Im September kommt die erste TV-Serie. Und ein neues Buch des Meisters gibt es auch schon wieder: Willkommen bei den Käsis!
Ein „dadaistisches und quietschbuntes Bilderbuch für Erwachsene“, heißt es im Pressetext zu Heinz Strunks neuem Buch. Uns fallen da noch ein paar andere Begriffe ein: „Die Käsis“ ist bekloppt, behämmert und ganz, ganz hoher Schwachsinn.
So was kann man sich vermutlich nur ausdenken, wenn es einem beim Genuss geistiger Getränke an einer Grundlage mangelt. Man also am Tresen sitzt – Ideen zirkulieren, schießen auf immer gewagtere Umlaufbahnen – und irgendwann richtig Hunger hat. Dann wird aus einer Story über die Liebe eine über Käse. Bringt nur Strunk so, quasi als Liebeserklärung an gegorene Milcherzeugnisse.
Heinz Strunk schreibt Comic über Käse: Erstes Bilderbuch so bekloppt wie nie
Lebensmittel-Verehrung kennt man ja von ihm, siehe seine Songs „Braunes Gold“ und „Rebengold“. Strunks musikalisches Schaffen dürfte unter dem Signet „Guilty Pleasure“ laufen, wahrscheinlich auf beiden Seiten, der des Künstlers und der des Rezipienten.
Strunk macht Strunk-Sachen, weil er es kann. Und weil Nichtstun keine Option ist. Aber der Status als gut verkäuflicher Vielkönner hilft doch auch. Für das jetzt im Carlsen-Verlag erscheinende Buch, bei dem Strunk sich nun im Comic-Bereich versucht, wurde der britische Street-Art-Künstler vents137 engagiert. Der Mann hat gute Arbeit geleistet.
Heinz Strunk: Parmesan-Upperclass trifft Scheibenkäse-Unterschicht
Um was geht es? Käselinchen („Ein edler, in hauchdünner Himalajaluft gereifter Trüffel-Parmesan mit Qualitätsstempel und kostbarer Rinde“) und Käs („Ein industriell gefertigter, einfacher Haushalts-, Koch- und Schnäppchenkäse: billig gefärbt, ohne Rinde, von schlechter Konsistenz und Haltbarkeit. Bei Hitze oder Kälte verformt er sich zu Wellblechkäse“) verlieben sich gegen alle Wahrscheinlichkeit ineinander.
Wobei das schon in der Logik dieser Humbug-Story (so ein Käse, also wirklich!) gedacht ist. Dass ein Käse sich in einen anderen Käse verliebt, ist in der Käse-Welt völlig normal. Nicht normal sind die Standesunterschiede von Käselinchen und Käs. Parmesan-Upperclass hier, Scheibenkäse-Unterschicht da. Aber wo die Liebe hinfällt, nicht wahr?
Heinz Strunk spricht von einem „All-Age-Kinderbuch“
In diesem „All-Age-Kinderbuch“, wie Heinz Strunk seinen liebevoll gezeichneten Comic-Schinken über eine Käse-Liebe nennt, die viele Feinde hat, müssen die tragisch Liebenden miteinander durchbrennen – in ihrem Fluchtauto, der „alten Eierscheese“. Käsiland kann ein gefährlicher Ort sein!
Besonders, wenn die „fiesen Käsis“ ins Spiel kommen. Und da besonders der Chef der immer schlecht gelaunten und hinterhältigen Schimmelkäse-Fraktion, ein Quasi-Diktator namens Beef Jezos. Ein weiteres Problem für die Liebenden ist die Leibstandarte des Beef Jezos: die Käsesticks, die Zahnstocher „wie pneumatische (Hyper-)Stelzen“ benutzen, und gemeinsam mit den Käsecrackern auf die Jagd gehen. In diesem Falle hinter Käselinchen und Käs her, durchs Edelnussreich Macadamia, durch die Wüste Gabi bis zur Hallig Honig.
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Ohne Illustrationen würde die Geschichte schwerlich funktionieren. Wobei Strunk-Sound und Sprachwitz auch in diesem Nonsense-Projekt unverwechselbar sind. Geheime „Schimmelkäsecops“ beobachten beim großen Käsfest das amouröse Treiben von Käselinchen und Käs, dann wird Letzterer in Handschellen abgeführt, wobei der rigorose Handlanger der Macht verbal in die Vollen geht: „Du hast ja wohl nicht mehr alle Käsiletten am Zaun! Schluss jetzt mit den Käsimatenten!“ Reinster Strunk.
Heinz Strunks „Die Käsis“: Jede Illustration ist ein Kunstwerk
Der Klamauk ist fürs Auge gemacht, wobei man, selbst als Käseliebhaber, an lukullische Freuden teilweise gar nicht mehr denkt. Man sieht dann lediglich mal psychedelische, mal verwimmelte, mal stark, mal dezent gelbstichige Action – die den Street-Art-Künstler, der vents137 ist, eindeutig verrät.
Jede Illustration ist ein Kunstwerk, das die Wände und Mauern des urbanen Dschungels schmücken würde. Die Bildergeschichte mit (viel) Text ist anspielungsreich in Wort und Illustration. Und alle Bilder seien übrigens, verrät der „Käsis“-Waschzettel, „analog und in mühevoller Kleinarbeit mit Markern gefertigt“.
Strunk selbst, der kürzlich seinen Teil an den Arbeiten an der Amazon-Serie „Last Exit Schinkenstraße“ in Meiendorf und auf Mallorca zu Ende gebracht hat, ist jedenfalls überaus zufrieden mit seinem neuen Buch. „Die Zeichnungen sind auch sehr gut, sonst hätte ich sie nicht genommen“, teilte Strunk auf Anfrage mit. Wobei das „auch“ dann schon deutlich macht, wie überzeugt der 61-Jährige vor allem von seinem Textbeitrag ist.
Er lässt seine lieben Käsis übrigens ganz doll leiden; Käs ist nach der Festnahme durch die Schimmelschergen so derangiert, dass er nur noch in „Goudawelsch“ vor sich hinbrabbeln kann: „Bau ein die Käse – die Originals/Schmeiß weg die Käse – aber nicht die Originals“.
Neues Buch von Heinz Strunk: Wellblechkäsealarm in der Wüste Gabi
Später ist vom Käsforscher Professor Cheddar die Rede, der einst die Käseformel entdeckte beziehungsweise das, was die Käse-Welt im Innersten zusammenhält – „alles, was passiert, wird bestimmt von einer gewaltigen, unsichtbaren Macht“.
Diese Macht seien die sogenannten „cheddarschen Felder“. Was genau ist den großen Liebenden vorherbestimmt? Zwischendurch ein schlimmer Trip durch die „heiße und knochentrockene Wüste Gabi“ – die Billigverarbeitung von Käs rächt sich, Wellblechkäsealarm! Käselinchen opfert einen Teil ihrer Rinde, um wenigstens den Käskopp zu schützen.
Im unlängst erschienenen Erzählungs- und Kurzprosaband „Der gelbe Elefant“ ist Strunk schon zupackend im Freestyle unterwegs. In „Die Käsis“ steigert er den Sprachwitz noch. Aber warum eigentlich keine Ballade über die Liebe zweier Würste, warum kein Märchen aus dem Reich der „Wurstis“, Herr Strunk?
„Käse ist lustiger und schmeckt besser“, sagt der Mann, der mal eine Zeit lang im Schanzenviertel eine lateinamerikanische Cantina betrieb. Könnte beides stimmen.