Hamburg. Beim Konzert in der Barclays Arena spielte der Musiker vor 7000 Leuten all seine Hits. Wer das nicht mochte, muss ein Zyniker sein.

Die Musik des englischen Singer/Songwriters George Ezra in einer Geste: Die Arme weit spannen und dabei das Publikum symbolisch umarmen. Der junge Mann aus Hertfordshire ist ein Menschenumfänger, kann man schon so sagen. Und ein ganz schön toller Typ, für alle 7000 Besucherinnen und Besucher am Mittwochabend in der Barclays Arena in Hamburg.

Für die Siebenjährigen unter ihnen. Für die 60-Jährigen. Für eine Hochschwangere auf den Stehplätzen. Für Teenager, für die Leute zwanzigirgendwas, dreißigirgendwas, vierzigirgendwas und fünfzigirgendwas. George Ezra ist ein All Ager, das konnte man bei diesem Tourneeauftakt in Hamburg eindruckvoll besichtigen.

George Ezra in Hamburg – mit all seinen Hits

Wo die allgemeine Beliebtheit des 29-Jährigen herrührt: Seine Kompositionen sind ein Ausbund an knallbunter Fröhlichkeit, im überwiegenden Falle im Uptempo gespielte Nummern aus dem großen Popuniversum der Eingängigkeit. Mag Ezra erst einmal lediglich ein weiterer Mainstreamkünstler aus dem Vereinigten Königreich sein, nach Ed Sheeran und James Blunt der nächste Repräsentant der Brit-Armada der braven Schwiegersöhne, so ist er doch auch speziell genug.

Das mag vor allem an seiner kräftigen, sowohl zum Blues als auch zum Soul befähigten Stimme liegen, dank derer seine Songs „Budapest“ und „Shotgun“ in den vergangenen Jahren zu großen Hits wurden.

George Ezra: Ein Abend der großen Emotionen

Zu den Melodien von „Barcelona“ (ein weiteres Stück heißt „Manila“, Ezra ist, scheint’s, Bonusmeilensammler) und „Saviour“ kann man sich schön wiegen, und das taten die Menschen in der Barclays Arena so hingebungsvoll, wie Ezra sich auf der Bühne gerierte. Sein umarmende Art hat ihren Ausgangspunkt ja in den Songs selbst. Sie appellieren an unmittelbare Gefühle und sind einfach zu verstehen. Es war genau das: ein Abend der großen Emotionen.

Das zeigte sich schon beim Support-Act Passenger, der ein Klasse-Musiker eigenen Rechts ist. Michael David Rosenberg, er stand nur mit der Akustikgitarre auf der Bühne, ist der Interpret des Top-Hits „Let Her Go“ (von 2012, mittlerweile 3,3 Milliarden Aufrufe auf YouTube). Es kommt nicht allzu häufig vor, dass schon vor dem Auftritt des eigentlichen Stars des Abends das ganze Rund mitsingt.

George Ezra in Hamburg: Popcornkino für die ganze Familie

Passenger läutete ein Konzert ein, das mit seiner breitwändigen Gute-Laune-Agenda auch ein Akt der Überwältigung war. George Ezra als Popcornkino für die ganze Familie, bei dem – komm, heute machen wir einen drauf – eher Cola als Bier getrunken wurde.

„Did You Hear the Rain?“, der Ausflug des auch Rockabilly-infizierten („Cassy O’“!) Genre-Hoppers Ezra, blickte auch live in die tiefen Krater der Seele, ist aber eher eine Ausnahme im Werk dieses Pop-Wonneproppens, der in Hamburg Jeanshemd trug und beharrlich („Lasst uns den Song gemeinsam singen“) ans Publikum appellierte. Im festen Wissen darum, dass dieses ihm überall blind folgen würde.

Der Drang zur Sonnenseite ist dem Werk des Künstlers immanent. Am hübschesten geriet in der Barclays Arena, mit viel Hall im Chorgesang von Ezras Band, das lebenbejahende „In the Morning“. Man muss ein unverbesserlicher Zyniker sein, um Zeilen wie „Happy Days Will Come“ gerade in Zeiten wie diesen nicht einfach mal zulassen zu können.

George Ezra in Hamburg – vorab gab es Evergreen von Tom Jones

Überhaupt, die Band. Sie ist siebenköpfig, mit Dreier-Bläser-Sektion, der Backup für Ezras Programm, und das nicht nur akustisch. Als Animateure für 90 Minuten guten Mut machte sie jedenfalls mit Körpereinsatz einen guten Job.

Ezra nennt unter anderem Woody Guthrie und Bob Dylan als Einflüsse. Beim Konzert verdeutlichte sich, dass Americana auch entschieden auf Pop gepolt werden kann. Bevor die Musiker auf die Bühne kamen, lief übrigens Tom Jones’ Evergreen „It’s Not Unusual“ – Ezra verehrt andere Musiker, das zeigt sich in seinem Podcast, in dem er zuletzt Kolleginnen und Kollegen wie nämlichen Tom Jones, Shania Twain und Sam Smith zum Gespräch lud.

Hamburg feiert ungehemmt bei Konzert von George Ezra

Auf der Bühne stand er insofern nackt, als er auf jegliches Videoleinwandspektakel verzichtete. Ein paar Lichteffekte, das war alles und reichte, um mit der Methode der Ausgelassenheit einmal mehr die beste aller Welten ins Werk zu setzen; eine Welt ohne Schmerz und Trauer, und nur mit Bitternis, wenn sie süß schmeckt. Ezra erzählte die Geschichte, wie sein Lied „Green Green Grass“ entstand: Als er die Freude vernahm, die aus einem Hinterhof kam, in Form von Liedern, begab er sich dorthin – „es war eine Beerdigung, aber als Feier des Lebens“.

Und als George Ezra, der Träger der Flamme des Optimismus, in Hamburg dann auf die Finalrunde des Konzerts ging, mit „Budapest“ und „Shotgun“, da feierte auch Hamburg ungehemmt.