Hamburg. Klassik und Boogie im Pianosommer: In der Elbphilharmonie würdigten und neckten sich vier sehr unterschiedliche Meister.
Kla-eins, Kla-zwei, Kla-drei, Kla-vier, der Pianosommer steht vor der Tür – oder so ähnlich. Jazzpianist Martin Tingvall, Boogie-Woogie-Legende Axel Zwingenberger, Klassiker Sebastian Knauer und Joja Wendt, der Entertainer mit den flinken Fingern, luden am Sonntag wie seit 2016 gehabt in die Elbphilharmonie, um mit acht Händen auf zweimal 88 Tasten die unendlichen Möglichkeiten hörbar zu machen, die so ein Flügel bietet.
Elbphilharmonie: Pianosommer Hamburg mit Joja Wendt und Axel Zwingenberger
Der Reiz des Pianosommers, dem einige Teile des Publikums offenkundig nicht erstmalig beiwohnten, liegt seit jeher in der Kombination, der Ergänzung, den Differenzen der fabulösen vier am Klavier. Da ist Martin Tingvall, der schwedische Jazzpianist, noch kürzlich mit dem Rest seines Trios bei Blohm+Voss zum Elbjazz zugange.
Seinen Improvisationen entgegengesetzt werden die klassischen Anschläge Sebastian Knauers, über dessen Zurückgenommenheit sogleich der Boogie-Woogie Zwingenbergers rollt, dass es nur so trillert und tremoliert. Abgeschmeckt wird mit Joja Wendts populärmusikalischem Spektrum und allerlei Neckereien der vier untereinander.
„Sie waren bestimmt nicht beim Schlagermove gestern“, begrüßte Wendt seine Zuschauer am Sonntag mit nur scheinbarer Süffisanz. „Dieses Publikum hier zeugt natürlich von einer ganz anderen Reife und Qualität.“ Gekicher auf den Sitzen, wie danach noch so oft an diesem Vormittag, der sich doch wie ein Abend gab und anfühlte.
Konzert in Hamburg: Klassik, Jazz und Boogie-Woogie wechseln sich ab
Nach einer Art Vorstellungsrunde, bei der ein jeder seinen ganz eigenen Stil kurz an der Klaviatur präsentierte, gehörte die Bühne ganz Knauer. Eine derart kraftvolle, dynamisch-ausgeklügelte „Rhapsody in Blue“ legte er solo auf dem Steinway hin, dass das „fehlende“ Orchester nahezu vergessen war.
Locker und leicht gab sich dagegen Wendt. Zitat Knauer: „Der kann auch Bundeskanzler – er nimmt die Menschen mit.“ Recht so, egal ob beim „St. Louis Blues“, dem ersten Stück, das Wendt jemals vor Publikum spielte, oder seinem selbst komponierten „Das Palindrom“, das er am Sonntag zum ersten Mal vor Zuschauern intonierte.
Weniger seicht, sondern die großen Probleme der Menschheit adressierend, wandte sich Martin Tingvall mit seinem intensiven und hoffnungsvoll ausklingenden Notruf „SOS“ an das Elbphilharmonie-Publikum. Trotz seiner schwedischen Herkunft blieben Parallelen zum gleichnamigen ABBA-Song glücklicherweise aus.
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Pianosommer in der Elbphilharmonie: Absolute Komfortzone für Spieler und Gäste
Dominierten anfangs noch Soli der vier Pianisten, saßen sie schon bald immer wieder zum Duett beisammen. Und wer gerade nicht in die Tasten haute, vertrieb sich die Zeit fingerschnippend und kniewippend auf einem Barhocker am Rande der Bühne. Die absolute Komfortzone. Für Spieler wie Publikum war das ein Sonntagvormittag unter Freunden, insbesondere wenn sich der mit Abstand am stärksten Umjubelte, der Boogie-Meister Zwingenberger, an die schwarz-weiße Tischdecke der guten Laune setzte.
Zum großen Finale mussten sich dann freilich alle vier Herren gemeinsam an eine Klaviatur zwängen und mit 40 Fingern 88 Tasten bedienen, dass es nur so scheppert. Das Publikum klatschte frenetisch mit – auf diesen Moment hatten hier schließlich alle gewartet.