Hamburg. Er kann auch anders: Dieter Hallervorden gastiert mit „Biedermann und die Brandstifter“ bei den Privattheatertagen am Altonaer Theater.

Wenn ein Star auf der Bühne steht, dann kommen auch die Zuschauer. Sie wollen Didi Hallervorden auf der Bühne erleben, diesen immer noch vitalen Schauspieler und Komiker. Im Rahmen der Privattheatertage (PTT) gastiert er mit Max Frischs modernem Klassiker „Biedermann und die Brandstifter“ im Altonaer Theater, einer Inszenierung aus dem von ihm geleiteten Schlosspark Theater in Berlin.

Die meisten Zuschauer, darunter auch Hallervordens Kollege Otto Waalkes, sind wegen des inzwischen 87 Jahre alten Tausendsassas gekommen, eine ebenfalls anwesende Schulklasse wohl eher wegen des Dramas. Frischs Lehrstück, 1958 in Zürich uraufgeführt, ist im Unterricht wegen seiner Aktualität immer noch beliebte Lektüre.

Theater Hamburg: Hallervorden steht mit seiner Frau auf der Bühne

„Wir sind nicht so!“ betont der wohlsituierte Haarwasserfabrikant Gottlieb Biedermann (Hallervorden) immer wieder und rühmt sich für seine Menschlichkeit. Doch die Obdachlosen, die verdächtigt werden, Brände in der Stadt zu legen, schert er alle über einen Kamm und möchte sie mit gnadenloser Härte bestrafen. Biedermann spuckt große Töne, er fühlt sich überlegen und sieht sich in seiner Villa als Herr im Haus.

Als dann tatsächlich zwei der Brandstifter (Georgios Tsivanoglou und Mario Ramos) sich bei ihm einschleimen, erkennen weder er noch seine Gattin (Christiane Zander, auch im wirklichen Leben Hallervordens Frau) in ihrer Naivität nicht, wer sich da von ihnen bewirten lässt und auf dem Dachboden sein Lager aufschlägt. „Wer wirklich ein Brandstifter ist, fragt nicht nach den Streichhölzern“, stellt Biedermann feixend fest, bevor sein Haus in Flammen aufgeht.

Theater in Hamburg: Dieter Hallervorden spielt eine bitterböse Farce

Regisseur Philip Tiedemann hat die Vorlage als eine böse Farce inszeniert – mit Hallervorden im Zentrum. Sein Biedermann ist ein selbstgefälliger Opportunist, der nach unten tritt und nach oben buckelt, ein klassischer Spießbürger. Einen Mitarbeiter treibt er in den Suizid, während die Brandstifter unter seinen Augen Benzinfässer auf den Dachboden schaffen.

Brandstifter Schmitz (Tsivanoglou) ist schon wegen seiner Körperfülle bedrohlich, sein Kumpan Eisenring (Ramos) dagegen ein sprachgewandter Provokateur. Biedermann und seine beflissene Gattin haben diesen beiden üblen Kreaturen nichts entgegenzusetzen. Ihre Angst wächst, und sie arrangieren sich mit dem offensichtlich Bösen.

Auf eine tagespolitische Aktualisierung verzichtet Tiedemann, und sie ist auch nicht nötig. Die Parallelen zum grassierenden Populismus mit seinen wenig differenzierenden Sichtweisen sind überdeutlich. Wer sich Brandstifter ins Haus holt (oder sie bei demokratischen Abstimmungen wählt), muss sich nicht wundern, wenn das Haus später in Flammen aufgeht und die Demokratie den Bach runter.

Vor dem Nachspiel in der Hölle bemerken Biedermann und seine Frau, das es wieder brennt. „Zum Glück nicht bei uns“, sagen sie – ohne zu ahnen, dass im eigenen Haus die Lunte bereits glimmt. Am Ende des nur 70 Minuten langen Stücks feiert das Publikum Hallervorden und seine starken Mitspieler und Mitspielerinnen aus Berlin. Der Weg nach Altona hat sich für alle gelohnt, der Bühnenstar hat die Erwartungen erfüllt.