Hamburg. Der Hamburger Sänger ging mit enthusiastischen 1500 Fans zwei Stunden lang auf Tuchfühlung – und zwar in der Großen Freiheit 36.

Vor bald 20 Jahren sackte Axel Bosse vor einem seiner ersten Konzerte in einer Kneipe auf dem Kiez noch unterzuckert zusammen. Seine Schwester musste ihn mit einem in den Mund gedrückten Snickers wieder auf die Beine bringen. Am Sonntag in der ausverkauften Großen Freiheit 36 hat er offensichtlich einen 32er-Karton Schokoriegel eingeatmet, denn vom ersten Song „Kraniche“ an bis zur letzten Zugabe „Konfetti“ zwei Stunden später kennt der Hamburger Sänger und Songschreiber keine Pause.

Freiheit, Sporthalle, Freiheit, Sporthalle: Das war in den vergangenen zehn Jahren ein bewährter Rhythmus, aber mit dem steigenden Erfolg und den Nummer-eins-Alben „Engtanz“ (2016) und „Alles ist jetzt“ (2018) sowie „Sunnyside“ (2021) musste es vor einem halben Jahr in die Barclays Arena gehen. 8000 sahen dort Bosses bislang größtes Heimspiel.

Bosse hat die Freiheit vermisst

Dennoch hat nicht nur „Aki“, wie ihn die meisten nennen, die Freiheit seit 2018 vermisst: „Wir kommen jetzt wieder öfter her“, verspricht er. Das ist auch eine gute Idee. Hier auf dem Kiez sind die 1500 treuesten der treuen Fans, sie singen jede Zeile mit, und wenn ein Song wie „Der letzte Tanz“ zum Hüpfen einlädt, erzittern die Balken der Empore und knirschen die Deckenpaneele.

„Also tanz, als wär’s der letzte Tanz“: Bosse spielte zuletzt 2018 in der Großen Freiheit 36.
„Also tanz, als wär’s der letzte Tanz“: Bosse spielte zuletzt 2018 in der Großen Freiheit 36. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Im Mittelpunkt des Abends steht Bosses fünftes Album „Kraniche“, das vor zehn Jahren den Mainstream-Durchbruch brachte. Es wird mit leicht veränderter Songreihenfolge komplett gespielt, mit den Höhepunkten „So oder so“, „Die schönste Zeit“ und der vom Publikum im Kanon gesungenen Ballade „Vier Leben“, Live-Raritäten wie „Müßiggang“, aber auch mit Füllern wie „Familienfest“. Nicht selten wurden die Lieder für die Tour komplett umarrangiert, „Istanbul“ zum Beispiel, die Hymne auf die Stadt, in der „Kraniche“ zum Großteil entstanden ist.

Nur ein technisches Problem kann Bosse kurz stoppen

Die Stimmung in der Großen Freiheit 36, sowohl auf der Bühne als auch im Saal, ist mit „absolut hingebungsvoll“ nur ansatzweise beschrieben. Wer hier wem aus der Hand frisst oder beim Gesang den Ton angibt, ist nicht zu erkennen, auch nicht in der zweiten Hälfte des Konzerts mit Klassikern und aktuellen Songs. „Wartesaal“, „Weit weg“, „Liebe ist leise“ und „Hallo Hometown“ halten das Energieniveau oben an der Stresstestgrenze, das Motto dieser Engtanzfete ist: „Augen zu, Musik an“.

Dennoch lässt sich Bosse bei aller emotionalen Aufwühlung nicht komplett mitreißen, Profi ist Profi: „Alles ist jetzt“ bricht er mitten im Lied ab, weil sein In-Ear-Monitor verrückt spielt. So geht das ja nicht, „Ich will das Lied nicht schief singen.“ Kurzes Gefummel am Kopfhörer, ein paar Kommandos an die Technik für den richtigen Mix und noch mal von vorn das Ganze – „Ich warte auf dich“.

In einer Woche spielt Bosse auf Kampnagel

Die meisten Fans hätten sicher gern gleich alle Lieder noch einmal gehört, aber nach „Frankfurt Oder“ und „Konfetti“ ist Feierabend für diese Party. Die nächste gibt es schon am 23. April auf Kampnagel, aber diese 850 Karten sind natürlich auch schon alle weg. „Wir spielen auch wieder in der großen Halle“, verspricht Aki Bosse, „und wenn es die Sporthalle ist.“