehmigung die Ukraine verlassen durften. Der Schmerz, den die Ukrainer in ihren Herzen trügen, so Tybinka, sei unendlich. Das Ukrainian Freedom Orchestra habe die Aufgabe, daran zu erinnern, was Freiheit in der Welt bedeute.

Unter der Leitung der kanadischen Dirigentin Keri-Lynn Wilson, die selbst ukrainische Wurzeln hat, begann das Konzert mit Giuseppe Verdis Ouvertüre zur tragischen Oper „La forza del destino“. Gleich in den ersten drei Akkordschlägen des ganzen Orchesters, aber auch in dem lyrischen Streicherthema mit besonders markant herausgearbeiteten Betonungen wurde Wilsons energische, auf dramatische Kontraste ausgelegte Lesart deutlich.

Elbphilharmonie: Von Glockenklängen und Bongoschlägen begleitete Kantilene

Das kam dann auch dem Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 des 1942 geborenen ukrainischen Komponisten Yevhen Stankovych mit dem aus Charkiw stammenden Geiger Valeriy Sokolov als Solisten zugute. Auch hier bildete ein kraftvoller Tuttischlag des für ein Violinkonzert fast zu riesig besetzten Ukrainian Freedom Orchestras den Auftakt. Obwohl sogar vier Hörner, vier Posaunen und zwei Trompeten das Mammutensemble ergänzten, wurde die Solo-Geige nie in den Hintergrund gedrängt, denn Stankovych hatte in seiner Partitur für jeden Solo-Einsatz Freiraum gelassen.

Eigentümlich war Sokolovs von Glockenklängen und Bongoschlägen begleitete Kantilene zu Beginn. Mit dem Aufbau eines klassischen dreisätzigen Violinkonzerts hat Stankovychs Werk allerdings wenig gemein, denn es besteht nur aus einem Satz und hat eher den Charakter einer Rhapsodie. Viele Abschnitte, etwa ein langes, von vogelstimmenartigen Figuren der Piccoloflöte verziertes Geigensolo, haben einen bildhaften, aber auch oft schwermütigen Ausdruck.

Konzert Hamburg: Ukrainische Widerstandskraft in der „Eroica“

In Beethovens 3. Sinfonie „Eroica“ am Ende fanden das Orchester und seine Dirigentin dann zu einer unglaublichen Dichte und Stringenz und es bestand kein Zweifel daran, dass sich das „Heroische“ dieses Werkes an diesem Abend allein auf die Widerstandskraft der Ukraine beziehen sollte.