Hamburg. Der Hamburger Sänger und Songschreiber begeisterte zwei Stunden mit wunderschönen Klängen im „Heavy-Metal-Schuppen“ Markthalle.

Metallica, AC/DC, Iron Maiden, Judas Priest, Guns N’ Roses, Motörhead: Die Liste der Metal- und Rock-Legenden, die bereits in der Hamburger Markthalle spielten, ist lang. Das würdigt auch Niels Frevert am Freitag bei seinem Konzert am Klosterwall: „Ja, ja, Heavy-Metal-Schuppen. Aber ich wette, viele von euch haben damals Nirvana oder The Clash gesehen – oder Nirvana verpasst“, erzählt der Hamburger Sänger und Songschreiber und zeigt auf sich. Als Nirvana im November 1991 in der Markthalle spielte, war Frevert mit seiner damaligen Band Nationalgalerie auf Tour.

„Aber zurück in die Zukunft“, schließt Frevert die nostalgischen Minuten ab. Nationalgalerie ist seit 1997 Geschichte, und seitdem hat sich Frevert mit sieben Solo-Alben für nicht wenige Fans, Kritikerinnen und Journalisten vielleicht nicht kommerziell, aber spirituell an der Spitze des Hamburger Liederschaffens etabliert. Vom Debütalbum „Niels Frevert“ (1997) über das ewige „Du kannst mich an der Ecke rauslassen“ (2008) bis zur aktuellen, vor drei Wochen erschienenen Platte „Pseudopoesie“ kann man sich alles von ihm am besten auf Vinyl ins Regal stellen und das Hören wie einen guten Wein nicht konsumieren, sondern zelebrieren. Es ist einfach nur Schönklang in Wort und Ton.

Immer wieder schwappen Jubelwellen durch die Markthalle

Auch live werden die 900 Fans, darunter einige Kolleginnen und Kollegen aus der hiesigen Popszene wie Miu und Pohlmann, in der Markthalle schnell mit den drei neuen Liedern „Weite Landschaft“, „Waschbecken“ und „Klappern von Geschirr“ abgeholt. Die Band spielt perfekt und gut abgestimmt, und wenn sich die beiden Gitarren zwischendurch zur Wand auftürmen, schwappen Jubelwellen durch die Markthalle.

Die neuen Lieder werden gut aufgenommen, aber Klassiker wie „Blinken am Horizont“, „Du kannst mich an der Ecke rauslassen“ und „Baukran“ werden natürlich auch gern genommen. Man taucht förmlich ein und erkennt im fast zwei Stunden langen Songkonzentrat seines Schaffens, dass Frevert nicht nur einen Hang zu sehr langen Liedtiteln hat („Ich suchte nach Worten für etwas, das nicht an der Straße der Worte lag“, „Ich würde dir helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn’s nicht meine ist“), sondern wohl auch sehr oft im Hamburger Nahverkehrsnetz inspiriert wird. In jedem vierten Song tauchen Zitate wie „die letzte U-Bahn“ oder „weiße Kacheln in der U-Bahn Messehallen“ auf.

Irgendwann wird Frevert in Hamburg einen Jazzclub eröffnen

„Der Typ, der nie übt“ hat den Club komplett in der Hand. Als die in „Niendorfer Gehege“ kurz zitierte Refrain-Melodie des KISS-Stampfers „I Was Made For Loving You“ live auf der Bühne ausgeweitet wird, singen alle mit. Schade, dass Frevert wohl nicht mehr über die Hallengrößen von Uebel & Gefährlich, Mojo Club und Markthalle hinauskommen wird, kein Album erreichte mehr als die Top 30. Verdient hätte er mehr.

Aber Frevert träumt auch eher nur davon, hier einen Jazzclub zu eröffnen und ihn „Kristallpalast“ zu nennen, „dort könnt ihr euch schön einen reinbrennen“, verspricht er. „Wenn die Sache dir zu nahe geht, und dein Herz in Schutt und Asche liegt, ist da immer noch, immer noch die Musik.“ Noch drei Zugaben, „Putzlicht“, „Pseudopoesie“ und „Wann kommst du vorbei?“, und das Putzlicht geht an in der Markthalle. Man fühlt sich wie aus einem schönen Traum gerissen.