Hamburg. Leif Ove Andsnes spielt das Grieg-Klavierkonzert in der Elbphilharmonie. Ein Auftritt, der kaum überraschen konnte.

Bei einem Konzert am Abend des deutschen Fußball-WM-Abschieds mit einer Kicker-Metapher zu kommen, mag arg grobrhetorisch sein, aber dennoch: Totales Heimspiel, Elfmeter ohne Torwart. Wenn der norwegische Pianist Leif Ove Andsnes, der in der Grieg-Welthauptstadt Bergen lebt, das durch und durch norwegische Klavierkonzert dieses Norwegers spielt, dann trägt diese nordische Kombination Munchs nach Oslo.

Von wahrnehmbarer Aufregung, von Lampenfieber gar war Andsnes’ Durchlauf des skandinavischen Standardwerks mehrere Welten entfernt. Das machte seinen Auftritt als Gast des NDR Elbphilharmonie Orchesters im Großen Saal überhaupt nicht schlechter, er war eben ganz und gar erwartbar sehr gut. Qualitätsarbeit, ausgetestet und feingeschliffen bis in die letzte Ecke des Klavier-Parts. Was tatsächlich schief gehen oder halbwegs unklar sein könnte, hat Andsnes schon längst durch.

Elbphilharmonie: NDR-Orchester wurde angesteckt

Obwohl die Läufe und die brillant aufbrausenden Passagen des Kopfsatz keine mechanisch machbaren Fingerübungen sind, wirkte Andsnes, als würde er gedanklich seine Spaziergang-Runde in Bergens Bergen drehen, auf der er jeden Baum kennt und jeden Kiesel. Die eigentliche Kunst war es, alle anderen im Saal dennoch nicht zu langweilen, bloß weil man selbst schon alles kennt. Das gelang, glasklar und ausdrucksstark; mit seiner Zugabe, dem kleinen, feinen „Frühlingslied“ von Dvorak, riskierte er nichts und spielte entspannt mit dem Vorhandenen.

Das NDR-Orchester wurde von Andsnes’ Sicherheit angesteckt, die Begleitung war tadellos und gut organisiert. Denn am Pult stand mit Mikko Franck einer jener effektiv geschulten finnischen Dirigenten, die mit wenig Gestik viel erreichen, die immer Ruhe bewahren und ins Spiel bringen können, egal, wie groß Herausforderungen oder Besetzung auch sind.

Elbphilharmonie: Eine Leistungsschau mit voller Lautstärke

Der Finne Magnus Lindberg hatte seine „Serenades for Orchestra“ (2021) als Auftragsarbeit für das Chicago Symphony geschrieben, insbesondere für deren klassikweltweit berühmtes Blechbläser-Personal.

Ein bisschen viel Science-Fiction-Soundtrack-Rohstoff vielleicht, aber effektvoll abgeliefert. Gesteigert wurde dieser angenehme Eindruck nach der Pause mit „Also sprach Zarathustra“: Die Orgel wummerte in der berühmten Einleitung, dass die Plomben wackelten, so ging es weiter. Strauss’ Vertonung von Nietzsches Übermensch-Grübeleien gönnte sich das Orchester als Leistungsschau mit voller Lautstärke.

Das Konzert wird am heutigen Freitag, 20 Uhr, wiederholt.

Recital mit Leif Ove Andsnes: 18. Februar, Elbphilharmonie, Großer Saal.