Hamburg. Aszure Barton und Ambrose Akinmusire beschließen mit dem Tanzstück das Internationale Sommerfestival auf Kampnagel.
Der Schwarze Block tanzt. Kostümbildner Rémi Van Bochovhe hat das zwölfköpfige Ensemble in identische, geschlechtlich nicht definierte Dresses gesteckt: schwarzer Hoodie, schwarze Baggypants, schwarze Socken. Und so jagen, gleiten, hüpfen die Tänzerinnen und Tänzer dann über die Bühne – eine dunkle, kaum unterscheidbare Masse Mensch, eine Gang, eine Gruppe politischer Aktivisten, auf der einen Seite martialisch, auf der anderen aber auch verspielt, mit hintergründigem Witz.
Die kanadische Choreografin Aszure Barton hat das gut einstündige „AA|AB:BEND“ als Uraufführung zum Abschluss des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel kreiert: ein abstraktes Tanzstück, das einerseits seine Wurzeln in Streetdance und im Club hat, andererseits aber auch interessiert ins klassische Ballett schielt, wenn eine Tänzerin wie selbstverständlich aus einer intimen Bewegung auf die Spitze wechselt, ein, zwei Schritte lang, dann kehrt sie zurück ins Zeitgenössische. Und dazu spielt Ambrose Akinmusire elektronischen Jazz, mit verhallter Trompete und synthetischen Perkussions, auf einer Kanzel, die nicht von ungefähr an ein DJ-Pult erinnert.
- Schotten begeistern mit reichem Klang und barockem Zauber
- AnnenMayKantereit- Rekordkonzert mit Schrecksekunde
- „Guter Sex“ auf der Bühne? Nett und ein bisschen langweilig
Kampnagel: Das subversive künstlerische Potenzial des Nachtlebens
Eindeutige Bilder verweigert Barton, mal abgesehen von kurzen Duetten, von denen eines einen scheuen Cunnilingus andeutet. Dafür schafft sie aber einen klaren Ort: Nicole Pierces Bühne besteht aus einem großen Neonkreis, an dessen Ende Akinmusires Pult steht, von oben senkt sich ein dunkel leuchtendes, rundes Objekt herab, das an eine Diskokugel erinnert. Unwahrscheinlich, dass Barton das beabsichtigt, aber der Raum ähnelt dem Resonanzraum auf St. Pauli, einer Mischung aus klassischem Konzertort und Club. Und als Grenzgang zwischen Klassik und Zeitgenössischem ist „AA|AB:BEND“ eben auch ein Stück, das das subversive künstlerische Potenzial des Nachtlebens auslotet – der Titel erinnert ganz beiläufig an „Abend“.
In Hamburg kennt man Barton von früheren Arbeiten auf Kampnagel. International arbeitet sie allerdings mit den großen Ballettkompanien zusammen, unter anderem mit dem Ballett am Rhein, aktuell noch geleitet von Demis Volpi, der kommendes Jahr das Hamburg Ballett übernehmen wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Volpi die Zusammenarbeit mit Barton auch an der Elbe fortführen wird – „AA|AB:BEND“ jedenfalls lässt einen mit Vorfreude in die Zukunft blicken.
AA|AB:BEND wieder am Sonnabend, 19.45 Uhr, und am Sonntag, 16.30 Uhr und 20.30 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20, Tickets unter 27094949, www.kampnagel.de