Hamburg. Rund 900 Fans fressen den Songwritern Marcus Wiebusch, Thees Uhlmann und Aki Bosse im Startpark aus der Hand.

Na klar mussten sie sich ab und zu ins Wort fallen, sie sind ja jetzt zu dritt auf der Bühne. Die kleine Deutschlandtournee von Wiebusch Bosse Uhlmann, das ist nicht nur das Gipfeltreffen eines Indie-Songwritertrios; es ist obendrein eine, was Redeanteile angeht, Aufteilung, wo vorher keine war. Es waren eben auch beim Konzert im Stadtpark nun drei Frontmänner statt einem, die die Ansagen machten.

Wobei Marcus Wiebusch, das überraschte kaum, zurückhaltender agierte. Man könnte auch sagen: Er war der Schweiger, wo Thees Uhlmann und Aki Bosse die Clowns gaben. Uhlmann ist als Anekdotenerzähler längst notorisch geworden, und Bosse ist auch einer mit Geschichten auf Lager. Wenn nicht alles täuschte, fraßen ihnen die 900 Besucherinnen und Besucher im Stadtpark aber ausnahmslos aus der Hand. Was auch daran gelegen haben könnte, dass es für viele das erste Popkonzert nach pandemisch versauter, langer Zeit war.

Viel Hamburgbezug, Lebensgefühl und Befindlichkeit

Da war es ein Leichtes, voller Dankbarkeit die Gaben des gar nicht so unwahrscheinlichen Musiker-Bundes entgegenzunehmen. Neben den mal komischen, mal nur bemüht espritvollen Pausenfüllern zwischen den Liedern waren diese Gaben genau ebendiese Lieder – ein Querschnitt aus dem Werk aller drei. Sie passen halt schon gut zusammen, diese Deutschtexter mit starkem Hamburgbezug, viel Befindlichkeit, Lebensgefühl und dem Herzen immer auf der Zunge.

Es hätte keinen besseren Ort für ein Lagerfeuerkonzert geben können wie dieses: Nichts wärmt besser die corona-versehrte Seele wie drei Männer, die bereit sind, auch mal die Songs des anderen zu singen. Und das alles auf der Freilichtbühne in diesem höllisch romantischen Idyll aus Himmel und Bepflanzung, wo Blau und Grün sich ausnahmsweise nicht beißen. Wenn man denn einen dieser Abende erwischt hat. Es regnet ja auch oft bei Stadtparkkonzerten.

Die drei Ehrenmänner des Indiepop

Aber hätten das Wiebusch Bosse Uhlmann, die drei Ehrenmänner des Indiepop, genauso wenig verdient gehabt wie das Publikum. Das durfte sich nicht nur über einen milden Augustabend, sondern auch über mit Verve vorgetragene Stücke wie „48 Stunden“, „So oder so“ oder „Endlich einmal“ freuen. War schon eine Maßnahme, dass insgesamt vier Gitarristen auf der Bühne standen, das gab einen schönen Sound. Aber am allerbesten waren doch die Chorgesänge. „Die drei Tenöre“ (Thees Uhlmann) sangen jedenfalls mit Hingabe gemeinsam die Refrains.

Sie alle sind, Wiebusch und Uhlmann etwas mehr, Bosse etwas weniger, der Soundtrack für Ü-40. Wobei recht leicht zu sehen war, dass niemand an diesem Abend fremdelte, schon gar nicht auf, jedoch auch nicht vor der Bühne. Wer gerne Uhlmann hört, hört von der Tendenz her auch gerne Bosse.

Tanzbare Stücke von Aki Bosse

Dass Bosses Stücke tanzbarer sind, von den Texten her allumarmender und mehr Popformat haben, ist dennoch klar. Rein phänomenologisch war’s übrigens auch eine zum letztgültigen Vergleich einladende Show: Ja, Uhlmann macht gerne Rockstargesten, verwaltet aber seine körperlichen Reserven ökonomisch. Und ja, Bosse ist so hopsend unterwegs wie ein Flummi. Während Wiebusch eigentlich nur herumsteht.

Nach der erzwungenen Vereinzelung zuletzt: Es passte zu diesem Konzert, dass auf der Bühne ein Zusammenfinden zelebriert wurde und auch im Besucherbereich, dass Bosse („Hört doch mal selbst“) mit schmeichelnden Worten seine Kompagnons umgarnte. Muss es nicht längst wieder das Credo dieser verflixt komplizierten, unentspannten Zeit sein, nette Dinge zum und über den anderen zu sagen? Voilà, Bosse lieferte frei Haus und sprach Herzliches in Richtung Wiebuschs und Uhlmanns. Er habe ein „Tränchen verdrückt“ bei deren Anruf, mit dem sie ihm zur gemeinsamen Tournee einluden. Der Grund, warum er sich einst als angehender Berufsmusiker motiviert gefühlt hat, erzählte Bosse, „mich mehr anzustrengen, seid ihr zwei gewesen“.

Kumpel-Brigade leistet lustvoll Dienst am Publikum

Vor Stücken der anderen lobte er diese ausdrücklich („Das is‘ so’n schöner Song“), und man fragte sich durchaus, warum man nicht mal glaubte, dass Bosse zu tief in den Honigtopf griff. Er ist der gute Mensch von Hamburg, ein ehrlicher Eins-zu-eins-Typ, es muss einfach so sein.

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Als Kumpel-Brigade, die lustvoll ihren Dienst am Publikum tat, überzeugten Wiebusch, Bosse und Uhlmann umfänglich. Es gab top arrangierte Versionen von „Benzin und Kartoffelchips“, „Der letzte Tanz“ und „New York“ zu hören. Auch sonst Überraschendes, Uhlmann berichtete beispielsweise von seinem Faible für Wolfgang Niedecken, Donnerwetter aber auch.

Lokalhymne zum Abschied

Könnte sein, dass er wieder einmal zu viel über Fußball erzählte so insgesamt – der FC St. Pauli als rhetorischer Fluchtpunkt halbwegs massenwirksamer Publikumsunterhaltung wird permanent von Uhlmann erprobt –, aber hey: Passte schon. Es war ganz hervorragend, den Kettcar-Klassiker „Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt“ mal wieder live zu hören, aber es dürfte nicht wenige gegeben, die sich an das verdammte Vergehen der Zeit verstärkt erinnert gefühlt haben.

Als Rausschmeißer gab es die Lokalhymne „Landungsbrücken raus“. Viele fröhliche Gesichter gesehen, es war ein guter Abend, sicher.