Das Festival im Thalia-Theater ist fast vorbei – umso mehr Grund, noch einmal richtig aufzudrehen. Zum Beispiel mit Taylor Mac.

Am letzten Wochenende dreht das Lessingtage-Festival im Thalia Theater noch einmal so richtig auf. Aus den USA angereist ist Taylor Mac. Der Regisseur, Sänger und Performer stößt mit seiner um die Welt reisenden Show „A 24-Decade History of Popular Music“ mitten in das Herz aktueller gesellschaftlicher Debatten. Das tut er aber mit eindrucksvoller Bühnenpräsenz und kraftvoll arrangierten und von einer neunköpfigen Band präsentierten Songs, gewürzt mit viel saftiger Ironie.

Aus einem Fundus von 246 Songs wählt er stets die passenden aus, hier sind es Lieder zu Fragen von Geschlechtergerechtigkeit, Diversität und Krieg, die er in einer Art partizipativem Ritual lustvoll aufspießt. Mac selbst gibt die mit allen Wassern der Teufelsaustreibung gewaschene Fee, eine Drag-Kunstfigur, farbenprächtig aufgemacht in einem mit Girlanden behängten Harlekin-Kostüm und üppiger Lametta-Perücke. Die Performance ist auch ein Opferritual, bei der sich auch das Publikum von den Fesseln einer starren Identität befreit fühlen darf.

Lessingtage: Taylor Mac sorgt für enthusiastische Stimmung im Thalia

Es ist ziemlich auf dem Punkt, wenn Taylor Mac lautstark in „Gloria“ das Patriarchat anklagt und die Zuschauer sich dazu gegenseitig mit zuvor verteilten Pingpong-Bällen bewerfen. Überhaupt ist die Stimmung im ausverkauften Theater trotz manch ernster Themen enthusiastisch.

Als in dieser Deutschlandpremiere der Hamburger Ausgabe dann auch noch als musikalische Gäste der Shanty Chor Windrose aus Hamburg auftritt, und das Lied „De Hamborger Veermaster“ anstimmt, gibt es kein Halten mehr.

Lessingtage: Man wünscht sich, der Abend würde niemals enden

Taylor Mac lässt seinen entfesselten Humor gekonnt mit knallhartem Ernst kollidieren. Wenn er in einer soft arrangierten Version von Bob Dylans „A Hard Rain‘s A Gonna Fall“ auf die Bedrohung durch die Atombombe anspielt. Oder wenn er den Country-Klassiker „(Ghost) Riders in the Sky“ als intensive Ballade gibt, wünscht man, dass dieser Abend, deren deutlich eingezogene politische Ebene sich erstaunlich unaufdringlich in das Show-Format einfügt, niemals enden möge.

Taylor Mac: „A 24-Decade History of Popular Music“ 11.2., 19 Uhr, Thalia Theater, Alstertor, Restkarten an der Abendkasse; www.thalia-theater.de