Hamburg. Ein Hamburgkrimi mit (später) Leiche: In einer Buchhandlung wurde er vorgestellt – die Autorin kennt sich aus.

„Dann riss die Wolkendecke auf, und Sonnenlicht quoll vom Himmel in die Elbe, die jetzt funkelte wie ein flüssiger Aquamarin“ – so steht es schön im Prolog des Buchs, um das es an diesem vernünftig lokalkolorierten Abend im prominentesten Elbvorort ging. Das Glitzern der Elbe! Wer könnte ihm seine Zuneigung versagen?

Aber es geht um Licht und Schatten, Wolken da, Sonne dort: Uta van Steens Buch handelt von drei Familien, deren Schicksale eng miteinander verwoben sind, seit in der Nazi-Zeit das Unheil über Juden, aber auch Nichtjuden hereinbrach. Das Buch trägt den unschlagbaren Titel „Mord am Elbstrand“ und ist irgendwie auch ein Krimi. Hier ist also, davon konnten sich die Besucherinnen und Besucher der Buchvorstellung bei Heymann am Erik-Blumenfeld-Platz überzeugen, keine Blankenese-Verherrlichung am Werk. Auch in pittoresken Dörfern gab es Nazis.

„Mord am Elbstrand“: Kein Bock auf Blankeneser Idylle

Und wiederum als Folge davon gibt es in dieser fiktiven Story Jahrzehnte später den titelgebenden Mord, von dem zunächst gar nicht klar ist, dass er überhaupt einer ist. Aufklären muss ihn die aus Holland in ihre ungeliebte Heimat zurückgekehrte Romanfigur Mieke. Mit Teenager-Sohn Lenny, der als Städter überhaupt keinen Bock auf die Blankeneser Idylle hat. Ja, potztausend, kapiert der Knabe denn überhaupt nicht, dass er gemeinsam mit seiner Mutter den Jackpot geknackt hat? Geerbt haben sie eine reetgedeckte Fischerkate am Strand von Blankenese. Natürlich unbezahlbar, eigentlich.

Uta van Steen ist bisher vor allem als Sachbuchautorin in Erscheinung getreten

Gleich doppelt, weil es so ein Häuschen „allein aus geografischen Gründen“ gar nicht geben könne, wie Uta van Steen im Gespräch mit Moderatorin Sabine Metzger gleich mal einräumte. Weil sie wusste, dass das kundige Publikum ihr kein Wort geglaubt hätte. Eine Bebauung so nahe am Wasser? „Würde untergehen“, so van Steen.

Bislang ist die Ex-Reporterin von „Stern“ und „Spiegel“ vor allem als Sachbuchautorin („Liebesperle – Beate Uhse. Eine deutsche Karriere“) in Erscheinung getreten. In ihrem ersten belletristischen Werk verquickt sie Krimi, historischen Roman und Familientragödie. Sie interessiere sich für „beschädigte Figuren“, erklärte die Autorin und erntete dabei zustimmendes Nicken im Publikum – wer findet heile Welten schon unterhaltsam?

„Mord am Elbstrand“: historische Akkuratesse

Van Steens Blick auf die Disziplin, in der sie sich nun erstmals versucht, ist methodisch: Sie schätzt grundsätzlich die klare Motivationslage aller Akteure in einem Krimi. Dass es bei ihr handlungsmäßig ein bisschen komplizierter wird, dürfte an ihren anderen Interessen liegen: Van Steen mag Menschen mit Geschichten, und sie mag Geschichte, „in einem Ort wie Blankenese badet man darin“. Also erzählt sie in „Mord am Elbstrand“ in vielen Zeitsprüngen und mit historischer Akkuratesse etwa auch von den „Kindern von Blankenese“, nach 1945 in Hamburg gestrandeten jüdischen Überlebenden des Holocausts.

Sie habe die alte Schriftstellerregel beherzigt, über das zu schreiben, was man kenne, sagte die gebürtige Nordrhein-Westfälin Uta van Steen, die seit zehn Jahren in Blankenese lebt. Außerdem habe sie den Eindruck, es sei der Traum jedes Journalisten, einmal einen Krimi zu schreiben. Was das angeht, bekommt die Exjournalistin van Steen im September Gesellschaft. Bei Hoffmann und Campe erscheint dann der Krimi „Einer muss den Job ja machen. Hammersteins erster Fall“, verfasst vom Chefredakteur einer großen Hamburger Tageszeitung.