Hamburg. Die Country-Legende huldigt im Gruenspan auch verstorbenen Kollegen wie Tom Petty. Einen Sinn für Dramaturgie beweist sie zum Finale.

Unterkriegen lässt sie sich nicht. Vor zwei Jahren erlitt Lucinda Williams einen Schlaganfall, gerade reist sie im Nightliner durch Europa und steht jeden Abend auf der Bühne. Gitarre spielen kann sie nicht mehr, aber ihre raue Stimme mit dem Südstaaten-Akzent funktioniert wie eh und je.

Fast zwei Stunden dauert ihr Konzert im Gruenspan, ein beeindruckender Auftritt dieser Legende, die – inzwischen 69 Jahre alt – erst vor gut zwei Jahrzehnten mit ihren Country-Songs populär wurde.

Im Laufe der Jahre sind ihre Songs und Auftritte immer rockiger geworden. Ihre Band mit den Gitarristen Stuart Mathis und Doug Pettibone improvisiert immer wieder längere Parts, bei „Are You Down?“ denkt man an die Allman Brothers Band. Mit der Pedal Steel Guitar erzeugt Pettibone die sehnsuchtsvollen Klänge, die zum Country-Sound gehören wie die Orgel in die Kirche.

Lucinda Williams in Hamburg: Song für Tom Petty

Im Repertoire hat Williams eine ganze Reihe von Songs, in denen sie an verstorbene Kollegen erinnert wie Tom Petty, Mark Lanegan oder ihren Freund Blaze Foley, der erschossen wurde. „Entschuldigt, dass ich so viel über Tod erzähle“, sagt Williams, „aber ich glaube, ihr könnt ein paar traurige Lieder aushalten.“

Auch der „Big Black Train“ ist so ein düsteres Lied. Auf diesen Zug will niemand aufspringen, er ist eine Metapher für Depression. Williams erwähnt Bruce Springsteens Autobiografie und zeigt sich tief beeindruckt von seinem offenen Umgang mit der Krankheit. Auch sie ist nach ihrem Aufenthalt in einer Klinik in Nashville offen mit ihrem Schlaganfall umgegangen.

Lucinda Williams widmet Lied dem Supreme Court

Ein Höhepunkt des fulminanten Konzertes ist der Song „You Can’t Rule Me“. Es ist ein weiteres Beispiel für Williams’ Selbstbewusstsein und ihren Willen, sich zu behaupten. „Dieses Lied widme ich immer dem Supreme Court“, sagt sie und spielt damit auf die Entscheidung des obersten Gerichtshofs in den USA an, Schwangerschaftsabbrüche zu verbieten.

Einen guten Sinn für Dramaturgie beweist Williams zum Finale. Als Zugaben spielt sie „Pale Blue Eyes“ von Velvet Underground und „Rockin’ In The Free World“ von Neil Young – belohnt mit Ovationen des restlos begeisterten Publikums.